Der Mensch und das Meer – apokalyptisch (Myriades Impulswerkstatt)

Dieses Bild, liebe Myriade, ist mir ein Rätsel geblieben. Soviel ich es auch drehte und wendete, ich wurde nicht schlau draus. Sind das Boote, die das wässrige Element fliehen und sich zu retten zu suchen? Ein Fisch, links im Bild, verfolgt sie mit aufgerissenem Maul, und andere Wasserwesenheiten – Wasserschlange, Wassergeist, Tintenfisch – schicken ihnen ihren stummen Fluch hinterher.

Wenn es denn so ist. Wenn es nicht gerade umgekehrt ist: das linke Boot geht mit Volldampf zu Wasser, der Fisch ist empört, reißt das Maul auf, lässt sich ein auf einen Kampf auf Leben und Tod.

Auf jeden Fall ist das Bild sehr dynamisch, bewegt, und ist damit den anderen dreien verwandt. Die zeigen ebenfalls Bewegung, freilich in weniger dramatischer Form: der junge Mann läuft, das Meer zieht sich zurück, das Hologramm löst sich auf, der Verkehr rollt. Und nun, hier, ein Katastrophenbild, in dem Mensch und Gewässer sich bekämpfen. Jedenfalls lese ich es so.

Und so lese ich es auch aktuell, wenn ich die Motorboote mit großem Lärm übers glitzernde Meer flitzen sehe und mich schwimmend zu retten suche. Bei uns ist ja Sommer-Hochkonjunktur, und wer kann, geht zu Wasser. Die Fische, im Sommer eh nur in geringer Zahl unterwegs, landen auf den Tellern der immer hungrigen Touristen. Ich nehme mich da gar nicht aus, auch mir schmecken sie. Dass ich nicht über das Meer flitze, liegt eher daran, dass ich kein Boot zur Verfügung habe, und ist weniger höherer Einsicht zu danken. Ja, so sind wir Menschen: wir denken an unser Vergnügen, da können die Meeresbewohner ihre stummen Schreie ertönen lassen, so viel sie wollen.

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Aber sie sind da. Sie sind da und denken über ihre Revanche nach, täuschen wir uns da lieber nicht.

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Die lustige Fahrt geht so lange, bis das Ruder bricht.

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Dann wird ein großes Wehklagen ertönen – diesmal von Seiten der Besatzung, während die Fische, gesättigt von den menschlichen Überresten, in die Tiefen der Meere abtauchen, für eine weitere stumme Ewigkeit.

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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11 Responses to Der Mensch und das Meer – apokalyptisch (Myriades Impulswerkstatt)

  1. das meer wird die menschen verschlingen. oder der himmel wird es machen. oder die erde.
    wir menschen sind nichts anderes als überhebliche arschlöcher.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Da gebe ich dir nicht recht. Meine Interpretation des Bildes spiegelt nicht meine Ansichten zu diesem Thema. Für mich ist der Mensch ein wunderbares Wesen, mit der Begabung zur Freiheit. Und das heißt, zum Guten und zum Bösen, zum Wohltätigen und zum Zerstörerischen. Wir Menschen können in Harmonie mit der Erde leben, wenn wir es so beschließen und tun.

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      • mein impuls war bei dem bild ein anderer. der mensch steuert auf die apokalypse zu. es mag idyllen geben, wo der mensch in harmonie mit der natur/schöpfung lebt, aber die bilden die ausnahme.

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  2. Avatar von Myriade Myriade sagt:

    Oh, oh, das ist interessant, wie das Bild bei dir ankommt. Tatsächlich ist es ja nicht wirklich gemalt, es ist eine Monographie von einer Glasplatte auf Papier gedruckt und dann mit einem Stift bearbeitet. Das heißt es steckt kein von mir beabsichtigtes Thema drin, dennoch haben es bis jetzt alle als Meer oder anderes Wasser interpretiert. Deine Interpretation ist sehr spannend und lebendig, die vielen verschiedenen Wesen, die du siehst und ihre Interaktion miteinander und mit Schiffen und Menschen. Ei, und das schaurige Ende! Eine nautische Tragödie! Danke, dass du nicht aufgegeben hast, eine Interpretation für dich zu finden! Und sie gefällt mir sehr.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Ich finde sehr sehr interessant, dass es kein gemaltes Bild ist. Das erklärt nun auch, warum ich so große Schwierigkeiten hatte, es zu interpretieren. Ich kann in den Kopf eines Menschen irgendwie einsteigen, kann seine Gedanken und Gefühle versuchen zu verstehen. Aber wenn es sich um zufällige Strukturen handelt, ist das nicht möglich. Ich kann dann bloß versuchen, in den Kopf der Photografin einzusteigen. 😉

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      • Avatar von Myriade Myriade sagt:

        Ja, das ist wohl so. Eine Spur von individueller Gestaltung ist durch die Linien doch dabei, aber diese Linien folgen dem, was schon da ist. Tatsächlich bist du ja bei Interpretationen von Gemaltem sonst sehr gut. Aber es ist doch ein interessanter Beitrag daraus geworden.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Ja, weil ich es irgendwie für ein Bild von dir gehalten habe. Was es ja auch irgendwie ist. 🙂

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  3. Eine so wahre Geschichte hast Du aus diesem apokalyptischen Bild herausgelesen, liebe Gerda!

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