Impulswerkstatt Bild 1 : Beate Glücks Gritter und Luigi Galvanis Erfindungsreichtum

Beate Glücks Bild von einem froschähnlichen „Gritter“ ist großartig, eine Herausforderung. Mir kommt die seit Darwin sich verbreitende Überzeugung in den Sinn, dass sich die Arten eine aus der anderen entwickelt haben. Das ist wegen der aufgefundenen Artefakte, die irgendwelche nicht lebensfähigen Zwischenglieder dokumentieren, oder wegen der Stadien der Embryonalentwicklung, die eine Wiederholung der Phylogenese zu sein scheint, auch recht einleuchtend. Und doch: stimmt es? Ist es nicht eine Fehlinterpretation der Funde? wo hat man je gesehen, dass ein Fisch aufs Trockene hüpfte, Schwanz und Flossen ablegte und zum Landbewohner wurde?

Du sagst: du musst dir das mit Zeitraffer vorstellen. Da siehst du es dann. Vermutlich gibt es in naturhistorischen Museen tatsächlich solche Präsentationen, wo Jahrmillionen oder irgendwas in dieser unvorstellbaren Größenordnung in Minuten zusammengerafft werden. Ich aber kann es mir beileibe nicht vorstellen. Ich sehe stattdessen, wie ehemalige Fische als monströse sechsbeinige Frösche herumhüpfen, nicht ahnend, dass ihnen die Beine nur gewachsen sind, damit sie auf Festessen als Leckerbissen serviert werden – eine Sitte, die es einem italienischen Herr namens Luigi Galvani dann auch gestattete, die Elektrizität zu entdecken.

Ich warne sensible Menschen, den nachfolgenden (erfolgreichen) Versuch, das Experiment Galvanis (1737-1798) nachzuvollziehen, anzusehen.

 

Liebevoll, wie ein hübsches Märchen für Kinder, wird der „Zufallsfund“ von Galvani auch in einem Podcast des Museums für Energiegeschichte vorgetragen. Das kannst du dir, ohne dass es dich graust, gerne anhören. Ob es sich im Wortsinn um einen Zufallsfund handelte, kann man bezweifeln, denn Galvani war Arzt, Anatom und Naturforscher und also mit dem fachgerechten Zerlegen von Lebendem und Totem bestens vertraut. Überhaupt – immer diese Zufälle, die angeblich Natur und Geschichte steuern!

Die Elektrizität ist heute in der verwendbaren Form von Strom allgegenwärtig und gilt als „saubere“ Energie. Sie hat alle unsere Lebensbereiche durchdrungen. Eine Welt ohne Strom können wir uns nicht mehr vorstellen. Und doch gab es diese Welt vor wenigen Jahrzehnten und gibt sie noch gleich um die Ecke…. Das Verspeisen von Froschschenkeln ist immer noch Sitte in der gehobenen französischen Küche – und nicht nur dort. Da wir gesitteten Europäer inzwischen Bedenken haben, ob es sich dabei womöglich um Tierquälerei handeln könnte, fangen wir keine europäischen Frösche mehr, sondern führen sie massenhaft aus Indonesien ein.

Dies ist ein Beitrag zu Myriades „Impulswerkstatt“, den ich mit mulmigen Gefühl im Bauch schrieb. Denn wer weiß, in welche Welt wir uns hineinmanövriert haben, in der unser Wohlsein mit so viel Leid und Abstumpfung erkauft wird.

Was tut der Frosch am Meeresstrand?

Für Liebhaber des Themas gibts noch einen Eintrag bei mir: Froschkönig und Luigi Galvani samt täglichem Zeichnen vom Juni 2023

Auch sonst wimmelt es in meinem Blog von Einträgen zu diesem liebenswerten Wesen.

Wer mag, schaut unter „Frosch“ nach.

