Andalusienreise (2): Architektur in Cordoba (tägliches Zeichnen)

Warum reise ich von Griechenland nach Spanien? Will ich ein anderes Meer sehen? Will ich neue Landschaften kennenlernen? Will ich die Pflanzen- und Tierwelt studieren? Will ich mich sprachlich fortbilden? Will ich sehen, wie die Menschen im westlichen Teil des Mittelmeerraums leben, was sie essen und trinken, wie sie sich kleiden, wie sie ihre Infrastruktur ausgebaut haben und nutzen…. und Vergleiche mit den Menschen im östlichen Teil anstellen? Ja, sicher, all das spielt eine Rolle. Aber am meisten interessiert mich doch die Architektur und alles, was  damit zusammenhängt: Skulpturen, Malerei, Inschriften, Gartenanlagen….Sie sind der sichtbarste Ausdruck der menschlichen Geschichte und des menschlichen Wollens.

In Andalusien leben übereinandergeschichtet und in städtebaulichen Konglomeraten ineinandergewachsen die arabische, jüdische und christliche Tradition fort, geringfügig überformt von der Moderne und den technologischen Errungenschaften unserer Zeit. Diese komplexe Gestalt in wenigen Tagen zu begreifen, ist nicht gut möglich, doch konnte ich das eine und andere wahrnehmen und einordnen. Ich versuchte es auch zeichnerisch. Natürlich sind meine Skizzen weit von korrekten Architekturzeichnungen entfernt. Für mich ist das Skizzieren ein Weg, um mich auf einige wenige Aspekte der überwältigenden Fülle der Erscheinungen zu konzentrieren und nicht im bloßen Ah und Oh, wie schön! zu verbleiben. 

In Cordoba waren wir nur anderthalb Tage. In schlafloser Nacht mühte ich mich mit den  Bögen im Atrium unseres Hotels ab, die von Wandlampen dezent beleuchtet wurden. Ringsum herrschte Stille. Die Zeiger der großen Uhr rückten lautlos voran.

 

Dieses Hotel rühmt sich, von der „Seele der Stadt“ durchdrungen zu sein, die Menschen wie Seneca,  Maimonides, Averoes hervorbrachte. Vom säulenreichen Patio geht es hinunter ins Untergeschoss, und man schreitet auf gläsernem Boden über römische Fundamente zum Frühstücksraum…

der sich auf einen weiteren mit schwarzen und weißen Steinen ausgelegten Hof öffnet. Den zeichnete ich in der Mittagspause.

Hier noch einmal als einfache Linienzeichnung.

Die Bögen sind anders als die der berühmten ehemaligen Moschee von Cordoba, die ich ebenfalls zu zeichnen versuchte (oben Hotel, unten Moschee).

Diese Moschee aber auch! Ein Wald von Säulen und Bögen, großartig, rhythmisch sich öffende und schließende Durchblicke in Form von Halb- und Sichelmonden! Und das Ganze durchsetzt von christlichen Kirchen, Altären, herumwandernden Menschen aller Rassen und leiser Orgelmusik.

Die zahlreichen christlichen Einbauten, die einer Vergewaltigung gleichen, finde ich ungehörig, genauso wie ich umgekehrt die islamischen Übermalungen und Einbauten der Ag. Sofia von Istanbul ungehörig finde. Aber sie spiegeln den Geist der Zeit und sind historisch interessant.

Wenn die christliche Architektur rein auftritt, wie beispielsweise dies von mir gezeichnete Eckchen der gewaltigen Kathedrale von Cadiz, ist sie nicht minder eindrucksvoll als die moslemische. Aber man sollte beide nicht vermischen, finde ich. Es ist eben eine Sache, von den Ausdrucksformen der anderen Kultur respektvoll zu lernen, und eine andere, sie sich kolonialistisch einzuverleiben oder gewalttätig zu überbauen.

Sehr römisch kommt der „Triumphbogen“ von Cordoba daher. Er ist freilich nicht römisch, sondern wurde erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts von König Philipp II. erbaut, in dessen Reich die Sonne nicht unterging und der die geraubten Schätze Südamerikas dafür verwendete, gegen den Protestantismus zu Felde zu ziehen. Da ich für derlei Triumphe wenig Sympathie habe, ist mir die Zeichnung ziemlich misslungen.

