Die fünfte Station auf meiner kleinen Reise in die Welt der Insekten führte mich zu einem prächtigen Tagpfauenauge, das Puzzleblume auf dem Schmetterlingsflieder sah und ablichtete. Tatsächlich sah sie weit mehr als eins. Zwei sind auf ihrem Foto zu sehen, eins habe ich mit drei Kulis in schwarz-blau-rot abgezeichnet, das zweite nur angedeutet. Weitergearbeitet habe ich dann nur mit dem Bildausschnitt.
Und was war heute die leitende Idee? Wir wissen, wie wir den Schmetterling sehen – aber wir wissen nicht wirklich, wie der Schmetterling seine Welt und uns wahrnimmt. Recht gut begründete wissenschaftliche Vermutungen gibt es natürlich. Ule und Gerhard haben dankenswerter Weise im Kommentarstrang zu https://gerdakazakou.com/2019/09/06/fliegen-nachschlag-zwei-foto-collagen-aus-digital-bearbeiteten-zeichnungen-2019-09-06/ interessante Hinweise gegeben. Von Ule kam dann auch der Vorschlag, mit Rastern zu arbeiten, um sich so an die aus vielen Einzelbildern zusammengesetzten Wahrnehmungen von Insekten anzunähern.
Es handelt sich im folgenden nicht um wissenschaftliche, sondern intuitive Annäherungen. Ich habe keine Ahnung, welche Lösung der Wirklichkeit am nächsten kommt.
1. Serie: Tagpfauenauge und sein Wahrnehmungs-Feld.
2. Serie: Raum. Perspektivisches Sehen (Foto) – in der Wahrnehmung des Schmetterlings.
3. Serie: Größenverhältnis/Beziehung zum Raum. Der Schmetterling mit meinen Augen /die Welt mit den Augen des Schmetterlings
4. Serie: Ich sehe den Schmetterling – der Schmetterling sieht mich.
Das ist ja wieder mal viel. 🙂
Die letzten zwei Darstellungen mit dir sprechen mich am meisten an.
Wenn es Pointillismus ist, was der Schmetterling sieht, dann ist das fast eine lyrische Sicht. Mir gefällt der Gedanke, dass sich der Schmetterling in einem Gewebe bewegt.
In jedem Fall wird er, durch alle physikalischen Felder, die er zu lesen weiss, ein feines und strukturiertes Bild vor sich haben. Vielleicht vereibfacht: dunkelblaues eck= Gefahr, starkes gelb= hohe Konzentration an Nährstoffen ect.
Da wir nicht wissen, wie stark das Bewusstsein des Schmetterlings ist, weiss man nicht, was er wahrnimmt und was er automatisch erledigt.
In jedem Fall ein prächtiger Beitrag
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Danke, Gerhard, auch wieder für deine interessanten Gedanken. Vermutlich können wir uns der Wahrnehmung anderer Lebewesen – auf der Basis von Forschungen natürllich – nur intuitiv annähern. Im Grunde wissen wir ja nicht einmal, wie unser Mitmensch sieht, der vergleichbare Organe hat.
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Wie du in der dritten Serie den Schmetterling vor eine malerische Arbeit setzt, in der die Farbspuren entgegen der Schwerkraft verlaufen, finde ich eine geniale Betonung der Leichtigkeit des Schmetterlings, Gerda!
Sich in die Sichtweise eines anderen Lebewesens versetzen, das ist wirklich schwierig, sogar innerhalb unserer eigenen Art, wie du schon sagst. Ohne Gedanken an richtig oder falsch kann ich deinen Rasterüberlegungen intuitiv ohne Widerstand folgen. Du wählst überwiegend eine Mischung aus Facetten und linearen Strukturen, die eine Überschreitung der reinen Funktionalität des Sehoegans andeuten. Also mehrere Wahrnehmungskanäle des Insekts einbeziehen, die womöglich sogar wichtiger sind für das Tier als der visuelle.
Wie bei uns eigentlich: wir beteiligen beim Sehen doch auch viel mehr als nur die Augen plus zugehöriger Gehirnabteilung.
Deinem Pfauenauge bin ich sehr gerne gefolgt aus dem kleinen Rundflug.
