Franz Kafka: Ein Bericht für eine Akademie.
Zusammenfassung.
Ein „gewesener“ Affe berichtet, wie er, gefangen in einem Gitterkäfig an Bord eines Schiffes von Hagenbeck, begriff, dass alle Wege zurück in die Freiheit blockiert waren. Zitat: „Es war kein vierwandiger Gitterkäfig; vielmehr waren nur drei Wände an einer Kiste festgemacht; … Ich hockte deshalb mit eingebogenen, ewig zitternden Knien, und zwar … zur Kiste gewendet, während sich mir hinten die Gitterstäbe ins Fleisch einschnitten. Man hält eine solche Verwahrung wilder Tiere in der allerersten Zeit für vorteilhaft…Und das…ist im menschlichen Sinne tatsächlich der Fall“. Für den Gefangenen gab es nur eine realistische Wahl: entweder im Zoo oder auf einer Varietebühne zu landen. Zoo – das bedeutete, für immer im Käfig zu bleiben. Um das zu vermeiden, beschloss er, auf „jeden Eigensinn“ zu verzichten, sich zu fügen und: zu lernen. Ein Weltmeister im Lernen wurde er. Man brauchte ihn nicht zu dressieren, denn er selbst peitschte sich voran auf dem Weg, die Forderungen der Menschen zu begreifen und sie zu befolgen. Dafür bezahlte er einen hohen Preis: er vergaß seine eigene freie Natur. Und so war ihm nicht nur physisch jede Flucht verbaut, auch seelisch wäre bald ein Zurück nicht mehr möglich gewesen, denn je mehr er sich voranpeitschte, um in der Menschenwelt anzukommen, desto enger wurde ihm das „Tor, das der Himmel über der Erde bildet“.
Kommentar.
Hagenbeck rühmte sich, dass er auf die alten schmerzhaften Dressuren verzichtete. Die neuen Methoden seien viel effektiver. „Die Zeiten der Gewaltdressur sind nun vorbei, schon deshalb, weil man mit Gewalt nicht den hundertsten Teil dessen erreichen kann, was sich mit Güte erzielen lässt“ Und das, (so Kafka, s.o.) „kann ich heute nach meiner Erfahrung nicht leugnen, ist im menschlichen Sinne tatsächlich der Fall.“
Seither wurden auch in der Menschendressur große Fortschritte erzielt.
Bitter und auf den Punkt. Toll geschrieben!
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Ja, das ist Kafka, in all seiner Sprachgewalt. Und dein Kommentar dazu ist sehr bezeichnend und macht sehr nachdenklich.
Vielen Dank.
Morgenkaffeegrüße! 😀
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Jede Art von Dressur ist falsch. Gelingt es aber mit Güte und Liebe, kann ich es ertragen, aber richtig ist es nie.
Werden wir zu dressierten Affen,was meinst Du?
Dein Lebebild gefällt mir sehr.
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Nein, wir werden nicht zu dressierten Affen, sondern zu dressierten Menschen, liebe Bruni. Kafkas „gewesener“ Affe kann sich nicht einmal mehr zurückträumen in die unbändige Freiheit seiner Herkunft.
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