Was zuletzt geschah:
Die Gruppe wandert zur Höhle. Wilhelm findet Zugang zu seinem Inneren, bedankt sich für die Hilfe. In der Höhle hat Trud der kleinen Clara alte Lieder vorgesungen. Als alle ihr Lieblingslied singen – der Kuckuck und der Esel, das vom sinnlosen sich gegenseitig Übertrumpfen handelt – kommt der Hirt mit dem Hund herein. Erschrockenes Schweigen.
Fotis (der Hirt)
Ja singt nur weiter, liebe Leute,
hab lang schon kein Gesang gehört.
Mein Esel trötete zwar heute
zum Glück hat er nicht sehr gestört.
Die Kleine schlief so fest und selig
im Arm der lieben alten Frau
da wärs doch wirklich unausstehlich
wenn er sie weckte mit Radau.
Ich selbst trieb leise meine Schafe
hinaus damit sie grasen können.
Und meine Hunde, das sind brave,
die Kindern ihren Schlaf wohl gönnen.
Jetzt kam ich wieder, um zu sehen
wie mags dem Kind, der Frau wohl gehen?
Sie sind wohl hungrig, haben Durst?
Drum bracht ich Wasser, Brot und Wurst.
Nun seh ich, dass noch andere kamen
Der Herr scheint müde und verletzt
und sicher seid ihr, meine Damen
auch hungrig und wollt essen jetzt?
Ich bin ja nur ein armer Hirte
doch hab ich Milch und Käse auch.
Wenn ihr erlaubt, dass ich bewirte
so könnt ihr füllen euren Bauch.
Domna
Ists wahr? Ich träum nicht? Sind die Zeiten
die glücklichen zurückgekehrt
als Menschen, ohne sich zu streiten
zusammen saßen um den Herd?
Als sie, begierig zu erfahren
wie anderswo das Leben spielt
die Fremden fragten, wo sie waren
und wie es sich wohl dort verhielt?
Jenny
Du willst uns was zu essen geben?
O das ist wirklich furchtbar nett!
für Käse gäbe ich mein Leben
und noch viel mehr fürn Omelett!
Clara:
Und Milch für mich, du guter Mann!
Ich trank mal Milch, ich weiß nicht wann
ist schon so lang, habs ganz vergessen.
Auch würd ich gern ein Brötchen essen.
Hawi
Auch ich hab Hunger, sogar sehr,
mein Magen knurrt, mein Bauch ist leer.
Fotis
Nur zu, kommt mit in meine Hütte
da gibt es alles, was ihr wollt
Es sind von hier nur ein paar Schritte
ist freilich schlicht und nicht von Gold.
Die Höhlenkulisse verschwindet, es erscheint ein Dorf.
Fotis zu Wilhelm
Und du, scheint mir, kannst nicht mehr weiter
es wäre wohl, scheint mir, gescheiter,
wenn du dich hinlegst mit dem Bein
Ich ruf den Tierarzt, der renkts ein.
Ihr beiden dort, was drückt ihr euch
da hinten rum, kommt zu mir her
Wisst ihr denn nicht, dass Vater Zeus
will dass ich alle Menschen ehr?
Die Gastfreundschaft, sie ist mir heilig
der Fremde ist mein liebster Gast
euch zu bedienen, geh ich eilig
Ihr aber setzt euch hin zur Rast.
Die Kulisse ändert sich erneut, zeigt nun das Innere des Hauses.
Abud
Darf ich dir helfen, ich bin jung und stark
Jenny
Auch meine Füße schmerzen mir nicht arg!
Hawi
Ich kann was tragen, wenn du mir zeigst was
Clara
Ich komme mit, das Helfen macht mir Spaß!
Trud
Wo kann ich helfen, darf ich fragen?
Denn leer ist leider auch mein Magen.
Danai
Ich kann uns einen Krautsalat bereiten
Domna
Und ich kann euch mit einem Sang begleiten.