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Tatsächlich, Ule, habe ich den Farbspuren-Untergrund, der selbst zu dem ,großen Bildnis eines Mannes gehört, für die Schmetterlingscollage um 180 Grad gedreht. Und du hast es bemerkt und so richtig interpretiert!! Ich selbst habe es natürlich intuitiv getan: die absinkenden Farbspuren gefielen mir nicht für den heiteren Schmetterling. Tolll auch deine Bemerkungen zur Wahrnehmung des Insekts – ja, Gerhard hatte besonders auf die Komplexität aufmerksam gemacht, und dass es ein Fehler wäre, sich das Sehen des Schmetterlings nur durch die Physiologie des Facettenauges zu deuten. Ich hatte sehr viele Versuche gemacht, darunter viele starr-geometrische oder einfach-kristalline Strukturen, schließlich wählte ich diese drei aus, die mir das (für unser Sehen) unstete, leicht taumelnde Fliegen des Schmetterlings anschaulich machte. Er fliegt ja nicht gradlinig auf sein Ziel zu, doch andererseits wird er auch nicht vom Wind getrieben wie ein Blatt, Vielmehr scheint er seinen Flug ständig mit einem für uns unsichtbaren unregelmäßigen Kraftfeld zu koordinieren. Diese Art des Fliegens beschreibt Herr Glumm, den ich hier unten im Kommentarstrang ausführlicher zitiere: „sie ruckeln hin und her, als hätten sie es an den Nerven“. So macht er sich einen Reim auf die anscheinende Unlogik des Schmetterlingsflugs. Welche Flugbahnen dem Schmetterling aber tatsächlich vorschweben, welchem Muster er folgt – das können wir höchstens erahnen.
Die vierte Serie, die du nicht erwähnst, hatte ich für dich gemacht: zum wechselseitigen Sehen von Mensch und Schmetterling.
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Explizit erwähnt habe ich sie nicht, aber sie war der Auslöser zu meinen kurzen Bemerkungen über das wechselseitige Verständnis der Wahrnehmung zwischen den Arten und sogar zwischen Individuen derselben Art. Ich habe darüber nachgedacht, warum du dich in so ein bläuliches Cyan gesetzt hast, um das Pfauenauge zu betrachten.
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Dass du bei deinem Beitrag an mich gedacht hast, freut mich sehr. Danke, liebe Gerda.
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diese Farbe „entmaterialisiert“ die Betrachterin und betont, dass sie physisch kaum mehr da, sondern in ihrer Gedankenwelt versunken ist. Der Fokus ist ganz auf das farbige Wesen vor ihren Augen gerichtet. Ästhetisch gesprochen: das schattenhafte Ich macht dem Schmetterling farblich keine Konkurrenz
Apropos: warum hast du ein so statuen-puppenhaft bleiches Avatar gewählt? Es lächelt und winkt, aber ach, kein Blut rinnt durch seine Adern.
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Dieses Verständnis des Blau finde ich sehr interessant und nachvollziehbar. Ob das „Keine-Konkurrenz-machen“ so funktioniert, weiß ich nicht (bei mir in diesem Fall nicht), ich würde in solchen Fällen eher zu Entsättigung der Unschärfe greifen, darum habe ich deine Entscheidung aus meiner Gedankenwelt heraus auch wahrscheinlich nicht verstanden.
Mein Avatar? Ist ein kleines Solarpüppchen, das in einer Ecke meines Gartens winkt. Gewählt habe ich es zum einen als Ironisierung des Avatars als Ausdrucksform an sich ( er kann mich so wenig ausdrücken, wie meine Meinung auf einen Button auf dem Pulli passt), passte auch zu meinem Wunsch, mein Abbild so weit wie möglich aus meinen Netzaktivitäten herauszuhalten. Dies hat allerdings rückblickend nicht so sehr konsequent funktioniert.
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Ich muss hier unbedingt loswerden, was ich eben bei Studio Glumm (https://glumm.wordpress.com/) las:
„Ich weiß nicht genau, was es zu bedeuten hat, wenn einem früh am Morgen in Höhe des Sportplatzes ein kleiner weißer Schmetterling vors Schienbein knallt. Er schüttelt sich und fliegt weiter, als wäre nichts geschehen, als wäre überhaupt kein Schienbein kurzfristig im Weg gewesen. Als wäre ich als Hindernis eher zu vernachlässigen für kleine weiße Schmetterlinge. Ich bin hier scheinbar der einzige, dem die Sache zu denken gibt.
Verdutzt schaue ich dem Schmetterling hinterher, aber mit dem Schmetterling-Hinterhergucken ist das so eine Sache. Die Burschen sind grundsätzlich im Zickzack unterwegs, sie ruckeln hin und her, als hätten sie es an den Nerven, als feierte eine Wackelkamera ihre Actionhelden in BUTTERFLY UNIVERSE III“.
