112 Stufen, 83. Terror (Maximilien de Robespierre, Joseph-Ignace Guillotin)

Reiner hat ein „Mitmachding“ initiiert. Es geht darum, jeden Tag einen Text zu einem Wort zu posten, das sich auf der Holsteiner Treppe in Wuppertal, verteilt auf 9 Absätze befindet. Es reizt mich, da mitzumachen, allerdings eher nicht mit eigenen Textproduktionen, sondern mit literarischen Assoziationen und Gedichten anderer. Ich bin gespannt, welche Texte, Gedichte, Geschichten jedes dieser Wörter in meiner Erinnerung aufleuchten lässt. All diese Erinnerungen an Gelesenes und im Gedächtnis Aufgehobenes sollen mir einen nachklingenden Teppich weben, den ich über die Stufen lege, um noch einmal hinaufzusteigen.

Robespierre:

„Die Triebfedern der Volksregierung im Stadium der Revolution sind Tugend und Terror zugleich: die Tugend, ohne die der Terror unheilvoll wäre, und der Terror, ohne den die Tugend machtlos ist“.

„Terror ist nichts anderes als rasche, strenge und unbeugsame Gerechtigkeit. Er ist eine Offenbarung der Tugend. Der Terror ist nicht ein besonderes Prinzip der Demokratie, sondern er ergibt sich aus ihren Grundsätzen, welche dem Vaterland als dringendste Sorge am Herzen liegen müssen.“ (5.2.1794)

Danton:

„Seien wir schrecklich, damit es das Volk nicht zu sein braucht! Dies ist ein Gebot der Humanität.“

under pressure

(Legebild zu Kafkas Erzählung „In der Strafkolonie“)

 

La Terreur – die letzte Phase der Französischen Revolution – war wohl der erste Versuch, große gesellschaftliche Umwälzungen durch Staatsterror zu erzwingen. Auch der Monarchie wurde zuvor, etwa durch Voltaire, Herrschaft par la terreur vorgeworfen, und in den frühen Phasen der Revolution fehlte es nicht an Schrecken, aber erst nach der Hinrichtung Ludwigs XVI (1793) wurde der Terror durch Robespierre institutionalisiert und ideologisch begründet.

Wer war dieser erste große Staats-Terrorist Maximilien de Robespierre (1758–1794), der schließlich selbst Opfer der von ihm errichteten Tötungsmaschinerie wurde? Begonnen hatte er als „Advokat der Armen“, hatte sich gegen die Todesstrafe gestellt und sich den Ruf eines „Unbestechlichen“ erworben. Er wurde Mitglied der 1789 ausgerufenen Nationalversammlung, wo er sich u.a. für Pressefreiheit, Abschaffung der Sklaverei in den französischen Kolonien und Aufhebung der Todesstrafe einsetzte.

Nach dem Fluchtversuch des Königs – was als Verrat an Frankreich angesehen wurde – stimmte auch er für dessen Tod durch die Guillotine.

Diese Köpfmaschine („Rasiermesser der Nation“) hatte der Arzt Joseph-Ignace Guillotin 1789 als gegenüber der Enthauptung durchs Schwert humanere Tötungsart empfohlen. Ab 1793 wurde sie in immer rasanterem Tempo eingesetzt, um der „Tugend“ zur Herrschaft zu verhelfen. Und da die Revolutionäre nach Robespierres richtiger Erkenntnis durchaus nicht tugendhaft waren, wurden auch sie und schließlich er selbst geköpft. Insgesamt kamen zwischen März 1793 und August 1794 16.594 Menschen durch die Guillotine ums Leben. Als Robespierre und 21 seiner Anhänger am 28. Juli 1794 zur Guillotine gebracht wurden, versammelte sich Tout-Paris, um dem Spektakel jubelnd und lachend beizuwohnen.

Diejenigen, die Robespierre köpfen ließen und damit seiner Schreckensherrschaft ein Ende bereiteten, waren natürlich ihrerseits keineswegs tugendhaft, sondern eifrig bemüht, sich an dem enteigneten Besitz von Klerus und Adel zu bereichern. Und die Guillotine wurde erst 1981 mitsamt der Todesstrafe abgeschafft. (Letzte Hinrichtung per Guillotine: 10. September 1977).

 

 

 

 

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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5 Responses to 112 Stufen, 83. Terror (Maximilien de Robespierre, Joseph-Ignace Guillotin)

  1. Terror und Friedenssehnsucht passen nicht zusammen.
    Lesen muß ich es wohl, um zu erkennen, welcher Geist daraus spricht und wohin das führt. Einfach weggucken kann ich auch nicht.

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  2. Ach Gerda, das ist einfach zu gruselig anzusehen und zu lesen.

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  3. Was Robespierre sagt, könnte man zumindest diskutieren.

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  4. Wenn sich aber der Terror der Tugend bedient, um als irgendwie legal zu gelten, ist das eigentlich eine Art von Machtergreifung mit vorhergehender Meinungsmache.
    Die Tugend ist aber ohne den Terror nicht wirklich machtlos. Es dauert nur etwas länger.
    Herr Robespierre hört aer meine Worte nicht mehr. Falls

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  5. Lassen wir’s. Ich habe mich da nicht einzumischen..

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