„Du bist doch schon seit gestern zurück aus Deutschland. Warum erzählst du nicht endlich, was wir alles erlebt haben?“ nörgelt Dora. „Deine Leserinnen und Leser wollen endlich mal wieder was von uns hören“.
Ich lächele nachsichtig. Wenn Dora wüsste, wie egal meinen Leserinnen und Lesern meine Geschichten sind! „Weniger ist mehr“, hallt es aus dem Internet zu mir herüber.
Mein Zögern hat freilich einen anderen Grund. „Ich weiß nicht, wie ich es erzählen kann. Es war ja vor allem eine Begegnung mit mir selbst.“
„Mit dir selbst?“ fragt Dora und runzelt die Stirn. „Wie meinst du das?“
Statt einer Erklärung krame ich eines der vielen Fotos heraus, die ich auf dieser Reise gemacht habe. „Schau mal“, sage ich. „Ich spiegele mich in der Fensterscheibe eines Hauses. Es ist ein schöner Raum, in den ich von Draußen reinschaue. Aber drinnen bin ich auch.“
„Du bist drinnen, wenn du draußen bist? Wie soll das gehen?“ fragt Dora begriffsstutzig. „Na, erstens weiß ich, wie es sich drinnen anfühlt, ich kenne den Raum ja lange genug. Da ist dann auch ein Stück von mir selbst drin hocken geblieben und unterhält sich weiter mit der Freundin, die da wohnt. Nicht erst jetzt, sondern schon viele viele Jahre unterhalten wir uns, und ich stehe da draußen und blicke hinein in ihre Welt, in der ich auch einen Platz habe.“
Dora schaut mich hilflos an. Sie weiß nicht, was sie aus meiner Rede machen soll. Von Philosophie hat sie keine Ahnung, und so fällt ihr auch der Satz nicht ein: „Wie drinnen, so draußen“ oder meinetwegen auch: „Erfülle deinen Geist mit Welt, auf dass du dein Selbst einst in der Welt findest“.
„Außerdem hängen da drinnen auch ein paar Bilder, die ich vor etlichen Jahren gemalt habe“, füge ich hinzu. – „Ach so meinst du das!“ ruft Dora erleichtert aus. „Welche Bilder denn?“
„Das eine hängt da hinten über dem Flügel. Ich zoome es mal ran. Es zeigt einen einstürzenden Tempel, der von einem roten Balken mühsam aufrecht erhalten wird. Äußerlich gleicht er ein wenig einem dorischen Tempel. Auf der Tür ist ein Grundriss solcher Tempel abgebildet.“
„In so einer Bruchbude würde ich als Gott nicht gerne wohnen“, meint Dora und legt ihr Köpfchen schief. „Wer wird denn da angebetet?“ – „Gott Mammon„, erwidere ich. „Man nennt solche Tempel heute Börse.“ – „Böse?“ – „Nein, Dora: BöRse. Mit R in der Mitte. So wie DoRa“.
Schön, man kann wieder von dir lesen!
Dieser Außen-Innen-Raum ist ein ganz besonderer. Ich spüre es. Ein spannendes Stück Leben!
Nachtgruß von Sonja
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So ist es, liebe Sonja. „ein spannendes Stück Leben“, aber schwer zu entziffern und in glatte Sätze zu übersetzen. .
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Wie schön, Du bist wieder da! Und gleich mit inspirierenden philosophischen Gedanken…Sei gegrüsst ! von Sigrid🦋
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Hallo und Guten Tag, liebe Tagträumerin! Liebe Sigrid!
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Willkommen zuhause, ihr zwei 🌻🌻🌻
Herzliche Morgengrüße vom Lu
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Danke, lieber Lu! für den herzlichen und sehr willkommenen Willkommensgruß!
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🕊🎵🎵🎶🎵🎶🎵🎶🐦
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Das Bild gefällt mir sehr gut – so kurz schwankend, harrend vor dem Einbrechen. Es sieht so fragil aus. Gut gelungen mit dem roten Balken. Schön, wieder von euch zu lesen! Viele Grüße!
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Danke, Alexander. Ich malte es, glaube ich, 2009 – auch damals schien mir das Finanzsystem schon sehr zerbrechlich. Nun wankt es immer mehr.
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Wenn die Leser es lesen, ist es ihnen auch nicht egal 😉
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das klingt logisch, und freut mich! 🙂
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Scheint eine besondere Erinnerung -Reise gewesen zu sein, die zu Gedanken anregt. Willkommen
in beiden Welten.
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🙂 Danke dir, liebe Afrikafrau!
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Ein schöner Einblick und Rückblick!
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Na klar interessieren sich deine Leser dafür wie es dir auf deiner Reise in Deutschland erging, liebe Gerda und deine früher mal gemalten Bilder bei der Freundin sind soweit ich es an dem Tempelbild sehen kann sehr schön!
Solche Fotos, sich selbst wiederspiegelnd durch die Scheibe in den Innenraum sind sehr Interessant und geben viel Raum für Fantasie…
Liebe Grüße und hab noch einen schönen Tag 🍀🌻🤗
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Danke, liebe Hanne! Und schöne Augusttage dir!
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Drinnen und draußen ….. ja. Dora ist doch aber jetzt schon im mittleren Alter, da müsste sie sich langsam mit tieferen Gedanken beschäftigen 🙂
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Dora ist alterslos, liebe Myriade. Sie ist immer „Hier und Heute“, ein Kind. Ich aber habe manchmal auch tiefere Gedanken; auch erborgte, so wie diese von Meister Goethe Epirrema überschriebenen Ermahnungen:
„Müsset im Naturbetrachten / Immer eins wie alles achten; / Nichts ist drinnen, nichts ist draußen / Denn was innen, das ist außen. / So ergreifet ohne Säumnis – Heilig öffentlich Geheimnis.“
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Das wusste ich nicht. Ich dachte Dora wird älter, wie das Jahr …
An der Tiefe deiner Gedanken, liebe Gerda habe ich natürlich nicht gezweifelt 😉
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Wie schön, daß Du wieder zurück in Deiner zweiten Heimat bist, liebe Gerda!
Ich habe Dich vermißt, konnte aber gut verstehen, was Dir diese Reise bedeutet hat.
Dein Bild, das Du vor vielen Jahren gemalt hast ist ganz wundervoll und steckt voll tiefer Gerda-Gedanken.
Liebe Grüße von Bruni an Dich
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Danke, du Liebe. Ich freu mich auch, wieder in Bloghausen herumzuspazieren.
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