Was zuletzt geschah: Trud, die sich fast ganz im Fragen verloren hatte, findet den Anschluss an die Gruppe. Es kann weitergehen.
Wilhelm:
Hier entlang meine Damen. Und verliert euch nicht wieder!
Der Wald ist verwunschen, das sage ich euch
So mancher sieht Zwerge, ein andrer hört Lieder
von Sylphen und Elfen, und denkt, im Gesträuch
da glänzen Najaden
und lassen Kaskaden
von Lichtern uns sehn
Ja, ich muss gestehn
dass ich schon sehr oft in den einsamen Nächten
mir wünschte, dass sie mir, dem Einsamen, brächten
die Liebe, den Frohsinn, das Spiel und den Tanz
die ich, so allein, schon vergessen fast ganz.
Jenny (zu Wilhelm):
Ein komischer Wald, so einen sah ich noch nicht.
Sind Bäume und Büsche, und was ist dazwischen?
ein wenig wie Spinnweb, ein wenig wie Licht,
in das sich die Zweige der Bäume einmischen.
Was du da erzähltst von den Elfen und so
das ist wohl eher dein Pipapo?
Domna:
„Du wacher Wald, inmitten wehen Wintern
hast du ein Frühlingsfühlen dir erkühnt,
und leise lässest du dein Silber sintern,
damit ich seh, wie deine Sehnsucht grünt.
Und wie mich weiter deine Wege führen,
erkenn ich kein Wohin und kein Woher
und weiß: vor deinen Tiefen waren Türen-
und sind nicht mehr.“*
Clara:
Domna, sag, von welchen Tieren
hast du eben grad gesprochen?
Ich möchte es so gern kapieren!
Sind Tiere da herumgekrochen?
Domna (lächelnd)
Nicht von Tieren liebes Kind
spricht der Dichter, den ich gern zitiere dann und wann.
von Türen spricht er, die oft sind
geschlossen, so dass mancher meint, dass er nicht weiter kann.
Doch selbst wenn dir die Wege sind verworren
und du nicht weißt woher wohin
soll niemals dir die Hoffnung ganz verdorren.
Es reicht, du weißt: ich bin.
Der Wald ist auch, er steht in Finsternis und Nächten
er steht in Kälte da, in Schnee und Eis
Er weiß von Göttern und von dunklen Mächten
und rührt, wenn Wind durchgeht, sein grünes Reis.
Wahrscheinlich gibts in diesem Wald auch Tiere.
jedweder Art, sehr große, mittlere und kleine
mit Flügeln, Beinen, manchmal sind es viere
dann wieder sechs und manchmal sinds gar keine.
Clara:
Gar keine Beine? Wie soll das wohl gehn?
Domna:
Die Schlänglein kriechen auf dem Bauch, hast du das nie gesehn?
Trud:
Ich hör euch fragen, also seid auch ihr
des Fragens noch nicht müd geworden?
Dann schaut mal her, was wimmelt hier?
Sind das Taranteln, die Insekten morden?
Wilhelm (hinzutretend):
Taranteln sind es nicht, sind kleine Spinnen
die in den Wäldern gern die Netze spannen.
Versuche, ihre Freundschaft zu gewinnen.
denn ganz kannst du sie leider nicht verbannen.
Danai:
Die Gottheit naht! und mit ihr Segen!
Wie freundlich alles glänzt und lacht!
Wie hell das Licht nun auf den Wegen
das ist der hohen Gottheit Macht.
Das Licht hat sich verändert. Hera die Göttin tritt zwischen den Bäumen hervor.
Hera
Ich grüß das Kind und euch, ihr lieben Frauen,
Und auch den Mann, der euch hierhergebracht.
Es möge Segen mit euch sein! und wenn die lauen
Die Frühlingswinde durch die Wälder singen
Und wenn die Vögel ihre Nester bauen
Wenn Amselsang durch Aberndwolken klingen
Und wenn der Kuckuck ruft und lacht –
Dann seid gewiss: ich bin euch nah
Dann pflückt ein Kraut und zündet es euch an
Dass Rauch empor zum Himmel steigen kann
Wie es in alten Tagen noch geschah.
Doch jetzt setzt eure Wandrung fort
Schon bald seid ihr an Wilhelms Ort
———————————————————————————————————-*Rainer Maria Rilke „Du wacher Wald“Aus der Sammlung Mir zur Feier
**Die Foto-Legebild-Collage (oben) habe ich hier mit einem weiteren Foto überblendet. Es ist ein Ausschnitt eines Fotos, das ich heute bei Hannah sah und hier verwendete in der Erwartung, dass du, Hannah, es mir erlaubst. Wenn nicht, entferne ich es wieder.
Als Theater und Dichtung ist das alles wunderbar, Gerda. (Wie es im realen Leben weiterginge, weiß ich nicht, versuche aber manchmal, eine Verbindung herzustellen.)
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Diese Dichtung kommt an die großen Dichter schon nahe heran. Und so vieles kommt in uns in Bewegung. Das ist sehr belebend und anregend.
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„Wenn Amselsang durch Abendwolken…“ Da hat sich ein r eingeschlichen.
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Wunderschön die Szenenbildner, Gerda. Ich bin beeindruckt von diesem Theaterstück und mag es die Figuren kennenzulernen. 🙂
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