Der Kürbis – eine Hommage
„Ich bin ein alter Kürbiskopf
Der auf dem Feld gelegen
Nun lieg ich bei dem Suppentopf
Den Hungrigen zum Segen.
Vernehmt mein letztes Reimgedicht
Bevor ihr mich zerschneidet
Und unterbrecht mich bitte nicht
Wenn ihr mich gleich ausweidet
Was du als Kürbis vor dir hast
Das war vorerst ein Samen
Den hinterließ bei einer Rast
Ein Vogel, meine Damen!
Der Samen und mein Kürbis-Ich
Wir sind ein- und dasselbe
Erkennen tut ihrs sicherlich
Denn beide sind wir gelbe.
Und sonnengelb ich dann auch blieb
Als mir die Blüten sprossten
Insekten hatten Hochbetrieb
sie wollten alle kosten
Sie kraxelten und summten in
Der köstlich gelben Blüte
Sehr kitzlig war ich innen drin
Welch Wollust, meine Güte!
Die Blüte wurde schrecklich matt
Verrostet ihre Farbe
Die Bienen freilich waren satt
Was mir blieb, war die Narbe.
Aus der trieb ich als Frucht hervor
Erst klein, dann immer runder
Die Narbe blieb mir als Decors
bis jetzt als Fünfzigpfunder.
Genug, ihr Damen, kommt geschwind
Mit eurem scharfen Messer
Was sein muss, wird, wer wagt gewinnt
Vom Warten wird nix besser.
So höhlt mich aus, das Kind krakeelt
Es will den Kürbiskopf jetzt haben
Passt auf, dass ihr mich nicht sehr quält
Bald wird euch heiße Suppe laben.
Mein Außen wird zum Kürbiskopf
Mit Augen Mund und wenn ihr wollt
Setzt oben auf den Kopf den Topf
Passt auf, dass er nicht runterrollt!“
So krakelt und so makelt noch
Ein wenig unser gelber Freund
Doch hm, was ich da eben roch
Ist Kürbissuppe – wie mir scheint.
Sie duftet gelb, wie Sonnenschein
Wie Bienenlust und warme Erde
Ich mein, ich hör schon Vögel schrein
Auf dass der Kern zum Kürbis werde
Ein Vöglein wär ich herzlich gern
sucht ich mir auch `nen Kürbiskern
tät mich mit ihm in die Mani hin wagen
um der Gerda Dankeschön zu sagen.
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top!
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🙂 🙂 Fein gedichtet, lieber Werner, dankeschön!
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Ich liiiiiebe Kürbissuppen und koche gern mit Kürbis. Insofern habe ich einen Heidenrespekt vor dem Aufwand, den es bedeutet, so einen großen Kürbis so zu be- und verarbeiten, dass aus ihm sowohl eine gruselige Deko als auch ein großer Pott leckere Suppe entsteht. Vielen Dank, liebe Gerda, für die Würdigung des Lebenslaufs! Möge der Kreislauf von Neuem beginnen und der Kürbis die gebührende Wertschätzung erfahren! 🎃🎃🎃
Nachmittagskaffeegrüße 😁⛅🍁☕🍪🍂👍
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Ja, der Kreislauf! ich zögerte und grübelte, wie es richtiger heißen sollte: „Auf dass der Kern zum Kürbis werde“ oder vielleicht doch „Auf dass zum Kern der Kürbis werde“ …
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Wer war zuerst, das Huhn oder das Ei? 🐔🐥🐣🥚😉👍
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die Frage aller Fragen. Wir Menschen können mit kreisförmigen Prozessen nur schlecht klarkommen, weil wir uns selbst als Linie begreifen, beginnend mit der Geburt und endend mit dem Tod.
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Ich denke über das „linear“ nach. Sind eigentlich alle Gottesbeweise so aufgebaut, dass sie nach dem „ersten Beweger“ fragen, oder ist das ein schlechtes Beispiel?