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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4 Responses to Impulswerkstatt Bild 1 : Beate Glücks Gritter und Luigi Galvanis Erfindungsreichtum

  1. Avatar von Myriade Myriade sagt:

    Eine sehr interessante Assoziation von diesem vieläugigen Critter zu Galvani ! Was man isst oder nicht isst, ist doch zum Großteil eine Gewohnheitssache. Ob Froschschenkel, Rindsrouladen oder Heuschrecken, das Fleisch hat alles zu einem Tier gehört, dass getötet wurde um es zu essen.
    Übrigens gibt es immer wieder Beispiele für evolutionäre Selektion, die man beobachten kann ZB der Birkenspanner, ein Schmetterling der in stark verschmutzten Gebieten zunehmend dunkle Varianten entwickelt, weil die Birken auf denen er gerne sitzt durch die Luftverschmutzung dunkler werden und der Schmetterling in den dunkleren Mutationen für die Fressfeinde weniger sichtbar ist,. https://de.wikipedia.org/wiki/Birkenspanner
    So gut mir deine Holsteiner-Treppe-Beiträge gefallen haben, freue ich mich doch über neue Impulswerkstatt-Beiträge 😉 Einen schönen Sonntag wünsche ich

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Danke dir, Myriade! Selbstverständlich hast du recht, was Froschschenkel und Rinderrouladen betrifft, und dennoch kommt es mir so vor, als ob es einen Unterschied macht, wie groß der Happen ist, den man durch Auslöschung eines Lebens erzeugt. Ich gebe zu, ein schwaches Argument. Was du über den Birkenspanner sagst: selbstverständlich gibt es in geringer Zeit beobachtbare Mutationen, sie finden jeden Augenblick statt und manche werden dann zum Trend. Zum Teil werden sie durch Züchtung hervorgerufen, zB bei Hunderassen. Diese Mutationen finden aber innerhalb einer Art statt. Tatsächlich sucht man schon lange nach Möglichkeiten, von einer Art zur anderen zu springen, aber so viel ich weiß, ist es noch nicht gelungen, aus einem Frosch einen Fisch oder umgekehrt zu machen.

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      • Avatar von Myriade Myriade sagt:

        Ja, ja schon, Mutationen gibt es viele, aber beim Birkenspinner findet dann auch eine Selektion durch die Natur statt, auf der Grundlage einer Umweltveränderung. Die Birkenstämme werden durch die Umweltverschmutzung dunkler dadurch sehen die Fressfeinde die hellen Schmetterlinge besser als die dunklen, dadurch haben die dunklen Mutationen einen Selektionsvorteil und ganz erstaunlich schnell gibt es kaum mehr helle Schmetterlinge.
        Naja, aus einer Kaulquappe (die keine Beine hat) wird in ein paar Tagen ein Frosch. Ein menschlicher Embryo durchläuft Stadien, die an frühere Entwicklungsstufen erinnern. Die Entwicklung und Abspaltung einer Art aus einer anderen ist ja eine Sache von Jahrmillionen. Ich kann mir solche Zeiträume natürlich auch nicht vorstellen, wir alle tragen aber doch unser biologisches Erbe in uns. Einen guten Einstieg in die neue Woche!

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Ja, die berühmte Formel Ernst Haeckels, Ontogenese sei eine verkürzte Wiederholung der Phylogenese … Sicher, unbestreitbar, jedenfalls im Kern, denn Haeckel gilt den meisten heute als überholt. Und so spricht man heute vorsichtig von der „Rekapitulationshypothese“. Dein Beispiel vom Birkenspanner berührt eine Hypothese von Jean-Batiste de Lamarck (Histoire naturelle des animaux sans vertèbres (1815–1822)), nämlich, dass Umwelt-Anpassung an den Nachwuchs vererbt wird. Diese Ansicht galt nach Charles Darwins Forschungen zur „Entstehung der Arten“ (1859) und Gregor Mendels Versuchen mit Kreuzungen (1866) – und einer jahrzehntenlangen heftigen Debatte zwischen Neodarwinisten und Lamarckisten als widerlegt und wurde ad acta gelegt (erworbene Eigenschaften werden nicht ins Erbgut aufgenommen)….. bis sie neuerdings wiederentdeckt wurde, zB Artikel im „Journal of Neuroscience“, nach WELT (hier). In der „Synthetischen Evolutionstheorie“ der 50er Jahre hat man die beiden Ansätze zusammenzuführen versucht. Und verkündet den Kompromiss nun ex cathedra als die letzte Weisheit. Aber hat man die Entstehung der Arten wirklich verstanden?

      All dies erinnert mich an mein erstes Studienjahr im Leibniz-Kolleg in Tübingen 1961, wo ich das Thema Mimikri und Haeckel im Schwerpunkt Biologie wählte (studium generale).

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