Durch den Bogen schaut man auf die römische Brücke, die nun tatsächlich römisch und sehr schön ist (1. Jahrhundert n. Chr. erbaut). Gezeichnet habe ich sie leider nicht, aber bei sengender Hitze bin ich rübergewandert und habe sie während unseres kurzen Aufenthaltes mehrmals fotografiert. Der Guadalquivir, den die Brücke überspannt, ist hier nicht begradigt, hat daher (im Gegensatz zu Sevilla) nur geringen Durchfluss und bildet wunderbar spiegelnde Flächen inmitten von Schilf und Ufergebüsch.

 

 

 

Avatar von Unbekannt

About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, alte Kulturen, Architektur, Fotografie, Geschichte, Kunst, Leben, Meine Kunst, Reisen, Zeichnung abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

36 Responses to Andalusienreise (2): Architektur in Cordoba (tägliches Zeichnen)

  1. Avatar von Verwandlerin Verwandlerin sagt:

    Ich bin architektonisch und kulturell ein ganz großer Andalusienfan!

    Gefällt 1 Person

  2. Wunderbar: Deine Zeichnungen, Fotos und Betrachtungen. Jede Stilform sollte sich unverfälscht zeigen dürfen, stilecht.
    Das Nebeneinander des Verschiedenen bereichert uns.
    Keine Stilform sollte eine andere beherrschen und unterdrücken wollen.
    Nur so kommen wir zu einer erweiterten Weltsicht und geistigen Offenheit, die für einen „Völkerfrieden“ notwendig ist.

    Gefällt 1 Person

  3. Avatar von derdilettant derdilettant sagt:

    Sehr schöne Zeichnungen – unterwegs zu Piranesi 🙂

    Gefällt 1 Person

  4. Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

    Hach, nee! Dafür reicht mein Leben nicht mehr.

    Like

  5. Avatar von Myriade Myriade sagt:

    In Andalusien gab es eine Zeit lang, was es sonst kaum gegeben hat, ein friedliches Zusammenleben der drei monotheistischen Religionen und eine daraus entstandene blühende Kultur.

    Gefällt 1 Person

    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Ja, aber auch schon vor der Reconquista verloren die Juden ihren Platz in der Gesellschaft. Das Leben des Maimonides illustriert diesen Bruch. Und auch der ältere Averroes, selbst Moslem, kam wegen seiner aufklärerischen Arbeit (Aristoteles-Kommentare) in Bedrängnis.

      Like

      • Avatar von Myriade Myriade sagt:

        Es war ein fragiles Gleichgewicht und die reconquista dauerte auch sehr lange…

        Gefällt 1 Person

      • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

        Ja, so war es wohl. Niemals war das Zusammenleben verschiedener Kulturen einfach, eine war immer dominant und bestimmte die Lebensumstände der übrigen, die mehr oder weniger randständig waren und in der einen oder anderen Form kooperierten bzw kollaborierten, um ihre Position zu verbessern. Immerhin war das über lange Zeiten möglich, in Andalusien, im Osmanischen Reich, im Römischen Reich ….

        Gefällt 2 Personen

  6. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    Dann winke ich mal zu dir rüber, so von Andalusien zu Andalusien!

    Gefällt 1 Person

  7. Liebe Grüüsse von Andalusien nach Andalusien!

    Gefällt 1 Person

  8. Avatar von hanneweb hanneweb sagt:

    Andalusien zählt seit Jahren, auch wegen der Geschichte, den vielen historischen Sehenswürdigkeiten und den teils von Mauren geprägten Gebäuden zu meinen Lieblingszielen. Aber Cordoba schafften wir bisher noch nicht und so wie du diese dort berühmte Moschee mit den vielen Säulen beschreibst, hab ich bisher nicht wirklich viel dort versäumt, liebe Gerda.
    Auf deinen Zeichnungen zeigst du das Wesentliche der Gebäude und Säulen, ohne das oftmals erdrückend wirkende daran und das finde ich richtig klasse!
    Liebe Grüße, Hanne

    Gefällt 1 Person

  9. Wie schön, wie interessant, wie Du Deine Eindrücke mit uns teilst, Gerda.
    Überall die Zeichen der Vergangenheit, so spannend und überwältigend.

