Archivbild der Woche: Kleiner Sisyphus

Vor zehn Jahren, im Mai 2015, eröffnete ich diesen Blog mit dem Ziel, mithilfe meiner „Schnipselbilder“ das politische Geschehen in Griechenland zu kommentieren. Die Idee kam mir infolge der plötzlich über Griechenland hereinbrechenden „Schuldenkrise“.

„Macht aus dem Zerfetzten und Unbrauchbaren Neues, Besseres, Schöneres, erzählt Geschichten in der Manier der Alten!“ so wollte ich den gebeutelten Griechen zurufen. Standen nicht schon alle Antworten in ihren Mythen? Und so veröffentlichte ich am 18. Mai 2015 den „Kleinen Sisyphos“.

Little Sisyphos

Sisyphos war König von Korinth und mit hoher Intelligenz begabt. Er wollte das menschliche Los der Sterblichkeit für sich außer Kraft setzen und überlistete, zum großen Ärger der Unsterblichen, zweimal den Tod. Zur Strafe verbannten sie ihn in den Tartaros, wo er nun für alle Ewigkeit einen Felsbrocken einen Berg hinaufrollen und miterleben muss, wie dieser Felsen, kaum hat er den Gipfel erreicht, donnernd ins Tal zurückrollt.

Das Bild „Kleiner Sisyphos“ spielt auf die Schuldenfalle an, in die das griechische Volk damals geriet. Kein Schuldenschnitt, verkündeten die Götter in Brüssel und Berlin, denn Strafe muss sein. In alle Ewigkeit sollt ihr büßen für die Sünden eurer Väter. Ihr braucht aber nicht gleich zu bezahlen. Das werden die übernehmen, die heute noch in den Windeln liegen oder noch gar nicht geboren sind. Also arbeitet mal schön, strengt euch an, stabilisiert die Wirtschaft, schafft Gewinne – und dann bezahlt, mit Zins und Zinseszins.

In Deutschland hat man dieser Tage den noch Ungeborenen einen ähnlichen Felsbrocken überantwortet. Und wieder schweben die Göttlichen über allem, und der Götterbote fächelt dem kleinen Sisyphos mit dem Schuldschein den Schweiß von der Stirn und befiehlt ihm, sich gefälligst stärker zu bemühen und mehr zu arbeiten.

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Doch es wird unmöglich sein, den Felsbrocken jemals auf den Gipfel zu schaffen, denn die Zinsen werden ihn immer wieder zu Tal befördern.

 

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
Dieser Beitrag wurde unter alte Kulturen, Ökonomie, die griechische Krise, Erziehung, Leben, Legearbeiten, Meine Kunst, Mythologie, Politik abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Responses to Archivbild der Woche: Kleiner Sisyphus

  1. Und die Moral der Geschicht ist, daß gemeine Volk hat kein Gesicht und bei Entscheidungen kein Gewicht! Man kann wählen was man will, die Mächtigen behandeln uns wie Müll!
    Gerda Dein Blog ist Kenntnis Erkenntniss und mega bereichernd!
    Herzlichen Glückwunsch zum
    10 jährigen bestehen!🥳🎉🎈🎈🎈
    Liebe Grüße Babsi

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  2. Sisyphos war selbst König. Und mußte, zumindest im Tartaros (sonst hätte es ihn weniger gestört), den Felsen selbst rollen. Denn normalerweise lassen Könige und die sich gern einmal so benehmenden gewählten Volksvertreter so nennen. Im Nachhinein ist man immer klüger und weiß, dass eine damalige griechische Regierung mit Hilfe großer Finanzjongleure (war da nicht schon der schwarze Fels dabei?) unglaublich getrickst hat, damit sie ihr Land in den Euroraum bringen können. Nun ja, von den damaligen Politikern rollt keiner kleine Kiesel, die haben ihre Drachmen oder Euro rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Dass es niemand in den Regierungen außerhalb Athens merkte oder merken wollte, nun ja – entweder sind das alles Trottel, die man so wählt, oder die einte der selbe Wunsch mit der damaligen griechischen Regierung. Ach je, und da denkt man, dass nur die derzeitigen Regierenden nicht so ganz helle sind…
    Lassen wir das. Denken wir lieber an den echten Sisy.
    Es gibt die philosophische Behauptung, dass er glücklich sei. Er hat eine Aufgabe und einen Stein, das stimmt. Für mein Dafürhalten war Hans im Glück aber doch noch ein wenig glücklicher…
    Aber wenn wir ihn vergleichen wollen, dann heutzutage mit den Tech – Milliardären und ihren, nun ja, Wissenschaftlern, die das Altern und den Tod ganz ernsthaft (für die Reichen) angehen wollen.
    Der Tartaros wartet. Aber vermutlich, wie im Schnipselbild, nicht auf die Täter. Sondern auf die Betroffenen.

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  3. Avatar von steinegarten steinegarten sagt:

    Eine immerwährende Aufgabe 😞

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  4. Dann hast du ja auch Jubiläum 🙂 ich habe im Mai 2015 mit der Freiberuflichkeit richtig durchgestartet! Gratuliere!

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