Du musst es dreimal sagen, damit etwas wirkt. Also setzte ich mich heute nochmal hin, um einen anderen Abschnitt von Dürers „Hl. Hieronymus im Gehäus“ abzuzeichnen: den Löwen. Ich war gespannt, wie Dürer vorgehen würde, um ein wildes Tier zu zeichnen. Nun, das zu Füßen des Hieronymus lagernde ist natürlich nicht wild, sondern äußerst zahm, und so hat es auch eine sehr schmucke Mähne, die sich in endlos vielen Löckchen wellt und über seinen Leib ergießt.
Es war eine Herausforderung an meine Geduld – und nicht nur. Denn Dürer arbeitet auf der Platte ohne Konturen. Finde dich mal zurecht, wenn du ein so komplexes Wesen zeichnen sollst, ohne vorher jedenfalls die Konturen anzudeuten! Aber nun, ich tat, was ich konnte. Und lernte eine Menge dazu.
Nicht herausfinden konnte ich, wo Dürer und seine Zeitgenossen Löwen studierten, um sie naturgetreu wiederzugeben. Gab es schon ausgestopfte Tiere? Gab es Zoos? Lernten sie von den griechischen Bildhauern und Vasenmalern, die damals in Rom grad wiederentdeckt worden waren? Jedenfalls ist der Hl Hieronymus oft in Begleitung eines Löwen dargestellt worden, der dem Heiligen folgte, nachdem dieser ihn von einem Dorn im Fuß befreit hatte.
Zum Abschluss dieser Übungsreihe möchte ich meine drei Zeichnungen noch einmal zusammen mit Dürers Meisterwerk zeigen.
Ich glaube, Dürer zu kopieren ist eine verdammte Herausforderung! Du hast sie angenommen und das bewundere ich!
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Danke, Piri. Die klaren kalkulierten Linien von Dürers Kupferstichen sind eher einfach zu kopieren, im Vergleich zu, zB, Rembrandts sehr spontanen Zeichnungen. Ich habe es genossen. Es beruhigt.
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vielen dank, liebe gerda,
für diese spannende übungsreihe
von der SEHR dürer-affinen
pega ❤
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Danke dir, Pega. Je älter ich werde, desto mehr fasziniert mich Dürer. Früher war ich eher Rembrandt-Fan (den ich freilich immer noch mehr LIEBE).
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Phantastisch!
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dankeschön, Alice! 🙂
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Well done, ich kopiere auch gerade Kinderbuchillustrationen in verschiedenen Stilen zu Übungszwecken, dabei kann man wirklich sehr viel lernen. Und ich dachte doch tatsächlich, dass man das nicht machen dürfe, so ein Quatsch. Den eigenen Stil entwickelt man dann schon irgendwann.
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Liebe Paula, ich zeichne und male schon sehr lange, drum habe ich um meinen eigenen Stil keine bange. Das Kopieren schärft den Blick und man lernt, wie andere eine Aufgabe gelöst haben. Am besten, man nimmt sich die ganz Großen vor, da lernt man am meisten. Wichtig ist natürlich, nicht nur zu kopieren, sondern auch eigene Themen zu entwickeln und vor der Natur zu zeichnen.
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„Schärft den Blick“, das ist es!
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❤
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In den früheren Malerwerkstätten gehörte das Kopieren zum Handwerk, zu den Lehrjahren dazu und ich kenne fast keinen großen Maler, der nicht kopiert hat, weil er in die Bilder eindringen wollte, um für sein eigenes Schaffen etwas zu lernen. Selbst Hockney übte sich noch darin. In seinem grandiosen Buch Geheimes Wissen (verlorene Techniken der Alten Meister wieder entdeckt) schreibt er ausführlich darüber.
zum Löwen bei Dürer schaust Du hier:
http://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/duerer/#s0Pferd und Löwe
„Das Tier in den Meisterstichen Ritter, Tod und Teufel und Hieronymus im Gehäus
Das Tier als Darstellungsobjekt im Werk Albrecht Dürers findet sich von den frühsten Arbeiten an bis zu seinem späten Oeuvre sowohl in Zeichnungen und Druckgraphiken als auch in der Malerei wieder. Zu den bekanntesten Werken zählen heute Der Feldhase (1502), Der Hirschkäfer (1505) und Der Flügel einer Blaurake (1512).
Gemeinsam scheint allen Arbeiten der bildhafte Charakter. Grundsätzlich muss zwischen den reinen Naturstudien und den konstruierten Arbeiten differenziert werden.
