Wäsche auf der Leine (Impulswerkstatt)

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Das Herausfordernde dieses Fotos von Myriade sollte für mich, geborene Stierin, eigentlich das rote Tuch sein.  Doch so sehr es mich auch anlacht – es bringt mich nicht auf achtzig, ganz im Gegenteil. Es bringt mich auf fünf oder zehn, höchstens auf zwölf Jahre.

Diese ewige Wascherei! Anheizen des gemauerten Waschkessels in der Waschküche, Kochen, Rühren und Stampfen der eingeseiften Wäschestücke, Spülen und Wringen und Spülen und Wringen und schließlich im Garten auf die Wäscheleine, die kreuz und quer gespannt war, hängen, abhängen, den großen Wäschekorb aufs Fahrrad packen, zur Heißmangel schieben. Seit die Mutter Sommergäste hatte (die ersten Gäste kamen 1951), hörte das Waschen gar nicht mehr auf.

Im Winter waren es die gefrorenen Wäschestücke, die brachen, wenn man sie abnehmen wollte.

Beim Wringen musste man helfen, und da meine Hände davon Blasen bekamen, schwor ich mir: Das erste, was ich mir kaufen werde, ist eine Waschmaschine!

Bis es so weit war, vergingen allerdings etliche Jahre. Als Studentin in Untermiete frequentierte ich die öffentlichen Waschsalons. Übrigens gab es die nicht nur für die Wäsche, sondern auch für uns Menschen : Einmal pro Woche im städtischen Bad duschen gehen –  das musste im Budget drin sein.

In den Siebzigern lebten wir in Wohngemeinschaften, die sich schon mal eine gemeinsame Waschmaschine leisten konnten. Blieb das Problem des Trocknens.

Nun, all das ist hier und heute nur ein leises Echo aus fernen Zeiten. Ich bin für ein paar Tage in Athen. Es ist heiß, und die Wäsche, die ich aus der Mani mitbrachte – drei große Waschmaschinen voll! –  ist längst gewaschen und an der Sonne getrocknet.

Heutzutage geht es mir wie Myriade: Wäschestücke auf der Leine sind ein feines Fotomotiv. Selbstverständlich so in Neapel …

eine leere neapolitanische Wäscheleine hoch hoch oben als Sitz für die Tauben …

oder auch in Deutschlands Norden, in der Hansestadt Lübeck.

Denn auch manche Nördler scheuen sich nicht, freizügigen Einblick in ihr Intimleben zu geben.

Einmal haben sich solche Wäschestücke sogar auf ein Gemälde verirrt, als ich das lustige Leben von Campern am Fluss imaginierte.

Wo sind die Wäschestücke?  Na, hier:

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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29 Antworten zu Wäsche auf der Leine (Impulswerkstatt)

  1. Werner Kastens schreibt:

    Einweichen hast Du vergessen. Bett- und Leibwäsche mußte vorher eingeweicht werden, bevor sie gekocht wurde. Und die gefrorene Wäsche auf dem (unisolierten) Dachboden kenne ich auch noch. Und manchmal hatten die Bügeleisen noch ein Kohlefach, mit dem sie aufgeheizt wurden, statt elektrisch.
    Die erste Erleichterung war dann die Schleuder, da mußte man nicht mehr auswringen.

    Und damals einmal die Woche von Delmenhorst nach Bremen fahren, weil es dort ein Hallenbad gab und man duschen konnte, das kenne ich auch noch.

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  2. Myriade schreibt:

    Danke für den Einblick in harte Zeiten! Spannende Alltagsgeschichte erzählst du da. Um einiges interessanter als welcher König welche Schlacht wann und warum gewonnen hat. „Die Kulturgeschichte der Wäscheleine“, das wäre doch was …

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  3. gkazakou schreibt:

    Ja, Recht hast du! Das Einweichen habe ich vergessen. Unsere Wäsche wurde immer draußen im Garten getocknet (bzw oft genug auch nicht getrocknet, steifgefroren….). Über das Bügeleisen habe ich nachgedacht, ich erinnere mich nicht, welcher Art es war. Die Heißmangel war ein Privatunternehmen, da brachte man die Wäsche hin und holte sie wieder ab. Ich erinnere mich an die breiten Walzen und an den Geruch, der mir sehr gefiel, wie ich auch heute noch frisch gewaschene, an der Sonne getrocknete Wäsche sehr mag. An die Anschaffung der Schleuder erinnere ich mich auch, es war ein ziemliches Ungetüm, machte Krach und tanzte auf dem Boden des Bades herum. Aber es entlastete vom Wringen, was mir sehr entgegenkam.
    Das letzte Mal, dass wir eine öffentliches Bad aufsuchten, war in Kiel, 1968-69. Das war kein Schwimmbad, sondern man konnte Duschen oder, so meine ich, ein Wannenbad nehmen (wir haben immer nur geduscht).