Morgenkaffeegrüße 😉🍁☕🍪🍂👍
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Ich denke schon,dass alle Schöpfungsmythen nach dem Beginn fragen – nach dem Ende wohl eher selten. Wenn nach dem Beginn gefragt wird, wird oft auch nach einem „ersten Beweger“ gefragt, aber nicht so eindeutig wie im biblischen Mythos mit dem „einen Gott“. Oft sind schon zwei Wesenheiten vorhanden, die sich begatten….Der „pelasgische Schöpfungsmythos“ gefällt mir besonders : die Göttin tanzt und wie sie tanzt, entsteht um sie ein Wirbel, da tanzt sie immer wilder und der Wirbel wird greifbar, sie ergreift ihn, es ist eine große Schlange, der schlingt sich um ihre Glieder, sie begatten sich und herausfällt das große Weltenei….So ungefähr. Mir gefällt dabei vor allem die er-zeugende Bewegung als das schöpferische Moment.
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Hübsch und lustig.
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Noch eine Etüde, bei der man Mitleid mit dem Kürbis bekommt. Nicht, dass nach den zwei Wochen, keiner mehr Kürbis essen mag. 🤣 ich mag Deine Gedichte, weil sie so einen Rhythmus haben.
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Danke schön für dein Lob des Rhythmus! Und eine tiefe Weisheit haben sie natürlich auch 😉 „Was sein muss, wird“,
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Genial, Gerda ! Meinen nächsten kleinen und großen KürbissuppenGästen werde ich erst einmal dein Gedicht kredenzen!!! Gerade heutige Großstadtkinder, die das Kaufen des Gemüses im Supermarkt kennen, aber nicht das Ernten im Garten, freuen sich über solche lebendigen „Biografien“.–„Schau mal“, sagt mein kleiner Nachbarsjunge Jannis und öffnet seine kleine Faust, in der ein Apfelkern liegt. “ Kann ein Apfelbaum werdn. In echt ! Hat mein Opa gesaagt.“ Solche Zusammenhänge zu hören, zu empfinden, wachsend zu verstehen– schafft Respekt, vielleicht sogar Ehrfurcht vor der Natur. SOO notwendig !! Also DANKE !!!
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Danke von Herzen, Elsbeth, ich freu mich ganz besonders, dass du heute hier kommentierst. Warum, verrate ich dir nicht 🙂
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Tolles Halloween Gedicht!
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Danke dir, lieber Peter! Halloween ist mir eigentlich fremd, aber ausgehöhlte Kürbisse kenne ich durchaus aus meiner Kindheit.
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Oh fein 😊 ich liebe Kürbisse 🎃 alles Liebe ☀️
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Durch Kürbisfelder ging ich hier und staunte über das, was sich aus dem grünen Blätterkraut hervorwagte. Dick und rund und leuchtend gelb. Als Suppe und Gemüse sind sie ein großer Genuss. Zu Halloween werden sie ausgehöhlt und als Laternen vor die Türen gestellt.
Als ich Kind war, waren es die Dickrüben (keine Zuckerrüben), die die kleinen Buben aushöhlten und die dann zu kleinen länglichen Laternen wurden.
Feine Zeilen hast Du den Kürbissen gewidmet, liebe Gerda.
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So ein Kürbisfeld habe ich mal bei einer Wanderung in Attika gesehen und auch Fotos gemacht. Du kannst sie im Eintrag am 1. Juni 2019, (Ausflug zum Pythischen Apoll) sehen: Zweite Reihe links unter den großen Fotos. Anklicken, denn sonst sind sie zu klein.
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Fein gedichtet, Gerda 🙂
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Danke, Gerhard.
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Gern geschehen, Gerda 🙂
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Für mich kann dieses Gedicht ebensogut eine humorvolle Bildgeschichte begleiten wie zum Philosophieren über den Sinn des Lebens einladen, ob im Kreislauf des Lebens generell, oder im einander „nutzenden“ zwischenmenschlichen Miteinander.
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Danke, Heide! So konsequent wie der Kürbis werden wir Menschen wohl nie sein Wer wird schon sein Leben hingeben, um andere zu nähren oder zu belustigen?.Aber wir können in dieser Richtung denken und handeln. Am Ende wird es ja auch bei uns auf einen hohlen Kopf hinauslaufen, dessen Anblick andere erschreckt. https://gerdakazakou.com/2020/02/02/kopieren-lernen-2-der-totenkopf-duerer-hl-hieronymus/
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eine andere Betrachtungsweise über den „circle of life“ – sehr schön gedichtet,
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