Was zuletzt geschah: Wilhelm und Abud haben sich heftig gestritten, indem sie sich ihre jeweiligen rassistischen Vorurteile an den Kopf warfen. Abud geht allein weg, Richtung Lager, um sich seinen „Lohn“ zu holen. Danai nimmt den kleinen Hawi in ihre Obhut. Wilhelm bleibt mit gebrochenem Bein allein am Rande des Sumpfes zurück.
Wir wenden uns Danai und Hawi zu, die sich wandernd entfernen. Die Szenerie wandelt sich langsam, sie wird friedlicher und lichter.
Danai:
Schwer liegt die alte Erfahrung auf dem Grunde der Seelen
der Jungen, denen selbst Erfahrung noch mangelt.
Ich hoff nur, Abud ist vernünftig und beschließt nicht zu stehlen
und findet den Weg, dass er straffrei durchs Leben sich hangelt.
Hawi:
Abud ist sehr schlau,
er sagt zu mir: klau!
wenn sie dich mal finden
dann musst du dich winden
und schrein,
ich bin klein
dann lassen sie dich laufen
und wir könn uns was kaufen.
Meine Mama hat zu mir gesagt
Klaue nie, das ist nicht recht.
Sie hat sich lieber abgeplagt
sie findet Diebstahl ziemlich schlecht.
Danai:
Wir machen jetzt erst mal ne Pause
und suchen, was wir essen können.
Dabei erzähl mir von zu Hause
bevor die Männer kam’n zu brennen
das Dorf ganz nieder, wie du sagst
Erzähl mir nur, wenn du es magst.
Hawi (während die beiden Beeren suchend hin und her gehen)
Das Land, aus dem ich weggelaufen
ist schön mit großen Bergen drin
in denen wilde Flüsse rauschen
drin konnt ich baden, wie ich bin.
Wir hatten eine kleine Hütte
aus Stein war sie mit Wellblechdach
fürs Waschen gab es eine Bütte
und drüber war das Seifenfach.
Da schrubbt sie mich, sie sagte immer
wer sauber ist, der wird nicht krank.
Da half kein Weinen und Gewimmer.
Die Bütte stand auf einer Bank.
Jetzt hab ich mich nicht mehr gewaschen
als nur zuletzt in einem Bach.
Was sammelst du da in die Taschen?
Ist das das Kraut, das mich grad stach?
Danai:
Gewiss, das ist ein gutes Kraut
das brennt schon ziemlich auf der Haut.
Doch hilft es Kräfte aufzubauen
Man kann es auch sehr gut verdauen.
Auch diese Wurzeln nehmen wir
die fraß zum Glück uns weg kein Tier.
und von den Büschen nimm die roten,
sind bisschen scharf, ich mein die Schoten
da zwischen all dem Grün versteckt.
die haben schon Tote auferweckt.
Hawi:
Wie ist es mit den schwarzen Beeren?
Die kann man sicher auch verzehren?
Danai:
Nur manche, manche lieber nicht,
die reifen sind mein Leibgericht,
doch gib ja acht, wenn sie nicht reif,
dann wird dein Körper kalt und steif,
sobald du allzu viel gegessen.
Von Vögeln werden sie gern gefressen.
Hawi:
Die sehn fast aus wie unsre Bohnen
die haben alle, wo wir wohnen.
Man muss sie trocknen und die Schalen
abpelln, dann kann man sie auch mahlen.
Danai:
Du meinst Kaffee? Dann liegt dein Land
das für den Kaffee sehr bekannt
in dem du selber bist geborn
vielleicht am Afrikanisch Horn?**
Da lebt ich auch, bevor ich floh
Dieselbe Heimat! Das macht froh!
bet’ami tedesichalehu
Hawi
Versteh ich nicht, was sagst denn du?
Danai:
Ich sagte dir „Ich freu mich sehr“
Amharisch* kannst du wohl nicht mehr?
Hawi:
Bei uns heißts Baay’een gammada
so sagte es die Frau Mama.
Danai:
Ach so, Oromo* habt ihr dort gesprochen?
Das kann ich nicht, es tut mir leid.
So ist das Land entzwei gebrochen
Doch weiß ich immerhin Bescheid
dass wir im selben Land geboren.
Und beide haben wirs verloren.
Ich will dich gern die Sprache lehren
Doch nun voran, noch ein paar Beeren,
Dann gehn wir zu der Höhle hin
wo ich schon längst zu Hause bin.
Hawi:
Du wohnst in einer Höhle drin?
Danai:
Genau, und es ist gar nicht weit.
Komm, lass uns gehn. Bist du bereit?
*Amharisch und Oromo sind die zwei am häufigsten in Äthiopien gesprochenen Sprachen (Übersetzung mit Google Translator). Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Sprachen, davon sind mehrere offiziell anerkannte Verkehrssprachen.
**Horn von Afrika nennt man den nordöstlichsten Teil von Afrika. Zum Horn gehören die Staaten Somalia, Äthiopien, Dschibuti und Erithrea, ferner die von Somalia abgespaltenen autonomen Regionen Puntland und Somaliland. Wir erfahren nicht, aus welchem dieser Staaten Danai und Hawi kommen, ich vermute aber, dass Danai aus Erithrea, Hawi aus Äthiopien kommt.
die bei uns auf den Feldern wachsen
draus macht man Kaffee, weiß nicht wie.
Danke, Gerda! Das ist alles sehr aufschlußreich und weiterführend. ☺️🖐️♥️🌱
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Wilhelm und Abud, beider Schicksale bleiben offen und problematisch.
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Ja. Und natürlich alle anderen Schicksale auch….
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Ja gut, stimmt ja auch. Nur zeichnet sich bereits eine unterschiedliche Richtung ab. Und aus der eingeschlagenen Richtung kann man schon etwa ahnen, wie es weitergeht.
Du als Regisseurin hast natürlich die Fäden in der Hand.
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