Das Kamel und das Nadelöhr – Vorbemerkungen zum Wort ΕΓΩ/Ich.

War der Beitrag zu Ω wie Ώπης / Opis nun das Ende meines Alphabets des freien Denkens? O nein!! Der Ullis schrieb ich dort: Liebe Ulli, dieser Bogen zwischen Alpha und Omega, zwischen ‘Ανθρωπος/Mensch und Ώπης / dem Versprechen, alle Menschen zu ehren und zu würdigen, unabhängig von Rasse und Herkunft und Stand – den hast auch du inspiriert mit deinem mutigen Träumen. Und so war der letzte Eintrag eine kleine Verbeugung vor dir. „Soweit es an mir liegt“, sagt Alexander, sage ich, sagst du, will ich das Verspechen halten. Das ist schon mal gut und ein Schritt in die richtige Richtung.
Ich habe aber vor, noch einen zweiten Eintrag zu Omega und einen zum ausgelassenen Theta zu machen, denn ich mag zwar den Kreis, aber nun muss der Faden durch das Nadelöhr des Ich weitergeführt werden in die Zukunft. …
Nun denn: das Nadelöhr, durch das das „Kamel“ schreiten muss, wenn es zum Paradiese gelangen will … dieses Nadelöhr ist das ΕΓΩ/Ich. „

Über dieses EGO denke ich nun weidlich nach – es ist ja keine einfache Sache damit.
Die ganze Welt muss durch dies kleine enge Ω, diesen ausatmenden Laut des ΕΓΩ, hindurchgefädelt werden ….
Kurzum, ich brauche Zeit, um all das zu durchdenken. Und so legte ich mir, nachdenkend, heute erst mal die Parabel vom reichen Mann, dem Kamel und dem Nadelöhr.

img_9738Der reiche Mann ritt auf seinem Kamel durch die Wüste, auf der Suche nach dem Paradies. Plötzlich blieb das Kamel stehen und rührte sich nicht mehr vom Fleck. Denn vor ihm ragte ein Ding aus dem Sand, das es nicht kannte. Nie zuvor gesehen. Es war, wie du natürlich längst begriffen hast, das berühmte Nadelöhr.

img_9739Der Mann stieg vom Kamel und beäugte das Ding. Da hörte er eine Stimme aus den Höhen, die sagte laut und deutlich: „Eher wird dein Kamel durchs Nadelöhr marschieren, als dass du ins Paradies kommst. Versuchs nur, du wirst ja sehen, was du davon hast. Gib deinen Besitz den Armen – dann sprechen wir uns wieder.“

Der Mann sann auf einen Ausweg. Denn das Paradies -das wollte er schon gern erreichen! Aber seine Habe weggeben? Das denn doch nicht. Also sagte er zum Kamel: „Du musst vorangehen. Wenn du da durchmarschierst, kann ich mein Geld und auch dich behalten.“

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Das Tier, das seinem Herrn treu ergeben war und keineswegs Lust hatte, in fremde Hände zu fallen, bemühte sich ehrlich. Doch so sehr es sich auch verdünnte und verformte, es konnte nicht durch das Nadelöhr hindurch, denn dieses wich vor ihm zurück.

Tja, und so blieb es, wie es war. Die beiden – Herr und Kamel – erstarrten allmählich unter den bitteren Wüstenwinden und wurden zu rostigem Eisen. Vielleicht ziehst du ja mit deiner Karawane irgendwann einmal vorbei, dann siehst du, dass ich die Wahrheit sage.

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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14 Responses to Das Kamel und das Nadelöhr – Vorbemerkungen zum Wort ΕΓΩ/Ich.

  1. Schön blöd war der Kamelreiter, denn im Paradies braucht man keine Habe oder Besitztum!
    Die Moral der Geschicht, sei nicht blind vor Gier, denn mitnehmen kannste nüscht!

    Toll Deine Legearbeiten dazu!

    ❤ Grüße Babsi

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  2. Avatar von Ulli Ulli sagt:

    Eine feine Parabel ist es, ich kenne sie nicht, wenn auch durchaus die Metapher von dem Kamel und dem Nadelöhr und ja, ich schrieb es ja schon immer mal wieder, auch wir müssen hin und wieder durch ein Nadelöhr, wenn wir weiterkommen wollen, da kann das Ego dann zetern und das tut es ja dann auch! Nun kommt es darauf an, wohin ich höre, ob auf das Gezeter, das ja laut genug ist und sowieso nix hergeben will oder ob auf Herz und Verstand und dann wache ich irgendwann auf und schwupps bin ich hindurch. Vielleicht musste ich mich erst ganz nackend machen und keinen anderen Weg mehr sehen, bis dass das Ego überlistes ward …
    liebe Gerda, ich liebe auch diese Bilder sehr, ich musste lachen bei all der Verbiegerei und staunte ob der Erstarrung-
    fröhlich schauen die neuen Legebilder aus, ich glaub das macht ihr himmelblauer Hintergrund, der die anderen Farben so schön leuchten lässt, als wäre es ein mittelmeeriger Frühfrühlingshimmel-
    herzliche Nachtgrüsse
    Ulli

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Danke, Ulli! Dass die Bilder fröhlich wirken, liegt daran, dass ich, damit der kleine Prinz und der Fuchs dem kleinen Bären einen tröstlichen Besuch abstatten konnten, einen Block mit farbigen Blättern besorgt habe. Es gefällt mir grad auch sehr gut, zumal meine aktuellen Schnipsel im Rot-Orange-Bereich liegen. Dieser Grund ist grün-tonig, anders als die vorigen, die blau-tonig waren. Doch ist der Bogen nur halb so groß wie die schwarzen oder weißen Pappen, und die geschnittenen Bildstücke sind sogar größer als sonst – das ist eine ziemliche Herausforderung, viel schwieriger. Und so freu ich mich doppelt, dass es dennoch gelingt.
      Ich grüße dich von Herzen! Gerda

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Übrigens, liebe Ulli, die Parabel konntest du gar nicht kennen, die habe ich mir ausgedacht 😉

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      • Avatar von Ulli Ulli sagt:

        hab ichs mir doch gedacht 🙂 und dann dachte ich, ach Quatsch, ich kenn die nur nicht… so viel zu meiner Folgsamkeit meinen Intuitionen gegenüber…
        liebe Gerda, es ist dir gelungen mich aufs Glatteis zu führen!
        schmunzelnde und herzliche Grüsse sende ich dir heute wieder vom Sonnenberg
        Ulli

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  3. Avatar von kowkla123 kowkla123 sagt:

    das hat mir richtig gut gefallen, nimm dir die Zeit und ruhe dich aus

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