O,o – der 15. Buchstabe des griechischen Alphabets, genannt Omikron, das „kleine Ο“, denn es gibt ja auch das Omega, das „große Ω“
Omikron also. O wie ….. ja, wie?
Zunächst dachte ich: o wie όργανο (Organ) mit all seinen Bedeutungen und Ableitungen wäre das passende Wort. Organo bedeutet alles, was eine Arbeit verrichtet, eine Funktion erfüllt, vom Körperorgan über Musikinstrument, Messinstrument bis hin zu Polizei und Parteiorgan…
Όργανο – Organ des Körpers wie Lunge und Herz, Hirn
und Auge. Nebenher: Ich fand es interessant, bei meiner kleinen Recherche zu erfahren, dass Paracelsus und andere Alchemisten die sieben (alten) Planeten und die wichtigsten menschliche Organe zusammenordneten, und zwar: Sonne – Herz, Mond – Gehirn, Merkur – Lunge, Venus – Nieren, Mars – Galle, Jupiter – Leber, Milz.
Όργανο – Musikinstrument wie Geige, Flöte, Klavier und, als mächtigstes, die Orgel. 
Ορχήστρα – Orchester, der Tanzplatz im Theater erst, die Gesamtheit der όργανα (Musikinstrumente) heute.
Οργανισμός – Organismus, das schöne Zusammenspiel vieler verschiedener Instrumente.
Οργάνωση – Organisation, das willentliche, planvolle, Zusammenfügen von Teilen, Personen, Aufgaben.
Organisch, Orgasmus, Orgie – all diese schönen Wörter hätte ich abhandeln können unter o=όργανο, das sich selbst ableitet vom altgriechischen οργώ, was nichts anderes heißt als quicklebendig sein, vor Lebenskraft sprühen.
Damit verwandt ist auch „οργώνω“, pflügen. Und insofern ist der „organische Landbau“ eine uralte Angelegenheit.
Demeter, die jungfräuliche Göttin des Getreides, legte sich in eine dreifach gepflügte Ackerfurche (Symbol für Vulva) und empfing von Iasion den Plutos (Reichtum). Die heiligen Feste des Altertums waren όργια (Orgien), in denen die „Heilige Hochzeit“ zwischen Mensch und Gottheit begangen wurde, der οργασμός (Orgasmus) erinnert noch heute daran, so dass der Psychoanalytiker Wilhelm Reich, Theoretiker des Orgasmus, nicht zu Unrecht die von ihm entdeckte Lebenskraft „Orgon“ nannte. Und οργή (Zorn) – was ist es anderes als ein Übermaß an Lebenskraft, die dich hinausschleudert aus dir selbst und dir Riesenkräfte verleiht. Wenn Helden und Götter davon erfasst wurden – dann wehe!
Schaffenskraft also, Lebenskraft (Vitalität), Tun bedeutet die Wortwurzel, die dem Begriff „Organ“ zugrundeliegt. Aus diesem οργ… entsteht dann das έργο, das Werk, die Schöpfung.
Es hätte mir gefallen zu spekulieren, was denn diese Lebenskraft, die meine Organe lebendig erhält und mich durch die Musik immer neu belebt – was also diese Lebenskraft mit dem freien Denken zu tun haben könnte. Oder genauer: in welchem Verhältnis Lebenskraft und Denken zueinander stehen.
Nun habe ich aber nicht das Wort Organo gewählt, und du musst nachlesen, was ich an anderem Ort darüber spekuliert habe.(https://gerdakazakou.com/2016/12/20/griechisches-alphabet-des-freien-denkens-z-wie-%ce%b6%cf%89%ce%b7-leben/, letzter Abschnitt und Kommentare).
Gewählt habe ich, mit einer tiefen Verbeugung vor Ullis mutigem Träumen … NEIN, nicht όνειρο = Traum. Gewählt habe ich ein verwandtes und doch wieder ganz anderes Wort:
όραμα = Vision.
Du verstehst schon, dass ich dafür einen zweiten Beitrag schreiben muss. Der kommt morgen. Aber soviel schon mal vorweg: ORG- wie Vitalität und ORAMA wie Vision haben mehr miteinander zu tun, als das gemeinsame OR bzw im Deutschen Vi. Bei meiner kleinen Recherche zu Herkunft und Bedeutung des Omikron erfuhr ich, dass es vom phönizischen Ajin herkommt, was Auge bedeutet und als Auge mit einem Punkt in der Mitte dargestellt wurde. Wenn du deine Fantasie spielen lässt: Vielleicht fällt dir ein, wie sich dies Symbol auf ΟΡΓ und ΟΡΑΜΑ gleichermaßen reimt.
(Vasarelli)
(Die Abbildungen habe ich alle aus bzw mit dem Netz gefischt, ich hoffe, damit keine copyrights verletzt zu haben)
Meinst Du die Optimismus?
Auch die Optik kommt ja aus dem Altgriechischen. Den Blick für das Gute bewahren.
Wieder ist Dein Beitrag so lehrreich! Danke Gerda!
Lg Babsi
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Hast recht, Optik ist auch aus dem Griechischen, Optimismus aber nicht: das kommt aus dem Lateinischen, optimus heißt „der beste“, Optimismus bedeutet also: immer das Beste annehmen.
