„Hast du heute Nacht das Feuerwerk gehört?“ fragt mich Dora, als ich mich nach schlafloser Nacht an die Kaffeemaschine begebe. „Nee, wo denn?“ murmele ich mundfaul. „Na, drüben in China! Wo sie die Feuerwerke erfunden haben! Bei denen begann heute Nacht das Neue Jahr!“ – „Und das hast du gehört… Hahaha,“ versuche ich zu lachen. „Nicht das Feuerwerk in China konnte ich hören, aber in Kalamata gibts auch Chinesen, und Koreaner und Vietnamesen, die haben heute Nacht geballert. Hast du es nicht gehört?“ – „Nein. Ich trage nachts kein Hörgerät. Das fehlte mir noch“, antworte ich grimmig. „Und nun lass mich erstmal einen Kaffee trinken, ja?“
Ein bisschen schäme ich mich. Da muss erst Dora kommen, um mich dran zu erinnern, dass für jeden fünften Menschen auf der Erde heute ein Neues Jahr beginnt. Und dass sie es nirgends richtig feiern können, schon gar nicht in China. Damit es mit der Olympiade im Februar klappt, bleiben die meisten Chinesen dort, wo sie sind, und reisen nicht zu ihren Familien. Das Neue Jahr traditionell feiern – das durften sie zuletzt vor drei Jahren… Staatsfeiern im Fernsehen, ja, die wird es wohl geben. Und ein bisschen Feuerwerk hier und da, wo Chinesen leben.
„Warum bist du immer so griesgrämig?! Fällt dir gar nichts Erfreuliches ein, um die Ankunft des Tigers ein bisschen mitzufeiern?“ fragt mich nun Dora. Hm, da war doch was: eine abc-etüde über Tiger, aha, ja, am 28. Januar 2020 geschrieben, als der laufende Alptraum.eben an den Start ging. Die Story könnte Dora gefallen. Und dir vielleicht auch. Thematisch ist sie jedenfalls höchst passend, ja geradezu prophetisch.
Nun bin ich ja gespannt, wo sich Dora in die Geschichte einfädelt. Wird sie den Holztiger, der im Spiegel einen wilden freien Tiger erblickt, erleuchten, dass er selbst dieser freie Tiger sein kann?
Wird Dora den beiden Freunden den Weg durch den Flughafen bahnen und ihnen einen Platz im Flugzeug sichern?
Vielleicht hilft sie ihnen am Hafen, ein Schiff zu besteigen, um in die Freiheit zu gelangen?
Ich sehe sie tatsächlich hier und dort aufblitzen. Schließlich begibt sie sich dahin, wo der freie Tiger in arger Bedrängnis lebt. In einer Astgabel deponiert sie ihr Päckchen mit dem Zündstoff Hoffnung, auf dass er frei leben kann, wie es seiner Art entspricht.
Alles Gute dem chinesischen Volk, alles Gute allen Menschen, für die heute, am zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende, das Jahr des Tigers beginnt. Möge es ein Gutes Jahr für Mutter Erde und alle ihre Geschöpfe werden.
Es ist ein Wasser-Tiger-Jahr. Zu den Tierzeichen kommt auch immer eines von den chinesischen fünf Elementen dazu.
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Ja, das ist richtig. Ändert das was?
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Eigentlich nicht, nur meine Freude an dem Bild als Katzen- und Wasserfreundin 😉
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Ach so, ja. Wasser ist wohl ein Symbol für sanfte stetige Veränderung, nehme ich an. Nach dem berühmten Satz von Tao, in Brechts Formulierung: „Daß das weiche Wasser in Bewegung Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt.“
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Wahrscheinlich, ja.
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Deinem letzten Satz schließe ich mich an. Liebe Grüße
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Dann wollen wir mal hoffen, liebe Mitzi. Danke!
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Das ist mir eine zu fremde Welt.
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Ja, sicher, uns Europäern fremd. Aber vorhanden. Jeder fünfte Erdenbürger feiert heute das Neujahr, und es ist nicht klug, das Weltgeschehen nur aus der eigenen Weltecke zu betrachten.
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Ja stimmt. Aber das Eigene hat auch Wert. – Werden die Chinesen das Weltgeschehen auch aus einer anderen, höheren Perspektive zu betrachten versuchen? Ich glaube kaum. Aber vielleicht hast Du ja gerade eine „Brücke“ dazu gebaut?
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Gisela, darüber, wie „die Chinesen“ die Welt sehen, weiß ich nichts. Ich weiß ja nicht mal, wie mein Nachbar sie sieht.
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Ich meinte ja nur den Jahresbeginn und den Tigernamen dafür. Muß ich das zu meiner Weltanschauung machen?
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Natürlich nicht zu deiner, Gisela! Wenn ich mir einen Film über Indien anschaue, heißt das ja nicht, dass ich nach Indien auswandern oder gar Hindu werden will. Es geht ja nur darum, sich bewusst zu machen, dass es andere Weltanschaungen als die eigene gibt, und dass es unmöglich ist zu entscheiden, was nun richtig oder falsch ist. Es ist anders. Andere Menschen haben andere Wahrheiten.
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Ja, Gerda, das ist mir natürlich klar. Darum schrieb ich „eine kleine Brücke von Mensch zu Mensch“, um mich mit möglichst vielen verschiedenen Weltanschauungen zu befassen und „Brücken zu bauen“. Aber natürlich gibt es dafür auch persönliche Grenzen.
Du bist aber Du und nicht ich. Und Du machst es eben so, und das tut ja vielen wohl.
Ich stelle mir aber vor, daß es hoch über unserer menschlichen Meinungsvielfalt eine Wahrheit gibt, zu der viele Wege führen.
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Dein letzter Satz:
Möge es ein Gutes Jahr für Mutter Erde und alle ihre Geschöpfe werden.
Da stimme ich kräftig mit ein, liebe Gerda, und klammere mich an den Hoffnungschimmer, wenn er mal aufblitzt!
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