Einen Distelfalter, so scheint mir, habe ich diesmal eingefangen. Heute waren wieder viele Schmetterlinge im Garten unterwegs, Kohlweißlinge sah ich und einen sehr dunklen, schnellen Falter, und eben auch diese mit den leuchtend orange Flügelstreifen und den weißen Tupfen auf dunklem Grund. Sie tanzten und flatterten über die letzten Rosen.
Distelfalter sind, so schrieb mir Jürgen von Linsenfutter, erstaunliche Wanderer (https://linsenfutter.wordpress.com/2020/05/05/distelfalter-auf-wanderschaft/ Dort findet ihr viel schönere Fotos und eine wissenschaftlichere Beschreibung.) Bis zu fünfzehntausend Kilometer legen sie zurück! Fünfzehntausend Kilometer, das ist wie von hier nach …. Aber sie schaffen diese lange Strecke nicht als Individuen, denn sie sind ja Winzlinge und zart gebaut. Darum machen sie nach etwa viertausend Kilometern Halt, legen Eier, verlustieren sich noch ein Weilchen, bis die Eier sich zu Raupen entwickeln und sich verpuppen. Dann verlassen sie zufrieden diese Welt. Die neue Generation schlüpft, freut sich des Lebens und legt die nächste Reiseetappe zurück, legt Eier, wartet ein bisschen und stirbt.
Wenn ich richtig rechne, braucht es vier Generationen, bis die Distelfalter den Weg von Mitteleuropa nach Afrika zurückgelegt haben. Eine Generation ist in Europa gebürtig, die nächste vielleicht in Zaragosa, die dritte, wer weiß das schon, in Agadir? und die vierte begrüßen dann wohl die Kinder von Joal-Fadiouth im Senegal mit einem Hallo? Und wenn sie dann, voll der Abenteuer der Reise über Meere, Wüsten und Gebirge, in der achten Generation wieder bei dir, in Goslar oder in Wittenberge, herumflattern, können sie dir erzählen von ihren Ur-ur-ur-ur-ur-ur-ur-Großeltern, die hier einst schlüpften und sich auf die große Reise machten.
Woher meine Gartenbesucher kamen und wohin sie eventuell wollen, – ich weiß es nicht. Aber solange sie bei mir weilen, will ich mich an ihnen freuen. Und aufhören zu glauben, dass ich alles in einer Generation erledigen muss. Werde nicht auch ich einst wiedergeboren, in einem anderen Land, in einer neuen Zeit, mit einer dunkleren Haut? Und immer mit der Sehnsucht im Herzen, ans Ziel zu gelangen, um, kaum bin ich am Ziel, mich wieder zurückzusehnen dorthin, woher ich einst kam?
Einen friedvollen Ausruh-Samstag wünsche ich meinen Leserinnen und Lesern und allen Schmetterlingen dieser Welt.
Vielen Dank.
Das hast Du sehr schön geschrieben. So erkennt man die Leistung, die auch kleinste Geschöpfe vollbringen können.
LG Jürgen
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Danke Jürgen! Solche Informationen, wie du sie zusammenträgst, sind soo hilfreich,
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Immer gerne. Mir macht es genausoviel Spaß wie Dir Deine Kunst.
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Schön 🙂
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Liebe liebe Gerda, ja, der Moment und was IST. Das ist manchmal am tröstlichsten zu sehen. 😊
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Danke, Kat! Ich finde das Wissen und übergroße Vertrauen der Falter in ihren Weg vom Jetzt zum Jetzt und Jetzt zum Jetzt sogar noch tröstlicher
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Hallo Gerda, der schöne Schmetterling ist ein Admiral, ebenfalls ein Wanderfalter.
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Ich habs nachgesehen, du hast recht! Kannst du mir etwas über die Wanderungen des Admirals sagen?
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Liebe Gerda, das ist wirklich eine sehr schöne Betrachtungsweise….
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Danke, Hedwig. Vor allem ist es eine sehr schöne Tatsache, soweit es die Schmetterlinge betrifft 🙂
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Wenn die Menschheit dereinst fremde Welten besiedelt (wer weiß?) wird es wie bei den Diestelfaltern sein. Eine Generation lebt im Raumschiff, die nächste auf einem bewohnbaren Planeten usw. bis schließlich ein geeigneter Exoplanet gefunden ist…
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Und dann gehts zurück vom Exoplanet über eine Planetengeburt und Raumschiffgeburt und eine neue Verpuppung auf der lieben Erde, Heimat der Ur-ur-ur-ur-ur-ur–ur-Großeltern?
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Die „Wunder“ in der Natur beeindrucken mich immer wieder! Und ich hoffe sehr, dass wir Menschen es schaffen – und mehr Anstrengungen darauf richten -, diesen Planeten bewohnbar und lebenswert zu erhalten, statt sich auf die Suche nach anderen Planeten zu machen …
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demstimme ich natürlich gern zu. Im Unterschied zu uns suchen die Falter auch nicht nach neuen Heimaten, weil sie ihre alte verwüstet haben, sondern aus purer Lust am Wandern und Abenteuerlust.
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Schöne Grüße an alle Schmetterlinge der Welt auch bitte von mir! Das ist ja spannend zu lesen mit den vielen Generationen auf einer langen Flugreise.
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