
Retrospektive Yannis Moralis, Juni 2011, Nationale Pinakothek Athen. Abfotografierte und elektronisch bearbeitete Fotografie (c) Gerda Kazakou
Yannis Moralis (Γιάννης Μόραλης) ist einer der Großen der griechischen Moderne. Wenn wir von Moderne sprechen, meinen wir gewöhnlich die Zeit des großen Um- und Aufbruchs zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In Griechenland begann sie zeitversetzt ein wenig später, eigentlich erst in den 30er Jahren, als das Land den Schock der Entwurzelung des Kleinasiatischen Griechentums zu überwinden begann.

Retrospektive Yannis Moralis, Nationale Pinakothek Athen, Juni 2011. (c) Gerda Kazakou.
Sehr griechisch scheint mir die Kunst von Yannis Moralis: Zum einen insistiert er auf der menschlichen Gestalt, die auch in seiner späten Phase hoher Abstraktion immer erkennbar bleibt. Diese Leidenschaft für die menschliche Gestalt findet sich auch bei den westlicheren Mittelmeervölkern. Zum anderen ist es die klare Ausprägung der Formen, die gegeneinander stehen, sich miteinander verschränken, aber nie verwischen. Wie das griechische Licht alle Gegenstände rein umfasst und die atmosphärische Unschärfe des Nordens nicht kennt, so ist seine Malerei: klar, trennscharf, aber nicht hart. Das dritte Element, das mir sehr griechisch zu sein scheint, ist die mindere Bedeutung der Farbe. Form ist das Wesentliche der Malerei, Farbe ist nur ein Zusatz. Auch das hat mit der Qualität des griechischen Lichts zu tun: im Licht reduziert sich die Farbigkeit der Welt. Man vergleiche die Farbenfreudigkeit der flämischen, dänischen, russischen Maler! Graues Licht steigert die Farbigkeit.
Moralis lebte von 1916 bis 2009. Die Impulse, die er mit seiner Kunst und als Lehrer der Kunstakademie Athen setzte, wirken fort. Im Wesentlichen handelt es sich um eine neue Art des Sehens, bei dem die dreidimensionale Welt auf einfache ineinander greifende Formen zurückgeführt und auf eine Fläche projiziert wird.– Moralis selbst steigerte diese Art zu sehen bis ins hohe Alter. Immer mehr beschränkte er seine Bildsprache auf das Wesentliche. In gewisser Weise kehrte er im Alter zu den ersten Anfängen der griechischen Kunst zurück: zu den kykladischen Idolen (vergl. meinen Beitrag vom 22.11.)Bei Gelegenheit einer Retrospektive in der Nationalen Pinakothek von Athen, Juni 2011, machte ich die Fotos, die ich hier beifüge. Weitere Beispiele könnt ihr im internet finden.
Vielen Dank, liebe Gerda, dass du uns (Γιάννης Μόραλης) und seine und die griechische Kunst vorgestellt hast. Cari saluti Martina
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danke Martina, gern geschehen! Es gibt mir die Gelegenheit, mich zu besinnen.
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