„Indes Europas Edelfäule
an Pau, Bayreuth und Epsom sog,
umarmte er zwei Droschkengäule,
bis ihn sein Wirt nach Hause zog.“
So heißt es in Gottfried Benns Gedicht „Turin“. „Er“ ist Nietzsche, das „Weltgenie“.
Nietzsche ist längst tot und begraben, aber seine Übermensch-Laudatio hat überlebt. „Europas Edelfäule“ hat sie für sich entdeckt. Was treibt unsere heutigen Übermenschen? Was zieht sie an? Nicht Pau, Bayreuth und Epsom, sondern die hybriden Welten von Schwab+Gates. Sie schweben durch die Pforten des Glücks und der Weisheit mitten hinein ins “Global Collaboration Village” – einzeln und allein, und nur, wenn sie sich ein entsprechendes „slot“ gesichert haben. Slot, nicht Schloss – einen Spalt, ein Zeitfensterchen müssen sie sich erkaufen, um einige glückliche Minuten ganz und gar dazuzugehören. Wozu? Zur Scheinwelt des Metaversums der Mächtigen dieser Zeit. Zum kollaborierenden globalen Dorf, dessen Hütten sich die Edlen von Politik-Finanzen-Weltumspannenden Konzernen-ShowBizz solidarisch teilen. Mussolini nannte diese Form der Zusammenarbeit „Korporatismus“*.
Für dich ist das Chinesisch? Weißt nicht, was das ist, die “pioneering WEF initiative to strengthen global collaboration using the metaverse’s immersive, interactive technology”? Auf Deutsch: „wegweisende WEF-Initiative zur Stärkung der globalen Zusammenarbeit unter Verwendung der immersiven, interaktiven Technologie des Metaversums” ?
Aufklären, worum es sich tatsächlich handelt, kann ich dich leider nicht. Ich gehöre ja nicht dazu, ich „kollaboriere“ nicht, ganz im Gegenteil: Ich wünsche den Kollaborateuren, dass sie samt ihrem Metaverse-Dorf möglichst bald kollabieren oder meinetwegen auch, dass sie in ihrem Metaversum stecken bleiben und den Rückweg nicht finden.
Ich gehe indessen ins lokale Dorf, trinke Wasser aus einer sehr realen Quelle und lasse die Kirchen dort, wo die Bewohner sie aus gutem Grund hingestellt haben.
_________________
*Korporatismus bedeutet „zu einem Körper gehörend“. „Der Geist des Korporativismus (…) war im Wesentlichen der einer Arbeitsgemeinschaft und einer schöpferischen Solidarität, deren feste Angelpunkte die Prinzipien der Sachkenntnis, der Qualifikation und der natürlichen Hierarchie waren, wobei sich das Ganze durch aktives Über-der-Person-Stehen, Selbstlosigkeit und Würde auszeichnete.“ (Julius Evola, ein Vordenker des italienischen Faschismus, zitiert nach Wikipedia). Wenn man die Sprache des WEF unter die Lupe nimmt, findet man genau diesen faschistischen Geist, der sich als „schöpferische Solidarität“ tarnt, während er tatsächlich extrem hierarchische Strukturen mit Unter- und mittleren „Führern“, mit „engstem Kreis“ und „Auserkorenen“ und einem womöglich anonym bleibenden höchsten Führer (Big Brother) zu realisieren gedenkt.
„Über-der-Person-Stehen, Selbstlosigkeit und Würde“ klingt doch gut, ist doch ein menschliches Ideal und verdient dann auch eine Sonderstellung, wenn es denn gelebt wird.
LikeLike
Das ist es eben, Gisela. Es klingt gut, aber es ist nicht gut. Mit solchen Sprüchen fängt man die Gutwilligen und Ahnungslosen. Es ist das Rezept der Faschisten.
LikeLike
Eins ist es, ob es gut klingt, Gisela, und ein anderes, was mit diesem Klang bezweckt wird. Du kennst ja die Bremer Stadtmusikanten.
LikeLike
Die Bremer Stadtmusikannten meinten, etwas Besseres als zu sterben, gibt es überall.
LikeGefällt 1 Person
Ich habe mich geirrt, ich meinte den Rattenfänger von Hameln. Der Satz der Bremer Stadtmusikanten gefällt mi aber auch.
LikeLike
Der Rattenfänger von Hameln, ja, die Geschichte kennt man ja……..
LikeLike
Ja, mögen sie kollabieren. Bin da ganz bei Dir… Schönen Sonntag🙂
LikeGefällt 1 Person
Wer aber zuerst diese Worte wählte, kann ein Idealist gewesen sein.
LikeLike
Ja, sicher kann er ein Idealist gewesen sein. Er kann aber genausogut auch ein Schuft gewesen sein. Mit Worten kann man gutgläubige Menschen fangen.
LikeLike
Ja, aber erst einmal auf diese Worte zu kommen, dazu gehört schon etwas. Wie sie dann aber angewendet werden, um Leute zu verführen, ist schlimm.
LikeGefällt 1 Person