Dies ist ein Beitrag zu Myriades Impulswerkstatt.
Mosaikstück 2: “ Stein(e) “

Die Zahl der Sprichwörter und Redensarten mit dem Wörtchen „Stein“ ist erstaunlich groß. Spontan fallen mir ein: „Stein des Anstoßes“, „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, „einen Stein im Brett haben“, „wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen“, „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden“ (Psalm, daher der Name Petrus=Stein als „Eckstein“ der katholischen Kirche….), „er schwor Stein und Bein“, „steter Tropfen höhlt den Stein“, „es war zum Steine Erweichen“, „den Stein ins Rollen bringen.“ Und ja, auch Brecht fällt mir ein:
Zum Essen Brot zu kriegen und nicht einen Stein.
Das ist des Menschen nacktes Recht auf Erden.

Im griechischen Mythos steht der Stein am Anfang unseres gegenwärtigen Menschenalters: Wir leben in einem steinernen Äon, dem ein höher entwickeltes Äon vorausgegangen ist.
Der Mythos geht in Kürze so:
Prometheus brachte den Menschen, die „Träumer und stumpfen Sinns“ waren, das Feuer (Aischilos, Der gefesselte Prometheus). Es war vermutlich nicht das reale Feuer, sondern das des Verstandes. Und damit die Beherrschung der Natur, die Technologie. Prometheus war so etwas wie Luzifer (Lichtbringer) – ein Empörer gegen den herrschenden Gott (Zeus), den er einen Usurpator nannte. Dafür wurde er dann aufs Übelste bestraft. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die Menschheit entwickelte sich mithilfe des Feuers der Intelligenz vorzüglich und fühlte sich bald so stark, dass sie begann, den Gott um das beste Teil des Opferstiers zu betrügen. Das Beste behielt sie für sich, und dem Gott gab sie den Abfall. Diese Schlauberger meinten, damit durchzukommen.
Der Gott wurde zornig und beschloss, der Menschheit den Garaus zu machen. Schluss mit den Menschen! Und schickte eine große Flut, um sie zu ersäufen. Im Griechischen heißt sie die „deukalische Flut“, weil nicht Noah, sondern Prometheus‘ Sohn Deukaleon die Flut überlebte. Der „vorhersehende“ Prometheus hatte seinem Sohn verraten, was bevorstand, und ihn geheißen, eine Arche zu bauen und sie mit seiner Frau Pyrrha zu besteigen. Pyrrha war die Tochter von Prometheus’ Bruder Epimetheus und von Pandora – einer von Hephaistos geschmiedeten Kunstfrau. Ja, ja, die erste Kunstfrau gab es schon vor der Sintflut! Und auch der Bau der Arche zeugt von hoch entwickelter Technologie.
Diese beiden also überlebten die Sintflut. Aber sie danden sich wieder in einer Einöde und waren grässlich allein. In einem Traum wurde ihnen befohlen, die Knochen von Mutter Erde hinter sich zu werfen. Sie diskutierten hin und her und fürchteten sich, denn sie wollten Gäa keineswegs beleidigen. Wir wären nie entstanden, hätte Deukaleon nicht irgendwann frustriert einen Stein genommen und hinter sich geworfen. Und siehe da! Aus dem Stein entstand sogleich ein Mann. Mit „Knochen von Mutter Erde“ waren Steine gemeint. Da warf auch Pyrrha einen Stein hinter sich, und es wurde eine Frau. Sie warfen und warfen Steine hinter sich: So entstand ein steinernes Geschlecht. Steinzeitmänner und Steinfrauen – wohnhaft in Steinen, Verehrer von Steinen, begraben unter Steinen. Die Steinzeit der Menschheit hatte begonnen.

Eine griechische Redensart besagt, dass man, wenn man nie mehr an einen Ort zurückkehren will, „einen schwarzen Stein hinter sich wirft“. So sagten es die Auswanderer, die Griechenland mit bitterem Herzen verließen. Ursprünglich ist dieser Ort das Totenorakel am Fluss Acharon.

OH! Dass der Sohn des Prometheus die Sintflut überlebte, habe ich noch nie gehört. Ich wusste noch nicht einmal, dass Prometheus einen Sohn hatte. Sehr interessant! Die Geschichte von der Sintflut gibt es ja in vielen Kulturen und es soll der Geschichte auch eine wahre Flut zugrunde liegen. Von den Steinen als Knochen der Erde hatte ich immerhin schon einmal irgendwo gelesen, erinnerte mich aber nicht daran, dass daraus ein steinernes Geschlecht entstand. Die griechische Mythologie gibt schon vieles her und du bist darin ja äußerst bewandert.
Vielen Dank für den informativen und selbst illustrierten Beitrag! Ich finde sehr spannend, dass es auch bei den Griechen nicht einen Schöpfungsmythos gibt, sondern dass verschiedene Menschengeschlechter aufeinander folgen
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Dekaleon ist der Sohn des Epimetheus (Bruder des Prometheus), nicht des Prometheus. Epimetheus ist der „Zurückschauende“, der nachträglich klug wird, Prometheus der Voranschauende“, der schon vorher sieht, was passiert.
