Was zuletzt geschah: Wilhelm ist abgestürzt, als er einem Hasen hinterhersprang. Hera lässt Hilfe herbeirufen. Die Helferinnen ergehen sich in Vermutungen und Vorschlägen. Erst als Hawi und Abud erscheinen, kann der Abtransport beginnen.
Wir müssen alle mit anheben
und wirklich unser Bestes geben
dann wird es uns bestimmt gelingen
in sicher von hier fortzubringen.
Trud:
Doch wohin, an welchen Ort
tragen wir den Armen fort?
Jenny:
In sein Lager, denk ich mal,
oder gleich ins Hospital?
Danai:
Ins Lager erst, dann schauen wir
zuerst muss er mal fort von hier.
Alle zusammen heben Wilhelm vorsichtig auf die Kufe (es ist Truds Scherbe, später der Erzähltisch, dann Zudecke für Clara, jetzt Bahre für Wilhelm). Das Licht auf der Bühne erlischt.
Die blinde Domna spricht in das Dunkel hinein ein Gedicht (Rilke, aus dem Nachlass)
„Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Siehe, wie klein dort,
siehe: die letzte Ortschaft der Worte, und höher,
aber wie klein auch, noch ein letztes
Gehöft von Gefühl. Erkennst du’s?
Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Steingrund
unter den Händen. Hier blüht wohl einiges auf; aus stummem Absturz
blüht ein unwissendes Kraut singend hervor.
Aber der Wissende? Ach, der zu wissen begann
und schweigt nun, ausgesetzt auf den Bergen des Herzens.
Da geht wohl, heilen Bewußtseins,
manches umher, manches gesicherte Bergtier,
wechselt und weilt. Und der große geborgene Vogel
kreist um der Gipfel reine Verweigerung. – Aber
ungeborgen, hier auf den Bergen des Herzens…. „
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Als das Licht wieder angeht, ist die Gesellschaft wohlbehalten in Wilhelms Lager angekommen. Ein Teil des großen Raumes wurde provisorisch für den Kranken abgeteilt.
Domna
Geborgen haben wir den Mann nun gemeinsam.
aus dem nackten Gestein des Gebirges, wir tatens behutsam.
Noch atmet die Brust, noch keimt ein süßes Verlangen
im Grunde des Herzens, noch zittert ein leiseres Bangen
durchs Blut, durch die Glieder, die warmen,
Es möge ein Gott sich des Armen erbarmen!
Was wars, das ihn zwang, sich selbst auszusetzen
ins einsame Feld, auf die Berge aus Stein
und hier, fern der Menschen, zu leben allein?
Du bist es, Danai, die die Kräuter wohl kennet
und uns auch den Grund für den Absturz benennet?
Danai:
Den Grund für den Absturz, denn kann ich nicht wissen.
Er selbst wird ihn kennen, wenn er hört sein Gewissen.
Doch Kräuter will ich gern ihm bereiten
und ihn auf dem Weg der Genesung begleiten.
Euch beiden, Hawi und Abud, möchte ich fragen
ob ihr mir wohl helft in den kommenden Tagen?
Ihr kennt, will mir scheinen, die Gegend recht gut,
Ich sah auch, dass es euch nicht mangelt an Mut.
Gemeinsam, so denk ich, wird es uns gelingen
den Mann erneut auf die Füße zu bringen.
Abud
Wir können hier bleiben, das ist kein Problem
für uns, vielleicht ein Problem ist für den?
(weist auf Wilhelm)
Jenny:
Ich bleibe auch hier, es muss ja wer sorgen
fürs Essen, das kann ich am besten besorgen.
Trud
Und ich? Soll ich bleiben, soll ich gehn?
werd ich das End des Dramas sehn?
Clara:
Ich mag hier nicht bleiben, ich möchte ins Tal!
Die Berge sind dunkel, die Erde ist kahl.
(zu Jenny)
Kommst du mit mir runter, allein kann ichs nicht
auch wenn ich von Dora noch habe das Licht.
Domna
Auch ich brauche Hilfe, weil ja meine Augen
für die äußeren Wege leider nichts taugen.
Mir ist es nicht möglich, das Kind heimzubringen.
Kannst du, liebe Jenny, dich vielleicht durchringen
uns zu begleiten, den Weg uns zu zeigen
wie wir am besten den Berg runtersteigen?
Jenny:
Na gut, ich begleit΄ euch und schau später dann
ob ich hier oben was helfen kann.
Jenny, Clara, Domna und Trud gehen ab. Bei Wilhelm bleiben Danai, Hawi und Abud.
Danai:
So ihr Lieben, ihr werdet hungrig sein!
Schaut mal da drüben, seht ihr den Stein?
Daneben die struppigen Stengel? ja, dort!
Nachtkerze oder Schinkenwurz ist das Wort.
Die Wurzeln sind köstlich, ihr könnt sie ausgraben.
Wir werden sie kochen und uns dann dran laben.
Kartoffeln dazu wärn auch nicht verkehrt.
Füllt schon mal das Wasser in΄n Topf auf dem Herd.
(Vorhang)
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