Dora: „Hast du es nicht irgendwann mal satt, tagtäglich Gläser, Teller, Flaschen und neuerdings auch Bierdosen zu zeichnen?“
Ich: „Nein, ehrlich gesagt habe ich es nicht satt.“
Dora: „Was findest du denn daran so spannend?“
Ich: „Es gibt da eine große Formenvielfalt, Schatten, Spiegelungen – was immer du willst. Ich kann die Dinge so hinstellen, wie es mir gefällt, und habe stets neue Kompositionen vor Augen.“
Dora: „Ich glaube, du machst das nur, weil du keine Lust hast aufzustehen. Du bist zu bequem.“
Ich: „Und was ist schlecht daran, Dora? Soll ich etwa rumrennen auf der Suche nach Motiven, wenn ich sie schon vor mir auf dem Tisch stehen habe? Das Gute ist: sie stehen wirklich und fliehen nicht wie die Katzen, fliegen nicht weg wie die Wespen und Schmetterlinge…“
Dora: „Du kannst eben nur totes Zeug zeichnen. Wenn sich was bewegt, gibst du auf.“ –
Ich: „Na ja, manchmal mag ich tatsächlich gern, dass etwas an seinem Platz bleibt, solange ich es zeichne. Daran ist nichts Verwerfliches. Große Künstler vor mir haben es auch so gemacht. Einer namens Giorgio Morandi (1890-1964), ein Italiener aus Bologna, brachte es fertig, sein Leben lang nur Töpfe und Flaschen und so was zu malen. Dabei folgte er der Auffassung von Paul Cezanne (1838-1906), seinem großen Vorbild: Grundlage der Malerei ist das Zeichnen und Voraussetzung die Unterordnung unter den Gegenstand. Der Gegenstand hat das Sagen – nicht der Künstler. Ihn gilt es zu studieren. Dabei ist es ziemlich egal, um welchen Gegenstand es sich handelt.“ – Dora: „Und? Hast du deine Bierdosen und Plastikflaschen jetzt genug studiert?“ – Ich: „——„.
Ich: „Schau mal, ich zeige dir mal ein paar meiner Zeichnungen von Stillleben, wie man das auf Deutsch nennt. Im Griechischen oder Französischen heißt es tote Natur, was mir eher nicht gefällt. Es kommt gar nicht so sehr auf das Was an, viel wichtiger ist, dass man die Gegenstände ernst nimmt, egal was es ist, und dass man an ihnen seine Wahrnehmung und seinen Stil schult. Besser eine gut gezeichnete Wasserflasche als eine schlecht gezeichnete Vollblutstute.“
Dora: „Schon gut! Ich habe verstanden, was du sagen willst! Zum Glück denken nicht alle so wie du und dein Moretti …“ – Ich: „Morandi, Giorgio Morandi heißt er“ – Dora: „Meinetwegen. Gut, dass nicht alle so gedacht haben wie du und dein Morandi, denn sonst gäbe es auf den Plätzen von Rom nur Wasserflaschen und Bierdosen und keine Vollblutstuten.“
Ich seufze. Wie jeder Rom-Besucher weiß, gibt es auf den Plätzen von Rom und am Ufer des Tiber oder sonstwo in den römischen Prachtstraßen weit mehr Wasserflaschen und Bierdosen als edle Perde zu besichtigen. Aber ist das Kunst? Ist das nicht vielmehr Wohlstandsmüll? Oder ist es vielleicht beides, je nachdem?
Deine Bilder 2-5 zeigen mir, dass deine künstlerische Neugier sehr lebendig ist! Vor allem 2 und 4 sind ausdrucksstark, experimentierfreudig und ästhetisch ein Genuss! Liebe Grüße, Petra
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Herzlichen Dank, Petra!
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Wieso soll die Neugier sterben?
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Das ist eine Antwort auf Doras Einwände.
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Solange Mensch lebt und zugleich lebendig ist , stirbt Neugier nie.
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Ich würde sagen: Beides. Ich schlage einen Pfand von einem Euro vor.
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Wäre vielleicht ein Ansporn.
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*lach*, wie schön Du Doras Part übernimmst, liebe Gerda!
Beim Zeichnen kann auch der Wohlstandmüll zur Kunst werden!
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Nicht wahr? Oder als Assemblage, als Installation, was immer. Ich hab ja schon oft damit gespielt. „Kunst ist, was Menschen als Kunst bezeichnen“
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Aber sicher doch 😀
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