1. November. Zu Besuch in der ehemaligen Brandzone

Vor fast genau zwei Jahren machte ich einen Blog-Eintrag: Besuch in der Brandzone.

Heute waren wir wieder bei unseren Verwandten in Ost-Attika zu Besuch, es gab ein leckeres Fischessen im frisch renovierten Haus. Die verbrannten Baumstämme hat mein Schwager entschält, zersägt und schön säuberlich im extra dafür gebauten Schober gestapelt. Sein Sohn, mein Künstlerneffe Wassilis hat rundum Bäumchen gepflanzt. Manche Bäume haben sich auch selbst besamt: hier eine kleine Pinie, dort ein Feigenbäumchen.

Natürlich gab es auch unerwartete Probleme: die große Hitze hatte die hohe Umfassungsmauer ausgetrocknet, und eines Tags stürzte sie in ihrer ganzen Länge ein und musste neu gemauert werden. Ein andermal versagte der Strom, und auch da stellte sich heraus, dass die unterirdischen Leitungen durch die Feuersbrunst beschädigt waren und erneuert werden mussten. Aber am Ende ging es bei unseren Verwandten doch fast aus wie bei Wilhelm Buschs Max und Moritz: „Mit der Zeit wird alles heil, nur die Pfeife hat ihr Teil“.

Mir schienen die Hausrenovierung und die zwar langsame aber gut erkennbare Wiederbelebung der Natur wie ein Symbol, das mir Hoffnung macht. Immer, nach jeder Katastrophe, findet das Leben Wege, sich zu behaupten. Und wenn der Mensch ein wenig nachhilft, kann alles wachsen und gedeihen.

Und wie ich so sinnend und schauend am noch weitgehend kahlen Abhang stand, baute ich aus herumliegenden Steinen der zerbrochenen Mauer ein Steinzeit-Gehöft.

Gern hätte ich ein paar Schafe, Hühner und einen Esel, ein oder zwei Hunde und ein paar Katzen ins Gehöft hineingesetzt. Ja, auch Menschen. Immer auch Menschen.

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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20 Antworten zu 1. November. Zu Besuch in der ehemaligen Brandzone

  1. Vielen Dank für den interessanten Bericht, der einen Eindruck davon vermittelt, wie es nach so einem Brand aussehen kann. Ich hoffe, dass sich die abgebrannten Zone auch weider halbwegs regeneriert haten. Auf den Kanaren wachsen Kiefern, die den Bränden widerstehen. Aus der verbrannten Borke treten nach einiger Zeit wieder junge grüne Triebe hervor.

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    • gkazakou schreibt:

      Es kommt drauf an Joachim. Wenn ein Wald nur einmal abbrennt, erneuert er sich relativ schnell von allein. Doch wenn er in kurzem Abstand zweimal abbrennt, gibt es keine Selbstbesamung mehr, dann muss man pflanzen. Hier kommt hinzu, dass es sich um ein städtisches Gebiet handelt, das sich über die Jahrzehnte wild entwickelt hat. Anarchische Bebauung, dazwischen der stehengebliebene Pinienwald, Bachläufe, Wege, Zäune…. Als der Pinienwald abbrannte, brannten auch viele Häuser ab ,und über 100 Menschen kamen ums Leben. Nun möchte man nicht erneut Pinien um die Häuser wachsen lassen, weil die so feuergefährlich sind. Also pflanzt man anderes Gehölz: Oliven, Orangen, Zitronen….

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    • gkazakou schreibt:

      Das hast du missverstanen, Joachim. Pinien weren nicht abgeholzt, das ist verboten. Aber es werden möglichst keine neuen gepfanzt, wo sie abgebrannt sind, sondern andere Baumarten, die weniger leicht brennen.

