Heute nachmittag war ich zum zweiten Mal in zwei der Werkstätten, die vom hiesigen Verein der Freunde Behinderter Menschen unterhalten werden. Die Abläufe waren wie beim ersten Mal (hier) reibungslos, die Stimmung freundlich, liebevoll, unterstützend. Alle dort tätigen Menschen sind aufeinander eingestimmt, kennen sich seit langem und haben Routinen entwickelt, die sich als nützlich erwiesen. Und so ist für mich eigentlich nur eine Rolle übrig: eine Lernende zu sein. Aber auch diese Rolle muss ich mir erst verdienen.
Ich lerne dadurch, dass ich versuche, mich wie ein Teil der betreuten Gruppe zu verhalten: wird Ton geknetet, so bitte ich auch um ein Stück Knete und knete nach Vorschrift, so gut ich es vermag; wird das Produkt in Glasur getaucht, so bitte ich, auch ein Werkstück eintauchen zu dürfen… Diese Rolle der „teilnehmenden Beobachterin“ ist mir lieber als nur zu schauen. Aber natürlich ist es nicht einfach, sie mir zu erobern, denn die Helfer sehen mich nicht als Behinderte an, und die betreute Gruppe erkennt mich auch nicht als eine der Ihren an. Wie denn auch! Also bin ich tendentiell störend, dysfunktional, auf jeden Fall überflüssig.
Helfer kann ich nicht sein, denn die Rollen sind verteilt und werden vollkommen ausgefüllt. Eigene kreative Vorschläge zu machen, wäre ganz fehl am Platz. Was also hat die Gruppe von mir zu gewinnen? Nichts. Und was habe ich zu gewinnen? Ich lerne, sehe, wie diese Menschen miteinander umgehen, wie sie sich unterstützen, ich lerne auch einfache Vorgänge des Töpferns, vor allem aber suche ich einen Weg, mich in diesen Kontext einzufügen.
In der Keramikwerkstatt wurden heute die das vorige Mal (hier) geformten Tellerchen in Glasur getaucht und für die Brennung vorbereitet. Jeder kam an die Reihe, eine Zange mit einem Werkstück zu halten, zusammenzudrücken, einzutauchen, herauszuholen, abtropfen zu lassen. Das klingt einfach, ist es aber nicht, wenn man schwache Hände hat, im Rollstuhl sitzt, den Ablauf nicht versteht – dann fällt das Werkstück in die Glasur, und der Keramiker fischt sie mit der Hand heraus.
Mit ein bisschen oder auch viel Unterstützung und viel Lob schafften es alle und freuten sich.
- Stavroulas Hand
- Marias Hand
Die fertigen Tellerchen wurden auf einem Brett mithilfe von Zeitungen in Lagen geschichtet.
Danach ging es in die zweite Runde: Tonklumpen wurden verteilt, die geknetet, gerollt und zu flachen runden Formen zusammenzudrücken waren. Darauf wurde ein altes Häkelmuster gelegt und mit einer Nudelrolle eingeprägt. Mit einer Form wurden dann die runden Teller herausgeschnitten.
Ich versagte kläglich beim Kneten, der Ton wollte einfach nicht glatt werden, sondern blieb blöckelig. Angeliki wurde ungehalten und nahm mir den Tonklumpen weg. Ich eroberte ihn mir zurück, suchte mir ein anderes Eckchen am langen Tisch, um weiterzukneten, und gab schließlich auf. Und eine Schürze wie die anderen hatte ich natürlich auch nicht.
Nach dem Keramikkurs wanderte ein Teil der Gruppe zum Malen.
Unterwegs entdeckte ich Wandbilder von Skitsofrenis, die ich noch nicht kannte. Wer hier länger mitliest, kennt diesen genialen Sprayer aus einem Dorf der Mani bereits.
Beim Malen (Thema war: dekorative Blumen) fotografierte ich nicht, zumal der Kurs nach der Hälfte abgebrochen wurde. Der Raum wurde für eine andere Veranstaltung benötigt. Aber immerhin hielt ich den Maler, der die Gruppe leitet, vor einigen seiner beeindruckenden Kopien von Delacroix‘ Gemälden mit Themen aus dem griechischen Freiheitskampf fest.








Ein faszinierender Bericht .. aber deine Rolle (Gast, Beobachterin??) ist mir nicht ganz klar geworden,..
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Das klingt ganz wunderbar, liebe Gerda.
Ich habe selbst schon als Helfer diese Erfahrungen machen dürfen. Nicht als Töpferin, aber als Bastelfee in unseren integrativen Ferienfreizeiten.
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Ja, es macht Spaß, doch das Fehlen einer aktiven Rolle macht mir zu schaffen. Mich damit abzufinden, muss ich erst noch lernen.
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Dass du da mitmachen konntest, hat dir offensichtlich Spass gemacht, liebe Gerda. Im Englischen nennt man das ‚hands-on experience‘.
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Danke, Peter, ja, es macht mir Spaß, wie alles, bei dem ich ewas neues lernen kann.
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sehr schön ❣️
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