„Schön ist der freie Flug im ätherischen Blau des attischen Himmels, und wenn die Nacht kommt, die Hitze weicht und die Düfte des Jasmin hinaufsteigen in den Himmelsbau, dann schwankt der Sinn fürs Reale, da will der Traum regieren.“ So schrieb ich am 9. Juli 2019 hier im Blog und garnierte dies Lebensgefühl des Südens mit einem Legebild und einem Gedicht von Friedrich Nietzsche.
Friedrich Nietzsche
Im Süden.
So häng’ ich denn auf krummem Aste
Und schaukle meine Müdigkeit.
Ein Vogel lud mich her zu Gaste,
Ein Vogelnest ist’s, drin ich raste.
Wo bin ich doch? Ach, weit! Ach, weit!
Das weisse Meer liegt eingeschlafen,
Und purpurn steht ein Segel drauf.
Fels, Feigenbäume, Thurm und Hafen,
Idylle rings, Geblök von Schafen, –
Unschuld des Südens, nimm mich auf!
Nur Schritt für Schritt – das ist kein Leben,
Stets Bein vor Bein macht deutsch und schwer.
Ich hiess den Wind mich aufwärts heben,
Ich lernte mit den Vögeln schweben, –
Nach Süden flog ich über’s Meer.
Vernunft! Verdriessliches Geschäfte!
Das bringt uns allzubald an’s Ziel!
Im Fliegen lernt’ ich, was mich äffte, –
Schon fühl’ ich Muth und Blut und Säfte
Zu neuem Leben, neuem Spiel …
Einsam zu denken nenn’ ich weise,
Doch einsam singen – wäre dumm!
So hört ein Lied zu eurem Preise
Und setzt euch still um mich im Kreise,
Ihr schlimmen Vögelchen, herum!
So jung, so falsch, so umgetrieben
Scheint ganz ihr mir gemacht zum Lieben
Und jedem schönen Zeitvertreib?
Im Norden – ich gesteh’s mit Zaudern –
Liebt’ ich ein Weibchen, alt zum Schaudern:
„Die Wahrheit“ hiess diess alte Weib . . .
(Quelle: hier)
Ich stehe nun auf der 8. Stufe der „Holsteiner Treppe„, schaue zurück auf die vorige Stufe „Heimat“ mit seinen ambivalenten Gefühlen, und singe fröhlich mit den Luftspaziergängern:
Nur Schritt für Schritt – das ist kein Leben,
Stets Bein vor Bein macht deutsch und schwer.
Ich hiess den Wind mich aufwärts heben,
Ich lernte mit den Vögeln schweben, –
Nach Süden flog ich über’s Meer.

Werde ich es die noch vor mir liegenden 106 Stufen hinaufschaffen? Ich bleibe stehen und blicke hinab zu den Stufen, die ich nun schon hinaufgestiegen bin: zur sechsten, der „Heimat“-Stufe, zur fünften (Liebkosen), vierten (Wärmen), dritten (Mutter), zweiten (Streicheln) und zur allerersten (Glück). Schritt für Schritt… deutsch und schwer bin ich die Holsteiner Treppe hochgestiegen, wie es das von Reiner initiierte Mitmachdings vorsieht. So bin ich nun mal. Fliegen kann ich immer noch nicht. Also atme ich noch einmal tief durch und steuere die nächste Stufe an, die da lautet: „Angst“. Ein Wort, das mit dem Deutschsein ja international konnotiert ist als „German Angst“.
Unschuld des Südens,
die gibt es tatsächlich.
Nur einen Note:
Als ich vor etwa 20 Jahren in die Toskana fuhr, sah ich an einer Serpentine ein altes Bauernehepaar sitzen, auf einer Bank.Sie waren, ganz offensichtlich, mit sich im Reinen und – bäuerlich zufrieden und heiter.
LikeGefällt 1 Person
Philemon und Baucis. 🙂
LikeGefällt 1 Person