Orama bedeutet Vision, also so etwas wie ein inneres Bild über das, was die Zukunft bringen soll. ZB hatten viele Kommunisten die Vision einer gerechten Welt ohne Kriege, in der es keine Ausbeutung und Unterdrückung gibt und jeder Mensch das Nötige zum Leben hat. …. Die Nazis hatten die Vision einer rassisch reinen germanischen Großmacht, in der die Einzelmenschen dem Volksganzen dienen. Und die Gründungsväter der EU hatten eine „europäische Vision“ – dass nämlich Europa vielgestaltig bleibt, aber in Frieden zusammenwächst. usw. Manche Individuen haben große Visionen, zB Martin Luther King hatte die Vision einer Welt, in der rassische Unterschiede keine Rolle mehr spielen, während ein Kind zB die private Vision haben kann, eines Tages bei einer Olympiade auf dem Siegerpodest zu stehen oder ein großer Star zu sein.
Ich werde das morgen noch ausführen. Jetzt erst mal Gute Nacht!
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Freue mich auf die Fortsetzung!
Schlaf wohl!
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Ich selbst unterscheide zwischen Vision (Schau) und Optik (Sehen). „Schauen“ ist für mich analoges Passen und „Sehen“ rational-perspektivisches Er-fassen. Das ist nicht dasselbe. Lieben Gruß.
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Danke, Art of Arkis. ich weiß nicht, ob ich deine Definition genau nachvollziehen kann, aber ich stimme dir zu, dass Vision und Optik – wenngleich sie beide Tätigkeiten des Auges meinen – auf sehr verschiedenes Sehen (beobachten) bzw Schauen (inneres Abbilden) abheben. Im nächsten Beitrag versuche ich „Vision“ als äußere Offenbarung und das griechische „orama“ als innerlich durch Denken und Fühlen erzeugtes Bild zu unterscheiden.
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Sehen verstehe ich all eine mentales Richten .. „ich richte meine Blick“ während Vision immer inneres Schauen meint. Die mythologische Welt kannte noch kein abstrakt-rational richtendes Sehen. Die „antike Welt“ wurde durch unperspektivische Beziehungsgeflechte also Mythos geschaut und erfahren … Ein anderes Wort was mir wichtig scheint ist: „Oikos“. 🙂
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oikos bedeutet Haus. wie verbindest du das mit dem Thema?
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Hab ich da etwas missverstanden, ich meine es geht um das kleine „O“ ? Ich bin des „Griechischen“ nicht wirklich kundig. Heim ist für mich die Stätte der Seele. Sorry!
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A, jetzt verstehe ich! Du wolltest mir ein anderes o-Wort ans Herz legen. Freilich, oikos ist ein schönes Wort. Wird heutzutage ikos ausgesprochen. Kommt vor in oikonomia (Wirtschaft) und oikogennia (Familie), oikio (nahestehend), oikologia (Ökologie) etc. Heim = Stätte der Seele – das lasse ich mir auf der Zunge zergehen. Dein sorry nehme ich nicht an. Wünsche einen schönen Abend!
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🙂 super ! Schönen Sonntag wünscht.
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da gab es wieder was zu lernen, schönes Wochenende wünsche ich
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Liebe Gerda, ich freue mich, dass du die Vision hier aufnimmst, die ja so verschieden vom mutigen Traum nicht ist und doch ein bisschen sich unterscheidet. Da bin ich jetzt gespannt, da ich ja Visionssucheleiterin bin und ohne diesem auch nie sonst zu den schamanischen heilweisen gekommen wäre und die Visionen in meinem Leben eine sehr wichtige Rolle spielen, habe ich bestimmt eine Menge später dazu zu sagen.
Leider ist meine Pause schon wieder um, aber ich wollte doch wenigstens deine Fortsetzung lesen- und finde es noch spannend, dass die Lebenskraft auf alle Fälle etwas mit klarem Denken zu tun, schwache oder sage ich lieber geschwächte Menschen erzählen ja oft, dass sie sich wie benebelt fühlen und keinen klaren gedanken fassen können- nur mal kurz bemerkt, aber das weisst du ja 😉
herzlichst
Ulli
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O, das kann ich mir denken, dass du eine Menge zu sagen haben wirst! Ich vermute, dass bei diesen Wörtern unsere unterschiedliche Herangehensweise im Versuch, die Welt zu verstehen, deutlicher werden wird. Wir kommen, so scheint mir, aus entgegengesetzten Richtungen. Das fühlte ich bereits bei den ersten Texten, die ich von dir las (Großmütter-Memorandum) Ich schrieb dir damals als Kommentar (und schaute es eben noch mal nach):: .
„deine Art zu sehen und zu erzählen, Ulli, ist wie eine homöopathische Medizin für mich. ich will sie geduldig schlucken, Tag für Tag, vielleicht dass sich Verhärtungen in mir lösen und Zartheit in Gefühle zurückkehren kann, wo ich sie nicht mehr zulassen wollte.“
Drum lud ich dich hierher ein. Nun bist du schon bald da, und „Ich sehe dich kommen“
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