Heute, am 9. Februar, ist der „Internationale Tag des Griechischen als Weltsprache“, im Gedenken an Todestag von Dionysios Solomos (9.2.1857), Dichter der Freiheitshymne, die zur griechischen Nationalhymne wurde (mehr dazu hier). Aus diesem Anlass veröffentlichte der griechische Blogger Sarant einen köstlichen Artikel, überschrieben mit „Gringo, der Grieche“. Staunend las ich, was es, auf den Spuren des Wortes Gringo weltweit wandelnd, alles zu entdecken gibt.
Eine Kurzfassung des Artikels: Das Wort Gringo kennen wir aus den Western, in der Regel für den Ami in Mexiko und auch weiter südlich bis Chile. In Argentinien nannte man so auch die sehr zahlreichen Italiener.
Das Wort engringarse bedeutet „in Sitten und Gebräuchen veramerikanisieren“, und ein „Gringo des süßen Wassers“ ist jemand, der aus Argentinien in die USA auswanderte und verändert zurückkommt.
Am engsten ist gringo mit Mexiko verbunden. „Adios, und wenn du hörst, dass man mich an eine steinerne Mauer gestellt hat und mich mit Kugeln durchlöchert hat – wisse, das ist gar kein so schlechter Tod, weit besser als durch Altersschwäche, Krankheit oder Treppensturz zu enden. Gringo in Mexiko zu sein, ist Euthanasie,“ so schrieb der US-Journalist und Schriftsteller Ambrose Bierce (1842-1914), als er sich 1913 den mexikanischen Freiheitskämpfern anschloss – und von der Bildfläche verschwand. Carlos Fuentes machte daraus einen Roman, der mit Jane Fonda und Gregory Peck verfilmt wurde.
Woher das Wort Gringo kommt? Da gibt es viele Theorien. Die einen meinen, es habe seinen Ursprung im irischen Lied Green grow the rashes ή Green grow the lilacs, das die US-Amerikaner im Krieg gegen Mexiko (1845-47) sangen. Andere meinen, die green coats (grüne Uniformmäntel) der Amis im Kampf gegen den Aufstand von Pancho Villa (1919) seien Namensgeber.
Tatsächlich aber ist das Wort bereits 1785 in einem kastilianischen Lexikon von Esteban de Terrero y Pando belegt. Gringo nenne man „Ausländer, die kein reines kastilianisches Spanisch sprechen, insbesondere die Iren“. Das Wort gringo kommt offenbar von hablar en griego (Griechisch sprechen), was soviel heißt wie „unverständlich“. Shakespeare mit seinem „It was Greek to me“ bezeugt es seit 1560. Dabei handelt es sich um eine Übersetzung aus dem Lateinischen: Graecum est; non potest legi (das ist Griechisch, nicht lesbar), bei Santa Teresa de Jesús, ca 1562–1565. Heute sagt man in Spanien stattdessen hablar en chino (chinesisch sprechen).
Doch in Lateinamerika blieb das Wort erhalten und ging vom Spanischen ins Englische über. Die Griechen selbst benutzen das Wort Gringo selten, stattdessen sagen sie Γιάνκηδες (Yankees) oder für die Griechisch-Amerikaner Μπρούκληδες (Brookleener).
Dies zum Welttag der griechischen Sprache. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, dass eigentlich Griechisch die Sprache der Vereinigten Staaten von Amerika sein sollte. Es habe in einer Abstimmung nur knapp gegen das Englische verloren. ….
Wer mehr und Ernsthafteres zur Entwicklung und Bedeutung der griechischen Sprache auch und gerade in Deutschland erfahren möchte, dem empfehle ich einen Vortrag vom 14.2.2019 des griechischen Botschafters Theodoros Daskarolis, anlässlich des „Internationalen Tages der griechischen Sprache“.
Wunderbar! Danke…, liebe Gerda ! ich habe begeistert gelesen.
Hier ein Auszug aus meinem Bericht über ein Treffen von Muslimen und Christen hier in Berlin, an dem ich teilnahm. Es ging darum, Nichtwissen ,Halbwissen,falsches Besserwissen, Vorurteile abzubauen. Durch Begegnung. Und dann saß ich einem Altgriechisch sprechenden Türken gegenüber…
Pelin- ein diplomierter Wirtschaftwissenschaftler, geboren in Aachen. Seine Eltern aus dem Pontos, aus Trabzun nach Deutschland eingewandert. Die Mutter Analphabetin, der Vater Bergarbeiter unter Tage. Pelin erzählt, dass sein Lieblingsfach in der Schule Deutsch war, dass er noch heute schlampiges Deutsch – vor allem auch der Deutschen (!) – nicht ausstehen könne.
Er liebte es in der Schule sehr, Gedichte zu hören, zu sprechen und selbst auch Gedichtinterpreationen zu schreiben.
