Dora zum NeunzehntenVierten: Nach dem Regen

Fröhlich spazieren wir im hellen Vormittagslicht in die Frühlingsnatur hinaus. Der nächtliche Regen hat alles in Glanz getaucht. Welch eine Freude nach den trüben Tagen! Mein Blick geht in die Weite, zum tiefblauen Meer, zu den Bergen, deren klare Silhouetten von ziehendem weißem Gewölk in ständig wechselnde Licht- und Schattenfelder aufgeteilt werden.

Dora ist mehr für das Naheliegende zu haben: hier eine winzige rosa Blüte, dort eine im Wind flatternde Mohnblüte… „Hast du die hier gesehen? Guck mal hier! Schau mal dort!“ „Ja, ja, ja, Dora. Ich bin ja nicht blind!“ Wie ein kleines Kind ist sie. „Rupf ja keine ab, Dora! … Ja, der rosa Trichter ist eine Ackerwinde. Der gelb Lackierte ein Hahnenfuß. Wie die kleinen heißen, weiß ich nicht.“

Immer wieder vergesse ich, dass dies Doras erster und einziger Frühling ist. Dass sie noch nie eine Ackerwinde gesehen hat und auch keinen Hahnenfuß. Ich müsste all die kleinen Blüten mit ihr betrachten, mit ihr zusammen wieder lernen zu staunen, so als sähe ich all dies zum ersten Mal. Oder zum letzten Mal. Habe ich es überhaupt schon je gesehen – ich meine: wirklich gesehen -, was da nach dem nächtlichen Regen so wundersam aus der Erde sprießt?

Ganz außer sich vor Entzücken ist Dora, als sie eine Blatttränke entdeckt. Und ich gebe zu: Auch ich habe selten so etwas Feines gesehen. Die Tränke steht witzigerweise direkt vor dem Pumpenhäuschen der Wassergesellschaft. In jedem der wie Schöpfkellen geformten in vielen Etagen übereinander stehenden Blätterschalen liegt eine wohlgeformte glänzende spiegelnde Wasserperle! Dora versucht, mir eine zu bringen, ohne dass sie zerrinnt.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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4 Antworten zu Dora zum NeunzehntenVierten: Nach dem Regen

  1. Mitzi Irsaj schreibt:

    Richte Dora meinen Dank aus. Es ist schön durch ihre Augen das jährliche Wunder zu bestaunen. 🙂

    Gefällt 2 Personen

  2. Gisela Benseler schreibt:

    Oh in welche Wunderwelt ist Dora da eingetaucht!

    Gefällt 1 Person

  3. Blatttränke, was für ein wunderschönes Wort, liebe Gerda. Ich werde es mir merken. Zu schön, um es zu vergessen 🙂

    Gefällt 1 Person

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