    Vor vielen Jahren sind wir quer durch Andalusien gefahren, an staubtrockenen Flußbetten vorbei und der damalige VW-Käfer hat auch auf der Rückfahrt nicht schlapp gemacht, als die Straßen überschwermmt und kaum noch befahrbar waren…
    Meine damaligen Eindrücke sind von anderen sehr überlagert.
    Ronda habe ich in starker und wuchtiger Erinnerung.

    Gefällt 1 Person

  10. Avatar von Karin Karin sagt:

    Du weckst wehmütige Erinnerungen auf: Andalusien haben wir 2004 von Parador zu Parador mit dem Mietauto in drei Wochen erkundet. In Cordoba waren wir drei Tage und die Mezchita war mit das Beeindruckenste auf dieser an Schönheiten nicht zu überbietenden Reise. Die christlichen Einbauten empfanden wir wie Du als „Vergewaltigung“, aber nicht nur dort, auf der Alhambra ist es ähnlich.
    Wir waren damals im Februar unterwegs .
    Lieber Gruß aus dem Seeland, Karin

    Like

    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Danke, Karin. Ich war nun zum zweiten Mal in Cordoba und in der Mezquita, und von neuem tief beeindruckt. Eine wunderbare Stdt. Anderthalb Tage nur, aber was für Tage!

      Like

  11. Deine sogenannte einfache Strichzeichnung ist großartig und ich bewundere Deinen stetigen Skizzen,- und zeichnendrang sehr! Vor allem die hohe Qualität der Skizzen beeindruckt! Die Vielseitigkeit mit Deinen Szeneskizzen und die Architektur Skizzen in dieser Schnelligkeit lassen mich nur staunen!
    Liebe Grüße Babsi

    Like

  12. Avatar von rotewelt rotewelt sagt:

    Schöne Skizzen aus der Mezquita. Wirklich ein „fremdes“ Gebäude, das man sich fast erarbeiten muss. Hier die maurische Architektur, da die reingepflanzte christliche Kirche. Schön kann man das nicht nennen, aber ich finde, es schadet nicht, dieses Konglomerat gesehen zu haben, wobei das Muslimische aufgrund der Dimensionen nach meinem Empfinden überwiegt. Ich war leider kaum länger in Cordoba, nur zwei Tage, auf unserer Rundreise Sevilla, Cordoba, Granada, danach noch ein längerer Aufenthalt in Conil de la Frontera mit Besuch von Cadiz etc..

    Like

    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Ich gebe dir in allem recht. Ich habe jetzt noch einen Beitrag zur Mezquita geschrieben und erst hinterher bemerkt, dass ich vor 2 Jahren schon einmal darüber schrieb. Ich war nämlich vor vielen Jahren schon mal dort, unddamals kaufte ich auch einen wunderbaren schwarzweißen Fotoband.

      Gefällt 1 Person

  13. Avatar von rotewelt rotewelt sagt:

    PS: Ich wollte sagen, nicht schön im eigentlichen Sinne oder im Sinne von nicht harmonisch als Gesamtensemble. Die Einzelzutataten sind durchaus schön und beeindruckend.

    Like

  14. Mir schießt gerade durch den Kopf, dass mein ästhetisches Empfinden auch rebelliert, wenn ich eine gotische Kirche sehe, die mit barockem Innenleben gefüllt wurde. Dann schüttelt’s mich innerlich. Wenn aber nicht nur Baustil, sondern auch religiöse Symbolik in einem Gebäude zusammen kommen (und oftmals lässt sich beides nicht trennen), dann entsteht die Frage, ob die religiöse Symbolik in der anderen Religion noch aufgeht oder nicht. Wenn nicht, dann geht es nicht mehr nur um Ästhetik, sondern das Gebäude vermittelt eine religiös fehlerhafte Botschaft und ist damit in diesem Sinne zumindest nur bedingt, evtl sogar un-funktionell. Bei Menschen, die ein unmittelbare Gespür dafür haben, hinterlässt so eine Gebäudekonstellation dann ein Unwohlgefühl, ein „Das-passt-nicht-zusammen“.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..