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Solche Beobachtungen weisen uns überhebliche Naturelemente unsere Grenzen ☺. Dieser Taumelflug ist wirklich seltsam und für Fotografen eine echte Herausforderung.
Nebenbei gehört die Taumelei ein wenig in dein Thema „Mimikry“: sie ist ein toller Schutz vor Fressfeinden. Jeder Vogel, der meint, sich den Falter mal kurz aus der Luft schnappen zu können, indem er die voraussichtliche Flugbahn einkalkuliert, greift sehr wahrscheinlich ins Leere. Nur Hornissen scheinen da schlauer zu sein: unser Nachbar erzählte kürzlich, er habe eine Hornisse beobachtet, die sich im Sturzflug einen Kohlweißling schnappte und ihn sofort in zwei Teile zerbiss. Dann kam sie zurück, um die Beute abzutransportieren.
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erstaunliche Beobachtung. Was Mimikry anbelangt, so erinnere ich mich aus der damaligen Lektion (1961!) an einen afrikanischen Falter, der eine giftige Art „nachahmt“ und sich so vor Fressfeinden schützt, obgleich er selbst höchst schmackhaft ist. Er ist groß und bunt und sieht gefährlich giftig aus, fliegt provokativ langsam und narrt die Vögel.
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Ja. Oder der Marienkäfer, die Feuerwanzen uä: rot mit schwarzen Punkten = Vorsicht! (Giftig, eklig, gefährlich)
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lass dir durch den Regen die gute Laune nicht vermiesen, Klaus
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Mich fasziniert auch die 4. Serie. Wie wohl ein Schmetterling einen Menschen wahrnimmt. Sicher nicht als „Krone der Schöpfung“ 🙂
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Sicher nicht als Krönung der Schöpfung. warum auch? Mensch hat nicht mal Flügel, Und kann er sich zu Lebzeiten verwandeln? Nein, er wächst nur und schrumpft und stirbt dann wie jedermann. Und sein Leichnam stinkt, weshalb man ihn in der Erde verscharrt. Puh! Nicht mal einen Taifun kann er auslösen – oderrr?
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Also in puncto Verwandlungsfähigkeit ist der Schmetterling dem Menschen haushoch überlegen 🙂 Die Sache mit dem Taifun *lach* darüber kann man streiten
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Liebe Gerda! Deine Verwandlungen und neuen Perspektiven… des Tagpfauenauges finde ich w u n d e r s c h ö n! Um die Schönheit des Schmetterlings – im Kontrast – noch stärker hervorzuheben, hast Du Dich selbst ganz zurückgenommen. Du wirkst da älter als Du bist. Behalte Dir Deine Freude an der Schönheit der Natur , und staune und lausche ( nach innen ) und entfalten Deine Fähigkeiten! Der Schöpfer der Schmetterlinge schuf auch den Menschen, als „Krone“. Dadurch steht er nicht automatisch höher, auch nicht tiefer, sondern ist noch freier , die Wege zu wählen… Wie schön ist das! Doch auch wie verantwortungsvoll! Mach’s weiter gut und bleibe heiter!😊
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Danke für deine lieben Worte, Gisela. Was „den Schöpfer“ anbetrifft, so weiß ich da nicht wirklich Bescheid und enthalte mich des Urteils.
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Über die unterschiedliche Sichtweise habe ich auch schon des öfteren sinniert, aber noch nie habe ich versucht dies in einem oder in mehreren Bildern darzustellen, so, wie du es hier getan hast, sehr inspirierend! Einmal schrieb ich u.a. über das Facettenauge der Libelle und setzte darunter ein Facettenbild, vielleicht hast du ja Lust es dir anzuschauen, obwohl du diesen Beitrag bestimmt kennst …?
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Klar habe ich Lust dazu! Ich gehe gleich mal hin.
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freu 🙂
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das Foto ist klasse (die Einbettung in die Geschichte auch). Mir scheint, dass die Brücke vibriert, weil die Tram rüberfährt. Und außerdem verschieben sich die Pfeiler durch die Geschwindigkeit. Von der Libelle hat es vielleicht weniger, weil das Technische bestehen bleibt. Aber die Analogie – dass jeder Moment dreitausendfach zusammengesetzt ist und sich alles bei jeder Bewegung, in Sekundenbruchteilen verschiebt, wie die Bilder im Kalaidoskop, ist inspirierend.
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aaah, du hast auch hier kommentiert, ich habe dir gerade „drüben“ geantwortet …
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