Einige Bücher, die deutsche Besucherinnen zurückließen und die nun hier herumliegen, haben meine Leselust geweckt. Es ist wie mit herumliegender Schokoade: man greift zu. Drei Bücher habe ich schon runtergefressen. Heute war ein Roman von Veronika Peters mit dem fürchterlichen Titel „Das Herz von Paris“ dran. Zeit und Milieu passen zu meinem letzten Eintrag über Ottilie Röderstein: Paris zu Beginn der Zwanziger Jahre, in dem eine gelangweilte junge Berlinerin aus besserem Hause die Versprechungen der Frauenemazipation entdeckt, als sie zufällig auf die berühmt-berüchtigte Buchhandlung Shakespeare & Company stößt.
Ich schaffe die ersten 40 Seiten, wenn auch mit wachsendem Widerwillen. „Saublöde Dialoge“, schimpfe ich vor mich hin oder auch „Hör bloß auf, mir jedes Möbelstück im Laden und jeden Rock der Ladies zu beschreiben!“
„Wenn dir das Buch nicht gefällt, warum liest du es dann?“ fragt Dora, die meiner neuen Lesewut nicht hold ist.
„Weil gegessen wird, was auf den Tisch kommt“, bin ich versucht zu antworten. Eine alte Verhaltensregel, nicht auszutilgen. Die Autorin hat sich ja bemüht, sie hat sicher gründlich recherchiert, um alles richtig zu machen, sie möchte mich unterhalten und mich mit einer für die Frauenemanzipation wichtigen Epoche vertraut machen. Das Thema interessiert mich. Ich kann doch nicht einfach aufstehen und sagen: Tut mir leid, aber es schmeckt mir nicht.
Oder kann ich es doch? „Na schön, gehen wir lieber schwimmen!“ sage ich zu Dora und stehe auf, suche meinen Kram zusammen, und auf gehts. Das Meer ist wild und die tiefstehende Sonne so hell, dass ich auch mit zusammengekniffenen Augen kaum aufs überglänzte Meer blicken kann. Im Wasser und auf dem Lande tummeln sich noch etliche Menschen. Wind und Wellen lachen. Herrlich, nix wie rein!
Hier siehst du Dora bei ihrem neuesten Sport: Wellenreiten!
Sie nennt es Lichtwellensurfen und behauptet, es mache viel mehr Spaß als das Surfen im internet. Bravo, Dora! Für ein Kind der Zeit hast du wahrhaft fortgeschrittene Ansichten! Am Ende ist unsere Erde doch noch zu retten!
Oh beim Lichtwellenreiten wäre ich so gern Dabei! Herrlich!
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Mit dem Thema habe ich mich auch gerade beschäftigt. Schwierig ist es, gut Gemeintes aber schlecht Geschriebenes fertig zu lesen. „Das Herz von Paris“ hätte mich als Titel allerdings so abgeschreckt, dass es mir wahrscheinlich gelungen wäre, das Buch erst gar nicht anzufangen. Oder auch nicht, wer weiß … 🙂
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wer weiß … genau. Vielleicht lese ich auch weiter, nur um meine Vorurteile zu ergründen.
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Ich habe mich schon seit langem entschieden, nur bei gröbsten Verstößen gegen meinen Geschmack eine Lektüre vorzeitig zu beenden. Ich lese einfach viele Bücher parallel und schlechte in kleinen Dosen. Am Ende aber ändert sich oft das Urteil, so meine Erfahrung, und etwas ist daraus entstanden, ein Hinweis, ein Anschluss, eine Idee – nur unhöfliche Bücher mag ich nicht. Mit langweiligen kann ich umgehen 🙂
Schönes Bild und das Surfen im Licht und auf den Wellen, ja … ich habe das Gefühl, für das Internetsurfen und das Windsurfen dasselbe Wort zu verwenden, gleicht einem Gehirn Salto Mortale. Was hat das denn miteinander zu tun? Viele Grüße.
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Danke, Alexander. Es stimmt schon, man lernt auf jeden Fall etwas, sei es auch nur zu verstehen, was einem missfällt und warum, und sich zu fragen, ob da nicht auch eigene Vorurteile am Wirken sind. Es ist dann eher ein Problem der Prioritäten, denn Lebenszeit ist leider nicht unendlich.
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Spricht da ein wenig Geringschätzung für das Romane lesen aus dir? Wie Schokolade in sich rein- nein, nicht essen, sondern fressen? Könnte sein. Aber egal. Hauptsache, man tut es und lässt sich nicht von seichten Filmchen berieseln, obwohl, manchmal auch `ne Möglichkeit…
Schöne Grüße von
Sonja
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„Etwas in sich hineinfressen“ sagt man doch auch, und nicht „in sich hineinessen“….Was das Romanelesen anbetrifft: Es gibt da ja große Qualitätsunterschiede. Wie auch bei Filmen. „Seicht“ ist nicht so meins.
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Lichtwellensurfen – ein feines Wort. Darauf muß man erst mal kommen 🙂
Dein letzter Satz, liebe Gerda, wie wundervoll ist er doch:
Am Ende ist unsere Erde doch noch zu retten!
Ich hoffe es sehr und werde mir das Hoffen nicht ausreden lassen.
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