Von Dimitsana habe ich schon des öfteren erzählt, habe auch eine Menge Fotos und Skizzen eingefügt (zB hier oder hier oder auch hier). Es ist „das Dorf“ meines Mannes. Griechen haben, so scheint mir, fast alle „ihr Dorf“, aus dem ihre Vorfahren stammen und dem sie auch dann die Treue halten, wenn sie selbst in der Großstadt aufgewachsen sind. Und wenn es ein so besonderer Ort wie Dimitsana ist, mache ich auch gern mit dabei.
Es ist ein Ort für Wanderer. In den letzten Jahren haben auch die Griechen das Wandern für sich entdeckt und ziehen mit Kind und Kegel los, um ihre eigene Heimat per pedes zu erkunden. Na ja, die weiten Strecken zwischen den Sehenswürdigkeiten legt man natürlich eher mit dem Auto zurück, aber auch so ist es sinnvoll, sich zünftig mit Wanderschuhen, kleinem Rucksack und wetterfester Jacke auszustaffieren. In den arkadischen Bergen, in 1000 m Höhe – denn so hoch liegt Dimitsana – muss man auf jedes Wetter gefasst sein.
Der Sehenswürdigkeiten sind viele, allen voran das ausgezeichnete Wasserkraftmuseum. Mit dem starken Strahl eines Zuflusses des Loussios wurde früher nicht nur das Korn gemahlen, sondern auch das Leder bearbeitet und gefärbt und das Schießpulver zermahlen. Das Wasser einer Quelle – überbaut von einem Kirchlein – bewässert zunächst die Wurzeln gigantischer Platanen, wird dann über einen offenen Kanal weitergeführt, geteilt und stürzt in zwei Wasserfällen hinab, durchläuft eine Reihe von gut rekonstruierten Anlagen, und als ein Angestellter die Pulvermühle in Gang setzt, fangen die hölzernen Kolben ohne weitere Antriebskraft an zu arbeiten und zu stampfen.
Dimitsana hat sich in den Jahren des Befreiungskampfes gegen das Osmanische Reich (Anfang 19. Jahrhundert) den Ruf des wichtigsten Schießpulverlieferanten der Aufständischen hart erarbeitet. Denn die Herstellung von Pulver war äußerst mühsam, beginnend bei den Beschaffung der Grundsubstanzen. Zum Beispiel das Nitro (Salpeter): Einzige Quelle waren tierischer Kot und vermodernde Pflanzenteile an gekalkten Wänden und Böden. Die Nitro-Sammler waren eine besondere Berufsgruppe, die mit Schaufeln und Kehrblechen herumzogen. Bis es gereinigt, mit Schwefel und Holzkohle vermischt und zu gebrauchsfertigem Pulver verarbeitet war, waren viele Arbeitsgänge nötig, die im Falle der clandestinen Pulverherstellung mit großen Gefahren verbunden waren. Denn die herrschenden Mächte waren natürlich darauf erpicht, ihr Pulver-Monopol nicht zu verlieren.
Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit gab es genügend Museumsbesucher, vor allem Familien mit Kindern und ganze Schulklassen, denen hier in guter Anschaulichkeit vermittelt wird, wie ihre Vorfahren das fürs Leben Notwendige produzierten. Nachdem ich die Abteilung „Leder“ durchforscht hatte, schaute ich mit neuer Achtsamkeit auf meine Schuhe. Und auch als ich weiterzog, um einem nahegelegenen Kloster einen Besuch abzustatten, wanderte dies Bewusstsein mit. Ich sah die Menschen vor mir, die einst Wege in die steilen steinigen Hänge gehauen hatten, und ich fühlte Bewunderung aufsteigen. Denn sogar auf dem gebahnten Weg wurde mir das Wandern mühevoll. ….


Letzthin hörte ich ein Kalenderblatt (DLF) über Alfred Nobel ( der ja das Dynamit erfunden haben soll).
Nobel war von erstaunlicher Nüchternheit über sein Lebem (einsam und bedeutungslos), hinterlies aber mit einer Stiftung zur Ehrung von Wissenschaft etwas sehr Wesentliches.
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Tja, der Mensch und seine Taten. Ohne Dynamit ist unsere moderne Infrastruktur kaum denkbar.
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Es muß ein ganz besonderes Dorf sein, liebe Gerda, und nicht nur wegen der wunderschönen Fotos, die Du dort gemacht hast.
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Da gebe ich dir recht, Bruni: ein ganz besonderes Dorf. Früher war es eine Stadt, keine große zwar, aber bedeutend wegen seiner Lage im Zentrum Arkadiens, wo die Handelswege sich trafen.Heute kann man sich das nur noch schwwer vorstellen.
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Märchenhaft hört sich das an, Gerda
Das Zentrum Arkadien – und dort wurde dein Mann geboren
Handelswege die zusammentreffen. Menschen aus vielen Ländern treffen sich. Die Welt wird weit und weiter…
Aber es dauert und wird wohl nie ein Ende haben
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Schön sagst du das. Aber mein Mann wurde nicht dort geboren, sondern sein Vater. Der ging, als erster seiner Geschwister, nach Athen, denn dort in den Bergen herrschte die Armut. In Athen wurde dann mein Mann geboren, das war im Hungerwinter während der deutschen Besatzung, 1941.
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Aber er hat seine Wurzeln in Dimitsana …liebe Gerda
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Ja, unbedingt! Es ist seine eigentliche Heimat, obgleich er nur selten dort war.
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