Vor ein paar Tagen habe ich zwei Feigenblätter gezeigt, die in der Wohnung trockneten. Mich wunderte und erschreckte das Tempo, mit dem sie sich in hart-brüchige dunkle Skulpturen verwandelten. Über die physikalischen Gründe dafür (geheiztes Zimmer) klärte mich Joachim Schlichting auf, nochmal Dank dafür.
Vorgestern nahm ich ein schönes gelbes Blatt von einem mir unbekannten Baum ab und mit nach Hause, doch legte ich es diesmal auf den gedeckten Balkon, mit einem Stein beschwert, damit es nicht wegfliege. Das Blatt ist leicht gewellt und gezackt, gleichmäßig goldgelb eingefärbt und endet in einer eleganten Spitze. (20.12., nachmittags)
Zwei Tage später, nämlich heute Mittag, fotografierte ich es erneut. Die Färbung hat sich ein wenig ins Braungelbe verschoben, das ganze Blatt hat sich nach links verlagert und an den Rändern gekrümmt und verhärtet. Die sanfte Wellung ist einer erstarrten Knitterung gewichen. (22.12., mittags)
Besonders auffällig ist die Veränderung an der Blattspitze, die nun traurig nach innen gebogen und bräunlich verfärbt ist. Nicht mehr strebt sie in die Weite, ins Licht, sondern sie hält Nabelschau. Die Welt ist ihr nun egal. Ihre eigenen Kümmernisse sind ihr mehr als genug.
Mir scheint, es leidet. Soll ich es vom nächsten Wind hinuntertragen lassen, damit es in der Gemeinschaft der vielen anderen Blätter und vom Regen durchweicht still vor sich hin verfaulen kann?
Laß es fliegen, ganz leicht!
LikeGefällt 2 Personen
Fliegen lassen, Gerda. Lass es vom Wind wegtragen, wohin der Wind es tragen will
LikeGefällt 1 Person
Ja 😊
LikeGefällt 1 Person