Immer dieser Herrscher … (Tarot-Legebild-Collagen)

„Der Herrscher“ im Tarot-Kartenset macht mir weiterhin Kopfzerbrechen. Nun habe ich eine weitere Figur entwickelt. Als Legematerial nahm ich, da sich meine Schnipselsammlung im Mani-Atelier befindet,  eine rote bemalt Pappe, Zeitungspapier, Packpapier und Notizzettel, die ich zerriss.  Dann machte ich mich im Archiv auf die Suche nach geeigneten Hintergründen. Links ein Beispiel.

Die Zeitungsschnipsel fügen dem „orientalischen Herrscher“ eine neue Note hinzu: er ist jetzt nicht mehr im Vollbesitz der Gewalt, sondern wird medial produziert. Sein Gesicht ist unerkennbar, es wirkt maskenhaft und ist austauschbar.

Das brachte mich auf die Idee, dem Herrscher weitere Masken zuzuordnen, derer er sich wahlweise bedienen kann.

Setzt der Herrscher die linke Maske auf, ähnelt er einem alten Mann, der müde von den Regierungsgeschäften, vielleicht auch weise ist. Sein Gesicht ist resigniert, sein Bart weiß und gepflegt.

Die rechte Maske ist aus Metall geprägt und drückt keine menschlichen Eigenschaften, sondern die uralte Magie der Herrschaftsausübung aus. Vielleicht kennst du die Goldmasken von Mykene. Sie stammen aus dem 16. vorchristlichen Jahrhundert. Man vermutet, dass es  Totenmasken waren. Doch wie auch immer: Es sind Herrschaftsmasken, mit denen ein ganz gewöhnlicher Sterblicher zu einem Lenker der Völkerschicksale wird.

Ich möchte noch folgende drei Vorschläge eurer gütigen Kritik anempfehlen. Die dritte Maske ist aus Mykene (von mir im Arch. Nat. Museum in Athen fotografiert), die anderen habe ich selbst gebastelt. Ich bin für Kommentare dankbar.

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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29 Antworten zu Immer dieser Herrscher … (Tarot-Legebild-Collagen)

  1. Das Zweite, mit den zwei Masken sagt mir spontan am Besten zu!
    Ein Herrscher hat doch niemals nur ein Gesicht! Wenn er alt und weise ist herrscht er anders, wie als er jung war!

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  2. Gisela Benseler schreibt:

    Gerda, Du bist ja wirklich kreativ! Dies ist also eine neue Figur eines orientalischen Herrschers. Daß dies ein Herrscher ist, sieht man auf den ersten Blick, auch ohne alle Masken. Sogar dies alte, traurige Gesicht paßt dazu und muß durch keine Maske ersetzt werden, finde ich. Ob er nun aber ein guter Herrscher ist, das muß er erst zeigen.

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  3. afrikafrau schreibt:

    Wichtig erscheint mit, was hinter all diesen Masken der Herrschenden sich verbirgt!!!!!!
    das 1. Bild :für mich stimmig

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  4. TeggyTiggs schreibt:

    …spontan entscheide ich mich für den linken Herrscher, da er überrascht aussieht und gar nicht so sicher, wie er als Herrscher sein sollte…er scheint mir ein wenig ratlos, was er mit seiner Macht anfangen soll…körperlich durchaus mächtiger als die anderen beiden…vielleicht schaut er nur einen kurzen Augenblick hinter seiner Maske vor, wie versehendlich, sich bewusst, dass er diese unbedingt braucht, um mächtig zu erscheinen…

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  5. Verwandlerin schreibt:

    Puh, eine schwere Wahl, die 2 Masken, für die 2 verschiedenen Herrscherrollen finde ich gut.
    Aber die goldene Maske hat auch etwas sehr Mythologisches, lässt an andere Herrschaftsrequisiten wie Zepter oder Apfel denken.

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  6. Werner Kastens schreibt:

    Wer die Macht hat, braucht eigentlich keine Maske. Es sei denn er ist ein Lügner und will sich als etwas geben, was er gar nicht ist. Und die Totenmaske soll das vorgetäuschte „gute-Mensch-Gesicht“ auch noch für folgende Generationen erhalten. Ich möchte sie allen herunter reißen, auch denen, die sich anstelle von Masken unter Mitren verstecken.

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Werner, aber ich finde, du hast nicht Recht:die Mächtigen brauchen Masken, denn sonst würden die Untertanen sehen, dass es sich um ganz gewöhnliche Sterbliche handelt, und rebellieren. Drum hatten die Mächtigen auch viele Rituale. Kniefälle, Hofknickse, Ehrengarden, Bekleidungsvorschriften etc pp. Bei den Kirchenfürsten ist es bis heute so. In unseren demokratischen Gemeinwesen wird nicht mehr so viel Aufwand getrieben, keine Kronen und tollen Gewänder mehr, höchstens mal ein roter Teppich und das Abschreiten einer Militäreinheit. Aber auch der Gewählte braucht ein überzeugendes „Gesicht“, für das er von seinen Anhängern geliebt und seinen Feinden gehasst wird.

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      • Werner Kastens schreibt:

        Liebe Gerda,
        meine Sicht ist die: Die Könige damals waren ja „Herrscher von Gottes Gnaden“ und dazu als Dynastien gedacht und auch in gegenseitiger Unterstützung mit der Kirche entsprechend verfestigt, also gedanklich auf Ewigkeit angelegt. Macht wurde ja weiter gegeben, wie später auch bei den Industriedynastien. Und selbst in unseren heutigen Demokratien fragt man sich ja, wer denn wirklich die Macht in Händen hält. Aber wir haben ja zumindest heute die Chance, dass wir zumindest unsere (politischen) Herrscher in Zeitungen, im Fernsehen, bei Videobotschaften sehen und uns ein eigenes Bild machen können. Sie stellen sich zwar auch mit verschiedenen „Gesichtern“ dar, aber wir haben die Möglichkeit, sie zu beurteilen und im wahrsten Sinne des Wortes zu entlarven.