Zu diesem Treffen kam er zusammen mit seiner jungen Frau Derjah (Muslima, Psychotherapeutin in einer Reha) und seinem kleinen dreijährigen Sohn. Als Pelin ALTGRIECHISCH ALS SEINE MUTTERSPRACHE bezeichnet, bin ich verblüfft. Ein ALTGRIECHISCH SPRECHENDER TÜRKE ?? Er erzählt mir, dass Griechen im 8. vorchristlichen Jahrhundert an der Schwarzmeerküste siedelten, früh Christen waren und im 15.Jh. unter den Osmanen islamisiert wurden. Er spricht mir einiges in seinem altgriechischen Dialekt vor. Ich kontere mit griechischen Wörtern aus dem Koiné -Griechisch des Neuen Testamentes. Es gibt Ähnlichkeiten und kleine Unterschiede. Dann bittet er mich, ihm den Anfang des Prologs des Johannesevangeliums auf Altgriechisch zu sprechen. Viele Wörter und Wendungen erkennt er erfreut sofort als seinem Altgriechisch ganz nahe wieder. Er kann Altgriechisch nicht schreiben. Aber es ist seine Muttersprache. In ihr hat er sprechen gelernt, auf Griechisch hat seine Mutter ihre Lieder gesungen. Hier in Deutschland. All dies gibt er heute an seinen kleinen Sohn Hasan weiter. In der Schule hatte er im katholischen Aachen bewusst am evangelischen Religionsunterricht teilgenommen-“weil es mich interessierte“- obwohl er auch in den des Imam hätte gehen können. Das Gespräch mit ihm und seiner Frau ist lang, sehr offen, überaus herzlich und getragen von echtem gegenseitigen Interesse. Wir sind seit diesem Treffen weiterhin in Kontakt !
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Danke für deinen schönen Bericht, Elsbeth. Hast du den verlinkten Vortrag angeschaut? Auf S. 6 erwähnt der Botschafter diese altgriechischen Dialekte, die im Pontos, in Russland und der Ukraine, hier besonders in Mariupol, bis heute gesprochen werden. Dein neuer Freund ist also nicht allein. 🙂
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Ich habe ja ein paar Jahre in Mittelamerika gelebt und bin viel in Südamerika gereist: dort ist der gringo der ungeliebte Amerikaner, der hochnäsig und überlegen daher kommt. Und den es daher gilt eine Lektion zu erteilen, indem ihm 3-fach höhere Preise abverlangt werden.
Habe ich selbst in Mexiko erlebt. Für eine Taxifahrt vom Flughafen in die Stadt verlangte der Fahrer von mir eine horrende Summe. Als ich ihn daraufhin in perfektem Spanisch zur Rede stellte, meinte er: sorry, hab gedacht du bist einer dieser verdammten gringos, die unser Land ausbeuten wollen.
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Stimmt, Gringo ist in Mexiko ein Schimpfwort für Amis. Ich hatte in Mexiko zum Glück keine Negativ-Erfahrungen, vielleicht weil wir keine Gringos, sondern Griegos waren… 🙂
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Ein wndervoller Text, liebe Gerda!
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Das freut mich, liebe Bruni. Ist ja nicht meiner…
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Ich freu mich, dass er dir gefällt, liebe Bruni.
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Ob deiner oder nicht. Du hattest ihn in deinem Blog und aus deinen Händen las ich ihn
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Ich hatte in der Oberstufe zwei Jahre Altgriechisch und habe diesen vertieften Blick in die Grundlagen vieler Sprachen sehr geschätzt. Beim nächsten Western werde ich dank deines Berichtes den Gringo mit ganz anderen Augen sehen 😊
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Da hattest du Glück! Ich wollte Altgriechisch lernen, aber es gab nirgends einen Lehrer. Damals wusste ich natürlich noch nicht, dass ich mal in Griechenland landen würde. Wir hatten 7 Jahre Latein, das als Grundlage vieler Sprachen auch ganz wichtig ist. Vieles kommt aus dem Griechischen über das Lateinische nach Europa, zB die Bibel, die Musik, das Theater, die Philosophie…
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Ja, Latein hatte ich auch. Und deswegen die ganze Schulzeit gefremdelt mit der blöden französischen Rechtschreibung. Altgriechisch fand ich sehr erhellend für das Verständnis von Sprachstruktur, obwohl ich mich heute nur an dieses Gefühl, aber an keine Details erinnern kann.
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Ich verstehe das gut. Altgriechisch ist so ganz anders als Latein, viel plastischer, ein lebendiger Organismus, während Latein vor allem geradlinig-logisch ist.
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Sehr interessant! Man sagt auch, dass das Deutsche auch beinahe als Sprache der USA gewählt worden wäre. Da ist dann wohl auch einiges Folklore.
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Ja, das sagt man auch, aber es ist natürlich falsch, ein Heinz-Tomatomark oder Senf kann noch keine Kultur begründen. 🙂 Welche Sprache wäre wirklich würdig, die Sprache der Neuen Welt zu sein? Die griechische natürlich. 🙂
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