Was zuletzt geschah:
Der Strand wird freigeräumt. Hera erstattet Clara die Geschenkebox zurück und Jenny, die sich über den magischen Realismus des Kindes erhaben dünkte, ist nun versucht, es auch mal damit zu versuchen, denn sie ist hungrig. Neben ihr steht Kairos, die Gelegenheit, die manchmal Diebe macht.
Jenny:
Ne Dose wie die Clara hab ich keine
doch bei mir ist Kairos, das Biest
das nehm ich jetzt mal an die Leine
und sehe, was daraus ersprießt.
He, du, ich hätte gern zu essen
bring mich, ich bitte, dorthin, wo es gibt
Genüsse, die ich beinah schon vergessen
Bin eine, die schon lange Kohldampf schiebt.
Kairos
Nur zu, in Küchen kenne ich mich bestens aus
Ich führ dich gleich zu eines Reichen Haus
Doch an die Leine kannst du mich nicht nehmen
Musst schon den Schwanz zu packen dich bequemen.
Jenny packt den Schwanz von Kairos, und ab gehts.
Clara sieht es von weitem und ruft laut:
Clara:
Jenny, Jenny, wohin willst du?
Nicht für uns ist dieses Biest
Schaltst mich doch, weil ich es tu?
Besser wär, wenn du es ließt!
Domna
Die arme Jenny, sie braucht was zu essen.
Es wäre gut, wir würden nie vergessen:
(Domna singt)
Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav leben
Und Sünd und Missetat vermeiden kann
Zuerst müßt ihr uns schon zu fressen geben
Dann könnt ihr reden: damit fängt es an.
Ihr, die ihr euren Wanst und unsere Bravheit liebt
Das Eine wisset ein für allemal:
Wie ihr es immer dreht und immer schiebt
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
(B. Brecht, Dreigroschenoper)
Doch ach, o weh, den Anfang machte keiner
noch heute hungert jedes zweite Kind
und die Portionen werden immer kleiner
wo sie doch schon zu klein zum Sattwerdn sind.
Wo bleibt denn nur das Geld, wo das Getreide?
Wer nimmt sich mehr, als er verbrauchen kann?
Wer treibt die Kühe von der Weide
und stiehlt sie weg dem armen Mann?
Sie wissens ja, die großen Herrn,
beschwören es in großen Reden*:
Das Paradies, es wär nicht fern
Genügend Brot gäb es für jeden.
Doch lieber bauen sie sich Panzer
fürs Geld, das unsern Kindern fehlt.
Sie tanzen, wenn der arme Lanzer
im Schlamm sich an Kanonen quält.
Seid ihr denn blind für all dies Leiden
das ihr der Menschheit angetan?
Wann werdet ihr euch denn bescheiden
und lassen von dem Größernwahn?
Doch nun, Lieb-Clara, lass uns eilen
und helfen Jenny, die in Not!
Wir werden alles mit ihr teilen
dann hat auch sie genügend Brot
Clara:
Ich weiß, wohin das Biest sie brachte
war selbst schon dort, fürs Taschengeld
das mich dadrinnen dann anlachte.
Die Jenny sagt, wer es behält
der kommt ins Kittchen oder schlimmer.
Wer dort drin wohnt, ich weiß es nicht.
Es war ein riesengroßes Zimmer
und träumte so im Dämmerlicht.

Clara erinnert sich an den dämmrigen Raum mit den Talern und Kairos. Draußen sieht man Domna mit Tschinn streiten.
Vorhang.
*Anm: „Jede Kanone, die gebaut wird, jedes Kriegsschiff, das vom Stapel gelassen wird, jede abgefeuerte Rakete bedeutet letztlich einen Diebstahl an denen, die hungern und nichts zu Essen bekommen, denen, die frieren und keine Kleidung haben. Eine Welt unter Waffen verpulvert nicht nur Geld allein. Sie verpulvert auch den Schweiß ihrer Arbeiter, den Geist ihrer Wissenschaftler und die Hoffnung ihrer Kinder.“
Dwight D. Eisenhower, General, 34. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
Die Worte von Eisenhower sind beachtlich. Doch Worte und Taten widersprechen sich wohl.
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Ja, beides.
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Das ist ja ne ganze Welt, die Du da kreierst
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Welttheater, liebe Melina, in Puppenformat 🙂
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Heute hat es mich mehr als sonst ergriffen.
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Danke, Werner. Manche Themen lassen sich wohl leichter, manche schwerer in diese Form des gereimten Theaterstücks bringen.
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