Heute habe ich beim Skizzieren wieder besonders viel Spaß, denn ich hatte mir eine Aufgabe gestellt. Ich wollte dasselbe Motiv zweimal zeichnen: einmal mit Tintenstift skizzieren und mit Bleistift ergänzen und einmal umgekehrt mit Bleistift skizzieren und mit Tinte ergänzen.
Diese Idee kam mir, als ich das gestrige Weinfeld noch einmal genauer betrachtete.
Hier hatte ich eine Bleistiftzeichnung mit blauer Tinte „nachgearbeitet“, um Akzente zu setzen. Beide Medien sind gleichberechtigt und tanzen auf die ihnen je eigene Art über das Zeichenblatt. Anders war ich bei meinen ersten Zeichnungen verfahren, bei denen ich die Zeichnung mit dem Tintenstift anlegte und dem Bleistift eine untergeordnete Füllrolle zuordnete.
Heute nahm ich mir eine Stück mit Zypressen vor. Erst machte ich mit dem Tintenstift eine Umrisszeichnung und füllte sie mit Bleistift (links). Dann machte ich eine Bleistiftskizze und setzte ein paar Tintenstriche als Akzente (rechts). Trotz der schlechten Fotoqualität wirst du den Unterschied deutlich wahrnehmen, denn die Zeichnungen folgen ganz verschiedenen „Philosophien“.
Was war naheliegender, als nun jeden Stift allein einzusetzen? Hier zwei schnelle „reine“ Bleistiftskizzen, dann eine „reine“ Tintenzeichnung und noch einmal eine „gemischte“ Zeichnung – von anderen Zypressen.
Auf dem restlichen Spaziergang machte ich noch vier Skizzen: zwei mit Tintenstift, zwei mit Bleistift. Ich war erstaunt, wie verschieden sich die beiden Medien für mich anfühlen und wie unterschiedlich die Resultate sind.
Zum Abschluss noch ein paar Fotoshop-Anwendungen. Bei den Tintenstiftzeichnungen ließ sich eigentlich nur die Farbe verschieben.
Ganz anders verhält es sich bei der Bleistiftzeichnung.
Bei der „gemischten“ Zeichnung wird noch deutlicher, wie stabil die Tintenlinie ist und wie variabel sich der Bleistift verhält.
Schließlich, um dem Winter, der sich bei uns längst abgemeldet hat, die Ehre zu geben, zeige ich noch die Bearbeitung einer der obigen Bleistiftzeichnungen, gedreht. Ich weiß ja nicht, was du siehst, aber für mich ist es ein vereistes Gewässer.
Ich sehe eine hügelige Landschaft mit Feldern, vielleicht noch ein Zelt im Vordergrund 🙂 Es ist interessant, wie unterschiedlich die Wirkungen sind. Bei mir persönlich merke ich immer wieder, wie sehr mancher Stift mit seinen Ausdrucksmöglichkeiten meiner Persönlichkeit entspricht oder eine Eigenschaft unterstreicht. Empfindest du das auch so oder sind es für dich eher technische Unterschiede? Ich kann gerade gar nicht sagen, was mir am besten gefällt. Es hat alles was, auf die eine oder andere Art und Weise! Ich mag Mixturen oft ganz gerne, aber auch die reinen Bleistiftzeichnungen gefallen mir!!
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danke für deine Frage. Der Unterschied zwischen den beiden Stiften ist zunächst technisch, aber das ist nur die Oberfläche. Dahinter verbirgt sich ein vollkommen verschiedener Charakter. Wenn ich den Tintenstift benutze, kommen bei mir, genau wie du sagst, bestimmte Eigenschaften zum Vorschein, beim Bleistift sind es andere. Heute merkte ich, dass ich bei einem Motiv den Tintenstift, beim anderen den Bleistift zücken wollte. Der Bleistift ist meinem Herzen viel näher, er ist flüchtiger und brüchiger, weicher und wärmer, wilder und geschmeidiger, sanfter und sinnlicher als der Tintenstift, der klarer und beschreibender ist, aber auch widerborstig, stockend, unorganisch sein kann, der sich nicht anpasst, sondern behauptet. Man muss ihn zu zügeln lernen. Das ist mein gegenwärtiges Gefühl.