Zu letzterer Kategorie kann der Löwe des Meisterstichs Hieronymus im Gehäus gezählt werden. Dürer komponiert das Tier aus unterschiedlichsten ihm überlieferten Vorlagen. Erst während seiner Niederländischen Reise der Jahre 1520/21 hatte Dürer die Möglichkeit, einen lebenden Löwen zu sehen und Studien nach der Natur anzufertigen. Dabei ist entscheidend, dass der Erkenntnisgewinn jetzt auf eigenen Beobachtungen eines lebenden Objektes basiert. „
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das habe ich im gleichen Link auch noch gefunden:
Zwei Löwenstudien, Um 1521
Silberstift auf weiß grundiertem Papier
KdZ 33 verso
Während der niederländischen Reise der Jahre 1520/21 konnte Dürer vermutlich zum ersten Mal lebende Löwen im Prinzenhof der Grafen von Flandern in Gent studieren und hielt diese in seinem Skizzenbuch fest. Dazu notierte er in seinem Reisetagebuch „Darnach sahe ich die Löben und konterfeit einen mit den Steft“. Zuvor orientierte sich Dürer für seine Löwendarstellungen an Skulpturen und Zeichnungen bekannter Künstler und griff dabei auch auf Motive zurück, die er in den Jahren 1494/95 während seiner Reise nach Venedig gesammelt hatte. Eine weitere Zeichnung eines einzelnen Löwen befindet sich heute in der Albertina in Wien..
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Karin, ich danke dir sehr für deine Hilfe. Ich habe gestern vergeblich gesucht. So ist das also: er hat den Löwen des Hieronymus „konstruiert“ aus diversen Vorlagen, teilweise von seiner italienischen Reise heimgebrachten, und das Ergebnis ist so lebensecht. Erst später konnte er einen lebenden Löwen sehen und zeichnen, Da tut sich mir nun eine ganze Epoche auf, und wie sie gerungen haben, um ihre Bildvorstellungen umzusetzen. Das Buch von Hockney kenne ich nicht, es klingt verheißungsvoll. DANKE, DANKE!
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hier eine Besprechung zum Hockneybuch, das ich gleich damals bei Erscheinen erstanden habe und das aber auch kontrovers disktutiert wurde:
https://www.welt.de/print-wams/article616691/Sehen-lehren.html
Vermutlich hat Dürer auch Werke oder die Skizzenbücher von Pisanello gekannt, der vor allem auch durch seine Tiermalereien bekannt war, die sich durch große Naturtreue auszeichnen. Dort hatte ich in meinem Kunstband über ihn gestern zuerst nach einer Vorlage für den Löwen gesucht, bevor ich dann im Netz auf den anderen Link stieß.
Lieber Stöbergruß zu Dir, Karin
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Danke, Karin, auch für diese interessanten Ergänzungen. An Pisanello und seine außerordentlichen Naturstudien dachte ich auch schon, war mir aber nicht über die Jahreszahlen sicher. Aha! * 1395 in Pisa; † um 1455 in Rom, Dürer * 21. Mai 1471 in Nürnberg; † 6. April 1528. Sieh mal an. Ist doch gut, sich immer mal wieder die Daten anzuschauen.
Die Besprechung über Hockneys Buch las ich nun auch, und sie machte mich noch neugieriger. Da kann ein Kunsthistoriker (?) es offenbar nicht lassen, auf den kunst-historierenden Maler ein hämisches Auge zu werfen. Mir liegt der Ansatz von Hockney, denn ich finde es überhaupt nicht verwerflich, sondern ganz im Gegenteil höchst vernünftig, sich der vorhandenen Techniken zu bedienen und sie womöglich weiterzuentwickeln. Der Nimbus des Genies ist mir hingegen suspekt.
Angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten finde ich es allerdings richtig, die verwendeten Hillfsmittel offenzulegen und nicht mit „genialen“ Werken zu prunken, die klug inszeniertes Handwerk sind.
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Große klasse, liebe Gerda!
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Danke, Ulli!
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Wow, was muß das für eine Arbeit gewesen sein, liebe Gerda. Jedes Löckchen mußte getrichelt werden… wie lange hast Du denn dafür gebraucht?
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Naja, es war schon eine Geduldsprobe für einen modernen eiligen Menschen. Doch so schön wie die von Dürer wurden die Löckchen nicht.
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Ich finde sie ganz wundervoll, liebe Gerda!
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