Auch ich finde es spannend, dass nicht nur verschiedene Menschengeschlechter, sondern auch verschiedene Göttergeschlechter aufeinander folgen. Diese Nachfolge ist alles andere als friedlich. Darin spiegeln sich auch die verschiedenen Zustände der Erde wieder, die ja nicht immer so fest war wie heute, sondern wo alles drunter und drüber ging und massenhaft Meteoriten einschlugen. All das wird in der Titanomachie thematisiert. Kronos (Vater von Zeus), war der Sohn von Uranos (Himmel) und Gaia (Erde). Er kastrierte seinen Vater Uranos auf Wunsch seiner Mutter Gaia, da Uranos von ihr geborene Wesen in ihre Eingeweide (Tartaros) zurückverbannt hatte und sie schreckliche Schmerzen litt. Gaia schuf für diesen Zweck den Mond (Mondsichel). Auch Kronos erlitt später dieses Schicksal: auch er wurde von seinem Sohn (Zeus) eunuchisiert. Zeus selbst spielte seinen Mitgeschwistern und den Titanen (den alten Göttern) schlimm mit, bis er sich sicher auf seinem Thron einrichten konnte. Und die Erde langsam ein friedlicherer Ort wurde. Die geologischen Umwälzungen fanden weitgehend ein Ende – es blieben noch die Monster, die auch langsam ausgerottet wurden (Kampf gegen die Kentauren, die Werke des Herakles, die Sphinx des Ödipus etc)
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So steht es bei dir „weil nicht Noah, sondern Prometheus‘ Sohn Deukaleon die Flut überlebte. Der „vorhersehende“ Prometheus hatte seinem Sohn verraten,“
Ändert ja aber nicht viel an der Sache, ob es nun ein Sohn oder ein Neffe von Prometheus war. Bei den griechischen Götten sind ja die Verwandtschaftsverhältnisse ohnehin sehr kompliziert. Aber die Mythen als solche sind schon sehr bemerkenswert
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Zum Thema Stein ist auch die Wiki-Eintragung lesenswert: https://de.wikipedia.org/wiki/Steinkult
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Ja, Steine faszinierten schon immer. Ich mag ja die angeblich „edleren“ unter ihnen auch sehr 😉
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Ich auch. Eigentlich alle, von den unebenen schmutziggrauen Feldsteinen, die ich grad aus meinem Acker klaube, bis hin zu den geschliffenen Diamanten sind mir alle Recht.
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Upps, ja, natürlich, du hast Recht. Offenbar geraten mir die mythischen Genealogien doch immer wieder durcheinander. Dekaleon war ein Sohn von Prometheus, und Pyrrha eine Tochter von Epimetheus. So schrieb ich, so ist es überliefert.
Die Abstammungen sind oft genug nicht konsent, es gibt viele verschiedene Varianten. Gerade das gefällt mir am griechischen Mythos: nichts ist eindeutig festgeschrieben, alles bleibt flexibel und im Fluss und regt so zum freien Assoziieren an.
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Sehr interessanter Beitrag. Und die Bilder zeigen, dass auch Steinen eine Schönheit innewohnt. Die Entstehungsgeschichte der Menschen erklärt dann vielleicht auch, warum so viele Menschen ein versteinertes Herz zu haben scheinen … 🤔
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Danke dir! Ob sich so das versteinerte Herz erklären lässt, weiß ich nicht. 😉
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Wunderschöne Zeichnungen, Gerda!
„Der Stein, den die Bauleiter verwarfen, ist zum Eckstein geworden.“ Dies Psalmwort wandte JESUS auf Sich an, und das sagt viel aus.
ER sagte auch von den Religionsführern, daß sie Steine statt des Brotes geben. ER aber war und brachte das lebendige „Brot“.
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Danke dir, liebe Gisela, für deine Ergänzungen und Richtigstellungen! Bert Brecht hat sehr oft Bibelworte verwendet. So auch hier. Allerdings hat er sie anders interpretiert.
Jesus sagt bei Matthäus: „Lutherbibel 1912
Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen in der Schrift: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Von dem HERRN ist das geschehen, und es ist wunderbar vor unseren Augen“? Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volke gegeben werden, das seine Früchte bringt. Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen aber er fällt, den wird er zermalmen.“ Insofern ist der Name Petrus (Stein) wohl doch auch gemeint, jedenfalls von den Gründern der römischen Kirche. Denn der Tempel von Jerusalem wurde wenig später (am 30.August 70 n.Chr.) vom römischen Feldherrn Titus, dem späteren Kaiser, zerstört und das jüdische Volk in alle Welt zerstreut.