        Das war ja in alten Zeiten nicht möglich, weil wie gesagt Macht weiter gegeben und nicht zugewählt wurde. Und für die Weitergabe sind halt Symbole wie Kronen, Zeremonien geeignete „Masken“. Wir können das Gehabe ja heute noch ganz besonders in England mit Verwirrung zur Kenntnis nehmen.
        Die heutigen Politiker setzen zwar gerne auch wechselnde Masken auf. Herr Trump z.B. die des um alle besorgten Gutmenschen, der die Hilfsschecks der Regierung mit seiner persönlichen Unterschrift, also einer Faksimile-Maske, unterzeichnet. Aber wir können drüber lachen, ohne dass wir dafür im Sinne von Majestätsbeleidigung geköpft werden.

        Will also sagen: vielleicht sind unsere angeblich Mächtigen gar nicht die wirklich Mächtigen, denen wir noch nicht alle Masken vom Gesicht gerissen haben?

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Werner. Auch ich bin nicht der Meinung, dass die Regierenden die wirklich Mächtigen sind. Sie sind – mehr oder weniger – Statthalter von Interessen. Echte Alleinherrscher sind in der Geschichte höchst selten. Dass die Gewalt vom Volke ausgeht, stimmt insofern, als zu diesem „Volk“ eben auch die wenigen großen und vielen kleinen Interessen gehören, die Einfluss auf die Regierenden nehmen möchten bzw es auch tun. Wenn sehr viele, kleine Interessen ihren Einfluss direkt ausüben, haben wir eine Klientelherrschaft, wie zB in Griechenland. Sind nur die sehr großen Interessenvertreter in der Lage, dies zu tun, haben wir eine Art korporativer Diktatur. dazwischen gibt es viele Mischformen.
      Sogar die früheren Könige mussten übrigens auf Interessen Rücksicht nehmen, zB der deutsche König, der vom Wohlwollen seiner Kurfürsten und der Zahlungswilligkeit der großen Handelshäuser abhängig war. – gar nicht zu reden von den internationalen Abhängigkkeiten.
      Herrschaft – ein komplexes und sehr wichtiges Thema. Kein Wunder, wenn es mir schwer fällt, dafür den richtigen Bild-Ausdruck zu finden.

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  7. Random Randomsen schreibt:

    Welchen Herrscher soll man wählen? Das ist gar nicht so einfach, hier ein Macht-Wort zu sprechen. 😉
    Letztlich überzeugt mich aber für den Tarot-Deck Zweck die erste Version am meisten. Beispielsweise kommt hier das Zeitungs-Gewand am deutlichsten zur Geltung. Die Zeitungen haben ihm zu seinem Aus- bzw. Ansehen verholfen. Vielleicht hat er sie aber auch ganz geschickt zu diesem Behuf benutzt? Es sind ja auch Schnipsel, nichts Zusammenhängendes. Irgendwie auch symbolisch: nie die ganze Geschichte erzählen, sondern nur das, was gerade ins Bild passt. Auch ist die erste Version das einzige Bild, bei dem man rechts oben so etwas wie eine dunkle Gestalt ausmachen kann. Vielleicht einer, der, den Dolch im Gewande, auf des Herrschers Untergang sinnt? Oder ist es die graue Eminenz, die den durch die Legetechnik eh etwas marionettenhaft wirkenden Herrscher steuert? Auch kommt in dieser Version die Haltung besonders gut zum Ausdruck, durch die er versucht, seinen (zu?) großen Sitz auch gänzlich auszufüllen. Alles in allem ein zeitlos-zeitgemäßes Bild für verschiedene Aspekte der Macht.

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Random, für deinen Kommentar, der mich völllig überzeugt. Macht ist etwas Zusammengestücktes und Gesichtsloses. das mal von dem einen, mal von einem anderen Sterblichen verkörpert wird, wobei die Presse keine unwesentliche Rolle spielt. Aber was wiederhole ich hier, was du so viel besser formuliert hast? Also danke!

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  8. Ule Rolff schreibt:

    Randoms mediale Überlegungen ebenso wie die Gedanken zur „grauen Eminenz“ will ich nicht paraphrasieren, sie passen einfach. Aber dem Herrscher eine Maskenauswahl in die Hand zu geben, die er je nach Kontext verwendet, spiegelt auch die Realität. Das lässt sich gewiss auch kombinieren.

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  9. michaelcarljohanns schreibt:

    Ich bin von Deinen Karten beeindruckt.🙂👍

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  10. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Je mehr ich lese, um so mehr muß ich überlegen, liebe Gerda
    die erste Version links fand ich auf Anhieb ganz wundervoll.
    Deine gerissenen Zeitungsschnipsel passen und ordnen sich unter. Er könnte der Herrscher
    mit der goldenen Maske sein, die er nur lüftet, wenn er sehr leicht gestimmt ist und sich als Mensch zeigen möchte, denn das ist er auch. Er trüge die Maske vielleicht nur, wenn er Recht spricht.

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  11. gkazakou schreibt:

    danke von Herzen, liebe Bruni. Ein feiner Kommentar. Du meisnt also, ich soll entweder die erste Fassung oder die mit der goldenen Maske nehmen?

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  12. www.wortbehagen.de.index.php schreibt:

    Ich würde der ersten Fassung die goldene Maske in die Hand geben, damit er sie bei Bedarf aufsetzen kann

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