Fotis
Ja singen wolln wir, dann geht’s besser,
und hier mein Junge gibt es Messer,
und Gläser dort, es sind nur zwei
doch von den Tellern hab ich drei.
Der Tisch ist leider ziemlich klein
denn meistens ess ich ja allein
zu Domna:
Hier kannst du sitzen mit dem Kind.
Du siehst wohl nicht? Du bist wohl blind?
Domna
Die Augen taugen nichts, da hast du recht
doch fühl ich grad durch diese Türe treten
die Göttin, wie sie segnet ihren Knecht,
weil du die Fremden in dein Haus gebeten.
Du, guter Mann, tust, was der Gott befohlen:
den Fremden öffnest freundlich du die Tür
dass sie sich von den Mühn der Fahrt erholen
und sättigen, gedankt sei dir dafür.
Hera
So war es schon immer, so muss es auch sein:
Der Mensch braucht Gesellschaft, wer isst gern allein?
Wenn sich der Hausherr freuet der Gäste
Wird auch ein einfaches Mahl ihm zum Feste.
Domna
Wie wir nun zusammen sind,
Sind zusammen viele.
Wohl gelingen denn, wie uns,
Andern ihre Spiele!
Von der Quelle bis ans Meer
Mahlet manche Mühle,
Und das Wohl der ganzen Welt
Ist’s, worauf ich ziele.
(J.W.Goethe, Tischlied, letzte Strophe, geschrieben am 22. 2.1802, vertont von Franz Schubert.)
Welch ein Wandel zum helfenden Miteinander! Da wird einem ja warm ums Herz.♥️
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Ja. Als der Hirt mit dem Hund erschien, gab es zwei Möglichkeiten: erneuter Streit, Angst und Hunger, oder eben die umgekehrte Richtung: der Hirt als Symbol von Zuwendung und Ernährung. Mir schien, dass die „Helden“ durch Vorerfahrungen nun bereit waren zu verstehen, was diese günstige Wendung ihres Schicksals bewirkt hatte.
Natürlich hätte ich auch Wilhelm in seiner gegen Abud, Abud gegen Wilhelm ganz verhärteten Haltung mit dem Hirten konfrontieren können, aber dann hätte der Hirt seinen menschenfreundlichen Charakter nicht ausspielen können.
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Ja, als Dramaturgin eines „Welttheaters“ hat man doch wirklich eine ziemlich große Freiheit, manches Festgefahrene doch noch zu einer friedlichen Wendung zu führen.
Daß wir auch für unsere eigene Lebensgestaltung viele Möglichkeiten haben, begreifen wir und nutzen wir oft viel zu wenig.
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Danke für diesen Kommentar! Ja, in der Kunst ist vieles möglich, was im Leben schwierig zu sein scheint. Aber tatsächlich sind auch im Leben Freiheitsgrade vorhanden, die man nutzen kann.
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☺️
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Und Deine Kulissen helfen auch bei den wechselnden Szenen und Stimmungen, Gerda. Wie es technisch möglich ist, all diese Figuren, ohne sie auszuschneiden, auf die neue Kulisse zu projizieren, kommt mir wie Zauberei vor.
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Die Figuren habe ich „digital“ ausgeschnitten, so kann ich sie auf die Unterlagen kopieren und hin und her schieben, auch rechts und links vertauschen usw. Jetzt habe ich auch kapiert, wie es geht, die „Kulisse“ auszutauschen, ohne die Figuren neu arrangieren zu müssen.
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Unglaublich, was digital möglich ist, – wenn man denn, wie Du, damit umzugehen versteht. Danke, Gerda.
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Gern. Ich kenne ja nur sehr wenige Funktionen, aber auch diese wenigen machen schon sehr vieles möglich.
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Ja, von so etwas können die meisten wohl nur trâumen, ich zumindest.
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Wunderbare, einmalige und intelligente Kunst !
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