a) Vergoldeter Säuleneingang im Palmengarten.
Da sitze ich nun also. Schatten und ein köstlich kühler Früchtetrunk, der so bio ist, dass sich sofort Wespen einfinden, um ihn mit mir zu teilen.
Gern hätte ich die beiden am Nachbartisch sitzenden Mamas mit ihren Kleinstkindern skizzziert, traue mich aber nicht. Stattdessen folge ich mit Blick und Stift den Bögen der Fenster, den eleganten Rundungen der dorischen Schnecken an den Säulenkapitelen und den Linien des mehrstufigen Simses des Schlösschens, das jetzt als Cafe dient. Nebenbei folge ich dem Gespräch der beiden Mamas, das sich um die schwierige Koordinierung von Studium, Geldjob und Mutterschaft dreht. Immerhin, denke ich bei mir, habt ihr Zeit, an einem Montagvormittag eure Kinder im Palmengarten herumzuschieben und eure Probleme zu beklönen. Es sei euch von Herzen gegönnt.
b) Elegant gewinkeltes Haus in Kassel.
Die Apfelbäume im hinteren Garten spenden wohltuenden Schatten. Ich sammle heruntergefallene Früchte aus dem feuchten Gras in einen Korb, später werden wir sie schälen, die wurmstichigen Teile herausschneiden und köstlichen Apfelmus bereiten.
Das Haus vor mir ist ein ungewöhnlicher Bau, innen wie außen. Ich versuche, die rosa Außenfront mit dem Schieferdach zu zeichnen, so weit sie über die blühenden Büsche hinausragt.
Die Blüten davor zeichne ich auf ein anderes Blatt.
c) Verwinkelter Innenraum (ausgebaute Dachmansarde) in Düsseldorf.
Hier schlafe ich in der letzten Nacht vor meinem Rückflug nach Kalamata. Um die Mansarde zu erreichen, muss ich zwei enge Treppen ersteigen. Mir gefällt der Raum mit seinen großen Klappfenstern zum Himmel. Sky View heißt er zu Recht.
Sogar den neuen Sichelmond erspähe ich, als ich, schlaflos, hinüberschaue zum blinkenden Kontrollturm des Flughafens. Um halb fünf in der Früh werde ich meinen Rucksack schultern, mich die Treppen hinunter tasten und durch den bleichen Morgen zum Flughafen hinüberwandern. Jetzt aber versuche ich, die Logik dieses spitzwinkligen Innenraums zu verstehen: die tragenden dunklen Holzpfeiler in der Mitte, die angeschnittenen Fenster und die eingebaute kleine Küche links, den Treppenaufgang mit dem Geländer, die dunkle Nische mit den Betten rechts.
Während ich dies schreibe, vergleiche ich die beiden „Architekturen“: das großzügig überdachte rosa Haus in Kassel und das verwinkelte Innenleben der Dachmansarde in Düsseldorf. Und mir kommt ein anderes Objekt in den Sinn, dass ich in dem rosa Haus zeichnete: ein Quarz-Kristall aus dem Inneren der Erde. Halb durchsichtig ist er, mit klaren Schnittlinien und ungleichmäßig gewachsenem getrübtem Innenleben.
Ich mache mehrere Anläufe, denn dies Ineinander von Innen und Außen, Transparenz und Opazität fasziniert mich. Auch versuche ich zu imaginieren, wie dies lichtvolle Gebilde im dunklen Schoß der Erde heranwuchs. Woher wusste es vom Licht?
Ich nehme den Kristall in die Hand und beobachte, wie meine Finger sich beim Hindurchscheinen verbiegen.
Das geschliffene Glas mit dem Rotwein nimmt die Kristallstrukturen auf und öffnet, was geschlossen war, in elegantem rundem Schwung zu einem anderen Sky View – Himmelsblick.
Ganz wunderbare, sorgfältige Zeichnungen! So fandest Du unterwegs und auch hier in Kassel im Nachbarhaus viele ruhige, besinnliche, für Dich wichtige Zeit. Die Ergebnisse erfreuen mich und haben Dich sicherlich um vieles weitergebracht. Wie sinnvoll und gut Du Deine Zeit nutzt, liebe Gerda!
LikeGefällt 2 Personen
Danke, Gisela.
LikeLike
Stimme Gisela voll und ganz zu 🌻
LikeGefällt 1 Person
Danke😊
LikeGefällt 1 Person
Diese ganzen Linien…die Gespräche der jungen Mütter, deine Gedanken zu allem. Das ist VIEL!
Gruß von Sonja
LikeGefällt 1 Person
Wenn es nicht ZU viel ist, maq es durchgehen.
LikeLike
Ganz wundervoll sind Deine Zeichnungen, liebe Gerda!
LikeGefällt 1 Person