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  2. Wundervoll liebe Gerda, daß die Erneuerung gelingt!👌👍🙋‍♀️

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  3. afrikafrau schreibt:

    Wunderschön und ein gutes Zeichen, Kenne so etwas nur aus Korsika ( lange her) wie schnell sich die Natur erholt und alles wieder in Besitz nimmt, das gibt den Menschen Mut, den man nicht verlieren darf. Leicht gesagt, kann vieles durchaus nachvollziehen,

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    • gkazakou schreibt:

      Ja, stimmt, die Natur regeneriert sich recht schnelll, wenn man sie in Ruhe lässt und sie nicht zu sehr traumatisiert wurde. Bei 2-3maligem Abbrennen ist es schwierig. Manche Berge bleiben immer kahl, wenn man sie nicht künstlich bewaldet.
      Die Traumata bei Menschen sitzen tief. Es ist schwer zu verkraften, wenn deine Angehörigen oder Freunde verbrannt sind. Schon bei einem Haustier oder auch Nutztier ist es schwer. Nun war dies eine Feuersbrunst in Friedenszeiten, der Staat half beim Wiederaufbau…. Wie viel schlimmer ist es in Kriegszonen! ZB Afganistan, wo seit 40 Jahren Krieg herrscht. Oder im Yemen, in Somalien,im Sudan…..

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  4. Ulli schreibt:

    Ich habe nie bezweifelt, dass die Natur über große Regenerierungskräfte verfügt. Bei den Menschen sehe ich es etwas anders, manches bleibt ein Leben lang in den Zellen hocken, manches heilt, manches nicht.
    Dennoch schön zu sehen wie deine Familie wieder aufgebaut hat 🙂
    herzlichst, Ulli

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    • gkazakou schreibt:

      Danke dir, Ulli! Bei allen Lebewesen gibt es Traumata, glaube ich, sogar bei Pflanzen. Bei Menschen und Tieren führen sie zu Verhaltensauffälligkeiten und Ängsten, bei Menschen dann wohl auch zu merkwürdigen kollektiven Ausgeburten.

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      • Ulli schreibt:

        Ich würde nicht von „allen“ sprechen – eher, dass auch Tiere und Pflanzen Traumata haben „können“. Ansonsten pflichte ich dir bei – ich glaube auch nicht, dass alle Menschen traumatisiert sind. In den letzten Jahren wird dieser Begriff aus meiner Sicht etwas inflationär gebraucht.
        Und ja, auch ganze Gesellschaften können traumatisiert sein, davon können wohl viele Völker ein Lied singen. Aber Traumata können eben auch überwunden werden.

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    • gkazakou schreibt:

      Du hast recht, ich habe mich ungenau ausgedrückt, nicht alle Lebewesen haben,.. sondern bei allen Lebewesen (Pflanzen, Tiere, Menschen) kann es Traumata geben. Auch deinen anderen Bemerkungen stimme ich zu.

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  5. mmandarin schreibt:

    Ich sage es doch immer wieder, die Natur ist der große Heiler. Marie

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  6. afrikafrau schreibt:

    Da muss ich zustimmen, wenn Nahe Stehende oder Familienmitglieder dabei umkommen, ist es wirklich einfach ein Drama, das niemand nachvollziehen kann, der so etwas nicht erlebt hat. Da braucht es Mut und viel Kraft, um wieder die Welt in Ihrer ursprünglichen Schönheit zu sehen.
    Ja die Natur kann auch dazu beitragen zu heilen.Das hatte ich nicht bedacht.

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  7. Ule Rolff schreibt:

    Solch einen Brand zu erleben muss zutiefst verstörend sein, für mich kaum vorstellbar, dass sich Menschen davon je erholen können. Die Spuren des Aufbauens berühren mich sehr, auch dein symbolischer Beitrag eines neu erschaffenen Dorfes, liebe Gerda. Die jungen Hunde mit dem tanzenden Paar im letzten Bild zeigen Hoffnung, ob auch Trost möglich ist, weiß ich nicht …

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