Welttheater: 4. Akt, 36. Szene: Wilhelms Weltwahrnehmung

Was zuletzt geschah: Danai ruft Wilhelm in Erinnerung, was er über Hawi und Abud sagte, weil sie afrikanische Flüchtlinge sind. Seine Reden hätten sie so getroffen, dass sie ihn hilflos am Sumpf zurückließ – was sie ihrerseits schuldig machte. Wilhelm seinerseits verteidigt seine Rede mit dem Hinweis auf die große Zahl der Illegalen im Land und den Einbruch in sein Lager. Danai besteht darauf, dass Kommunikation nicht mit den vielen, sondern jeweils mit einer konkreten Person stattfindet.

Ich spreche nicht von vielen, denn nur einen

hast du beschimpft und einen Schuft genannt.

Wilhelms Schuld der beleidigenden Rede steht gegen Danais Schuld der unterlassenen Hilfeleistung. Beide bitten um Entschuldigung.

Hawi beschwert sich, dass sie solange mit dem bösen Mann redet.

Was machst du denn so lang beim Mann,

der sagte, dass wir klauen?

Ich weiß das noch und denke dran

und kann ihm nicht vertrauen.

 

Danai beruhigt ihn:

Hawi, mein Kind, wir reden hier

um zu verstehn, wie’s jeder meint.

Κomm nur heran, ganz nah zu mir,

der Wilhelm ist ja nicht dein Feind.

Wilhelm:

Das stimmt, ich bin nicht Hawis Feind,

den ich ja gar nicht kenne.

Doch bin ich auch nicht Abuds Freund

weiß schon, wie ich ihn nenne.

 

Er treibt sich rum in diesem Land

und denkt, er kanns hier machen

Ich habe ihn sogleich erkannt

ich höre ihn schon lachen

 

weil er hier ohne Angst vor Strafe

sich stiehlt, was er grad brauchen kann

Er ist der Wolf und wir die Schafe

Wir sind die Memmen, er der Mann.

 

So sieht er sich, das musst du wissen

drum rat ich dir, dich vorzusehn

Hat er erst einmal zugebissen

so macht ers wieder, wird schon gehn.

Hawi:

Der Abud ist kein Wolf, und auch die Hunde

sagt mir Danai, sind gar nicht immer schlecht.

Die wollen Schafe hüten aus dem Grunde

weil sie uns mögen, hab ich recht?

(Hawi bezieht sich hier auf Danais „Belehrung“ unter https://gerdakazakou.com/2023/03/27/welttheater-4-akt-28-szene-danai-und-hawi-kommen-zur-hoehle/)

Danai

Ja, Hawi, so hab ich gesprochen

und so ist es, wie ich es sah im Leben.

Der Hund kommt freudig angekrochen

auch wenn du vorher Schläge ihm gegeben.

 

Auch Menschen sind so, denn sie wollen ja

dass man sie liebt und ihnen traut

denn dafür sind wir Menschen alle da

dass einer auf den andern baut.

 

Wilhelm:

Ich bau auf niemand, ich bin gern allein

Ich schaffs schon selber aufzustehn

die Freundschaft ist doch nichts als Schein.

Und nichts bringt mich dazu, mir Hilfe zu erflehn.

Wilhelm versucht aufzustehen. Danai kommt ihm zur Hilfe. Aus dem Hintergrund kommt Jenny angerannt.

Jenny:

Ich stütze dich, es tut mir auch sehr leid

weil ich so einfach weggegangen bin.

Zur Bucht ist es ne halbe Stunde weit.

Mit Abuds Hilfe schaffen wir es hin.

Danai

Mit Abuds Hilfe? Ist er in der Nähe?

Ich dacht, er wollt zu Wilhelms Lager hin.

Es wär sehr schön, wenn ich ihn wiedersähe.

Weißt du vielleicht, was er jetzt hat im Sinn?

Jenny

Er war im Lager, ja, ich fand ihn dort

er nahm was mit, er nannt es seinen Lohn.

Wir gingen dann zusammen von dort fort

ich glaub er kommt hierher, ich seh ihn schon.

Wilhelm

Er war im Lager? Ha, was wollt er da?

Er wollt berauben mich, ich sag es ja.

(sieht Abud herabkommen)

Ja, komm nur her, wir müssen was besprechen.

Wenn ich es könnt, würd ich dir Knochen brechen.

wird fortgesetzt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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Eine Antwort zu Welttheater: 4. Akt, 36. Szene: Wilhelms Weltwahrnehmung

  1. Gisela Benseler schreibt:

    So leicht lassen sich die Konflikte nicht lösen, wie man sieht und liest.
    Aber es gab schon so manche erstaunliche Wende. Wer weiß, was da noch geschieht?

    Gefällt 1 Person

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