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    • Myriade schreibt:

      Die letzten öffentlichen (Wannen)badeanstalten in Wien wurden erst vor 10 bis 15 Jahren geschlossen. Tröpferlbad wurden sie genannt. Bassena nannte man die Wasseranschlüsse auf den Gängen der Mietskasernen. Ich fürchte davon gibt es noch etliche, die in Betrieb sind. Als Kind hatte ich eine Schulfreundin, die in so einer Wohnung ohne jeden Wasseranschluss lebte und war total begeistert davon, dass man dort das Wasser von der anderen Seite des Hauses holen musste. Zuhause erzählte ich immer ganz begeistert, wie toll das nicht sei und wunderte mich, dass meine Eltern so gar keine Begeisterung dafür aufbringen konnten …

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      • gkazakou schreibt:

        Interessant, danke! In Kiel hatten wir wenig Geld, dazu auch noch Ausländer und unverheiratet, also froh, eine Mansarde zu finden, die Küche lag eine halbe Etage tiefer, die Toilette eine weitere Etage. Die war öffentlich zugänglich. Dort hatte ich während der Schwangerschaft, die mich oft auch nachts die anderthalb Etagen runterzugehen zwang, eine Schreckerfahrung. Eine Dusche gabs nicht.

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      • Myriade schreibt:

        Ich kann mir unter einer halben Etage nichts vorstellen. Ist das ein besonders niedriges Stockwerk ?

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      • gkazakou schreibt:

        Heißt wohl richtig „Zwischenetage“? Die Treppe macht zwischen zwei Stockwerken einen Knick. Normalerweise ist da nur eine Verbreiterung, eine Art Platform, und es geht weiter abwärts. Nun aber kann es auch sein, dass diesem Knick ein Räumchen angegliedert ist (unsere „Küche“) oder, am Knick unter der nächsten Etage dann, das Klo. Anderthalb Etagen zum Klo also, während man hochschwanger ist, ständig aufs Klo muss und das automatische Licht nicht für die ganze Strecke reicht, sondern vorher ausgeht. Übrigens hatte diese Mansarde noch eine Eigenheit: die Decken waren schräg und wurden durch die Wäscherei, die sich im Erdgeschoss befand, beheizt. Das war im Sommer sehr unangenehm. Natürlich gab es keinen Aufzug (4. Etage). Aber wir waren froh, dass man uns die Wohnung gab. Eigentlich heirateten wir nur deswegen, denn ohne Trauschein durften Paare damals nicht zusammenleben (Kuppeleiparagraph). Das war 1968-69. Wenn ichs heute erzähle, glaubt es keiner.

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      • Myriade schreibt:

        Aha, das ist etwas, was ich noch nie gesehen habe. Wahrscheinlich typisch für die Region. Aus der sehr unbequemen Wohnsituation ist
        nun aber doch eine sehr lange, sehr gute Beziehung entstanden …

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      • gkazakou schreibt:

        Aus der Wohnsituation ist eigentlich nichts entstanden 😉 Die Beziehung war schon da, wuchs und gedieh egal in welchen Wohnverhältnissen. Es gab schlimmere zuvor, diese war schon Luxus. Erstmals nicht in Untermiete!

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  4. Ja Gerda heute unvorstellbar, wie die Frauen schufften mussten und dann noch Haushalt, Kühe melken, Landwirtschaft, Stricken und Häkeln usw und sofort! Und heute wird wegen jedem Pups gejammert!!! Unsere Generation ist so verhätschelt und verwöhnt! Wir wissen garnicht wie gut es uns geht! Und dafür habe Frauen wie Du gekämpft und demonstriert❣❣❣❣

    Herzliche Abendgrüße Babsi

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    • gkazakou schreibt:

      Ob ich demonstriert habe, damit es „uns“ heute gut geht, bezweifel ich eher, liebe Babsi. Im übrigen hast du recht: Unsere Mütter haben wirklich sehr hart gearbeitet. Die bürgerlichen Frauen (wie meine Mutter) taten das entweder, um anderen zu helfen, oder aber dann aus Not. Die Oma hatte es besser, die hatte alle möglichen Hilfen, Wäscherin, Büglerin, Putzfrau sogar in einem einfachen Lehrerhaushalt. Unsere Mutter war sehr tüchtig, ganz anders als ich. Nähen, Stricken, Ackern, Torf stechen, Kinderkriegen und Aufziehen, das Leben schön machen, Geburtstagsfeiern arrangieren…. dazu auch noch sich bilden, den Nachbarn helfen, unterrichten,,,,, große Kraft hatten sie!