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Die Übersetzung stimmt mit dem überein, was überliefert und bekannt ist. JESUS war also keineswegs nur sanft und milde, sondern auch sehr streng in Seinen
Worten. Er sprach aber nur aus, was Er so „empfand“ und „hörte“. Er war „nicht gekommen, um zu richten“.
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Daß JESUS Simon „Petrus“, also „Felsen“ nannte, hat auch einen Sinn. Simon war nämlich der erste, der JESUS erkannte und bekannte. Daraufhin sagte JESUS zu ihm: „Du sollst hinfort Petrus heißen; denn auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen.“ Also auf das Bekenntnis des Petrus, das feinstofflich wie ein Felsen dasteht.
Wie Rom das auslegte, ist wieder eine andere Sache.
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Petrus heißt eigentlich nicht „Felsen“, sondern „Stein“ (von petra – Stein). Aber egal.
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Und noch etwas zum Thema „Stein“ fand ich im Matth.-Evg. Kap. 7 Vers 9 . „Von der Gebetserhörung“ heißt diese Epistel (Absatz).
Darin sagt JESUS: „..“Wer ist unter euch Menschen, der seinem Sohn, wenn er ihn um Brot bittet, einen Stein bietet? Oder wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine Schlange bietet?.Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid. euren Kindern gute Gaben geben könnt….“
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Ein vielseitiger und spannender Beitrag zu Myriades Mosaikstück Stein! Dass Steine auch „Knochen der Erde“genannt werden, ist faszinierend! Wieso man einen Stein im Brett haben kann, habe ich gerade wissen wollen und stieß darauf, dass es sich um ein Spielbrett und Spielsteine handelt! Darauf weäre ich nie gekommen! Hatt halt ein Brett vor dem Kopf ! 😉 Hab einen guten Tag! Herzliche Grüße, Petra
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Danke dir, liebe Petra! Zu „Stein im Brett“: Man spricht ja immer noch von Spielsteinen…
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Meine Antwort ist auf einmal leider verschwunden. Oder kam sie bei Dir an, Gerda?.
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es sind mehrere Antworten von dir angekommen, liebe Gisela.
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Ja drei Antworten, und als ich die zweite abschicke, sah ich die erste wieder und schickte sie dann auch ab.
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Es fällt mir noch ein anderes JESUS-Wort ein, sinngemäß etwa so:
Wenn Ihr gegenüber der Liebesbotschaft, die Ich bringe, mit Herzen wie aus Stein mir gegenüber handelt, „dann werden die Steine schreien.“
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Dieses Zitat fand ich nicht, aber ein anderes im Alten Testamentz (Hesekiel, Lutherbibel): „Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. (Jer 31,33; Hes 11,19)
Ich fand es auf einer internet-Seite, wo alle Erwähnungen des Wortes „Stein“ in der Bibel aufgelistet sind: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjv6qnAi–EAxVg5ckDHTfyDoM4FBAWegQIAxAB&url=https%3A%2F%2Fbible.knowing-jesus.com%2FDeutsch%2Fwords%2FStein&usg=AOvVaw2pSdMhjH1qexGKsF3l2PZo&opi=89978449
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Danke, Gerda, das Wort bei Hesekiel ist mir auch gut bekannt. Es ist so wichtig. Der „Neue Geist“ schafft es, wenn Er in unserem Herzen zu wirken beginnt.
ich habe eine „Konkordanz“ und kann unter jedem eingegebenen Wort die entsprechenden Bibelstellen finden.
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Ich habe in meiner Konkordanz unter dem Wort „schreien“ gesucht und das Wort gefunden, und zwar im Lukas-Evangelium Kap. 19 Vers 40.
Das Kapitel hat die Überschrift „Jesu Einzug in Jerusalem“. Ich habe Fotos davon gemacht und könnte den Text bei mir zeigen.
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Zum Thema „Stein“ und „Eckstein“ fand ich noch einiges im Matth.-Evang. Kap.21 ab Vers 33. Die Ûberschrift lautet „Von den großen Weingärtnern“/ ein Gleichnis JESU.
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Ein feiner Bericht über Steine und Menschen und die vielen Sprichworte, die wir um Steine kennen.
Petrus, der Fels, also ein Stein, auf den man bauen kann. Daran kann ich mich gut erinnern, weil ich es fesselnd fand, daß ein Fels sich bewegt und nachfolgt.
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Die Steine selbst, so schwer sie sind,
Die Steine!
Sie tanzen mit den muntern Reihn
Und wollen gar noch schneller sein,
Die Steine.
(Das Wandern ist des Müllers Lust)
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Ja *lächel*, ich erinnere mich gut
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oder auch
„Am Grunde der Moldau wandern die Steine….“
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eine wunderschöne Zeile, die ich gar nicht kannte, Gerda
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es ist ein sehr bekanntes Lied von Bertold brecht „Am Grunde der Moldau wandern die Steine, drei Kaiser liegen begraben in Prag.…
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Ich werde es mir anhören, liebe Gerda ❣️
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