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Die Kombination bringst, finde ich! Sie macht den Reiz für mich aus. Und dann der weitere Schritt der Transformation in etwas Digitales, Holzschnittartiges, Liebe Grüße
Juergen
P.S. wobei sich die Frage für mich stellt, ob das holzschnittartig Digitale überhaupt noch in einen Holzschnitt oder einen Linolschnitt überführt werden sollte. Warum? Ich glaube, oder irre ich mich, dass dies Deine Absicht ist?
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Das ist wirklich spannend, wie sehr einem so ein Werkzeug entsprechen kann. Auf der anderen Seite finde ich es aber auch interessant, was dabei herauskommt, wenn es ungezügelt ist, wie du es beschreibst. Wenn man mehr dem Charakter des Werkzeugs unterliegt. Das ist für mich auch das faszinierende an Linolschnitt oder Radierungen, daß die Eigenschaften dieser Methoden ihren eigenen Charakter oder Charme, wenn man das so sagen kann, zur Arbeit beitragen. Es hat alles seine Möglichkeiten und Reize. Aber natürlich gibt es auch Dinge, mit denen man gar nicht arbeiten kann.
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Danke, Jürgen, für deine Frage. Einerseits gebe ich dir recht, dass es der Übersetzung in den Holzschnitt nicht bedarf, Andererseits würde ich mich besser damit fühlen, wenn ich entsprechende Holz- oder vielleicht doch eher Linolschnitte anfertigen könnte. Mir fehlt bei digitalen Werken das Haptische, das „Faktische“, Auch die Möglichkeit, den Druck auf allerlei Papiere zu übertragen, und nicht zuletzt: die größere, durch das Medium erzwungene „Primitivität“ der Linie.
Das sind nun eher Kopfgedanken. Die Wahrheit ist: ich möchte einfach gerne mal (wieder) schnitzen und drucken. Hab es in meinem Leben allzu selten getan. Ich hatte in Frankfurt eine uralte Druckmaschine mit Handkurbel, an die ich mit Wehmut denke, denn ich musste sie beim Umzug nach Griechenland zurücklassen. Darauf habe ich nie gedruckt, denn damals kümmerte ich mich nur als Betrachter um die Kunst. Und so blieb meine Sehnsucht nach Drucken ungestillt. 😉
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Das mit dem Haptischen überzeugt mich.
Alle meine Drucke, und es sind nicht wenige, sind alle ohne Druckerpresse entstanden. Ich arbeite ausschließlich mit einer schweren Handdruckwalze.
Liebe Grüße
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Sehr spannend!
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danke dir!
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Was für eine Fülle, liebe Gerda, und ich schaue und schaue, verliebe mich gleich in die erste und finde dann die holzschnittige auch sehr gut, scrolle wieder zurück und bleibe bei der alleresten Skizze hängen. Sie ist mir die liebte von allen. Vielleicht die bescheidenste, die sich nicht in den Vordergrund drängt?
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Die allererste von den gestrigen? Also die Zypressen mit Tintenumriss und Bleistiftfüllung, die ich dann am Ende noch mal farbig zeige? Die farbige Variante habe ich angelehnt an das große Bild von Irene Diadou, das bei uns im Wohnzimmer hängt und das ich im letzten Alltag-Beitrag zeige. (https://gerdakazakou.com/2019/02/02/alltag-4/, das vierte Foto).
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Ja, genau, das meinte ich! Du hast es an dieses angelehnt, das bei dem Rundgang durch Deine Wohnung zu sehen war? Es ist sehr schön und dekorativ.
Und doch ist Deines so ganz anders, Gerda…nicht weniger schön! Sie hat eine ganz andere Handschrift als Deine.
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Stimmt, Bruni, ich male anders. Danke für diese Bemerkung. Ich habe die Farben übernommen, so weit das möglich war. Übrigens ist es seltsam: dies Bild hängt nun schon sehr viele Jahre dort, und man könnte meinen, es sei mein unbewusstes Vorbild für die „Streifenwälder“. Mir fiel das auf, als ich es beim Alltags-Rundgang fotografierte. Ich glaube aber doch nicht, dass es so ist. Mein Mann hat das Bild ausgesucht,es ist tatsächlich recht dekorativ, ich mochte andere Bilder derselben Malerin lieber. Dieses hat so gar keine Tiefe.
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Wieder einmal wunderbare Bilder! Die untersten drei gefallen mir ausgesprochen gut.
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Ich freu mich über solche Rückmeldungenehr, danke!
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