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      • Ja Gerda, große Kraft hatten sie! Es war ein völlig anderes Leben! Dieses Schleuder Ungetüm kenne ich auch noch, meine Mutti hat damit auch noch hantiert!
        Was wohl meine Großneffen in 50 Jahren über uns erzählen, ich wäre gerne Mäuschen und würde dann lauschen!😁🤭

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  5. Gisela Benseler schreibt:

    Sind das alles Deine Photos, Gerda? Toll, diese Vielfalt! Ich hänge meine Wäsche gern noch draußen auf der Leine auf, weil sie danach so duften. Ach, wie dufteten die Wäschestücke damals, Lohn der mühevollen Arbeit! Und hinterher wurden sie für die Heißmangel gezogen, damit sie sich ordentlich zusammenlegen ließen.

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  6. bernhard1965 schreibt:

    Hallo Gerda,

    die Idee aufgeängte Wäsche zu fotografieren finde ich super. Manchmal kommt man gar nicht auf diese Einfachstidee, weil diese alltägilich sind.

    Muss ich mir merken 😀

    LG Bernhard

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    • gkazakou schreibt:

      Danke für deine Rückmeldung, lieber Bernhard. Sicher gibt es nichts, was sich nicht auch fotografieren ließe, aber aufgehängte Wäsche hat einen besonderen Reiz, finde ich.

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  7. Ulli schreibt:

    Mit deinem Beitrag weckst du viele Erinnerungen, liebe Gerda. Ich will mich kurz fassen, auch bei uns hieß es noch, anheizen, auswringen, aufhängen etc. und natürlich Heißmangel. Diese habe ich geliebt: dieser Duft! Ich erinnere mich noch als die Mutter dann ihre erste Waschmaschine bekam, wir saßen beide vor dem Bullauge und schauten dem Gekreisel der Wäsche zu. Aber manches hat sie bis zum Lebensende immer mit der Hand gewaschen, ihre Nylons, manche Pullover – und ich bis heute die echten Wollpullover.
    Herzliche Grüße, Ulli
    (Klos, ne halbe Treppe tiefer … das sind dann weitere Erinnerungen)

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  8. wie schön sind Deine Wäschebilder und Dein Gemälde gefällt mir besonders gut, liebe Gerda.
    In Brügge machte ich mal ein Bild mit rosa Wäschestücken , das ich aus einem Hotelfenster heraus fotografierte. Heute hab ich es wieder entdeckt und mit meiner Kindheitserinnerung an einen Waschtag aus den 50erJahren in wortbehagen eingestellt. 🙂

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  9. Johanna schreibt:

    Ja ohne Waschmaschine….kaum vorzustellen!! Ich kannte noch eine Frau die mit 4 Kindern von Hand wusch!!! Ich mag Wäsche auf der Leine sehr, vielleicht meine Lieblingshausfrauenarbeit….
    Oder in Tibet, wo die Gebete auf den Stoffstückchen im Wind flattern und sie in alle Winde tragen…

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    • gkazakou schreibt:

      Solche Frauen gibt es natürlich immer noch, vermutlich weit mehr als die, die über eine Waschmaschine verfügen….Die Tibet-Assoziation gefällt mir. Warst du mal da?

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      • Johanna schreibt:

        Nein ich leider nicht, aber meine Nachbarin damals (als meine Kinder noch klein waren), die dann diese Gebetswimpel bei uns zwischen die Bäume spannte. Ich mochte das sehr 😊

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  10. Nati schreibt:

    Ich mag Geschichten aus vergangenen Tagen.
    Es zeigt uns immer wieder wie sehr sich die Welt doch verändert.
    LG, Nati

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    • gkazakou schreibt:

      Danke, Nati. es stimmt, einerseits, dass die Technologie unser Leben in den letzten hundert Jahren enorm verändert hat. Ob dasselbe für die menschliche Seele, unsere Wünsche, Bedürfnisse und Ängste auch gilt, bezweifle ich freilich. Auch befürchte ich, dass die Menschen wegen der technologischen Abhängigkeit manipulierbarer als früher sind.

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      • Nati schreibt:

        Manche einfachen Dinge kann man sich aber auch bewahren, das mache ich gern.
        Früher hatten sie keine Wahl.
        Du hast recht, wir sind von vielen Dingen auch abhängig, funktioniert dann ein Zahnrädchen nicht, fällt alles in sich zusammen.

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