Seit gestern bin ich wieder mal in Athen. Dieses Jahr wollte ich die Art Athena – Messe der Galerien und Großereignis der hiesigen Kunstszene – nicht verpassen. Der Ausstellungsort war diesmal das neoklassische Vorzeigegebäude „Zappeion“ im Athener Zentrum.
Um hineinzukommen, musste ich erstmal anstehen. Denn sehr viel Volks hatte den löblichen Wunsch, sich anzusehen, was die bildenden Künstler so produzieren und was in den Galerien angeboten wird. Das Foto machte ich, als ich ging – immer noch erneuerte sich die Schlange.
Drinnen war ein ziemliches Gewühle, aber man kam voran und konnte sogar, wenn man etwas Geduld hatte, ein Bild im Ganzen, ohne andere Betrachter und Fotografierer, ablichten.
Hunderte, aberhunderte Bilder! Für jeden Geschmack gab es etwas zu sehen. Die meisten Werke sind von jungen griechischen Künstlern, dazwischen hängen und stehen auch ein paar der sog. „Großen“, die es zu Ansehen und Professur geschafft haben. Einige Galerien haben sich auf ausländische Künstler kapriziert, und auch ein paar Galerien aus dem Ausland beteiligten sich.
Sich mit der Menschenmasse von Raum zu Raum treiben lassen, ist nicht die ideale Art, Kunst zu betrachten, Aber so ist es eben bei solchen Messen. Es geht ja auch nicht so sehr um die Betrachtung von Kunst, sondern um das Bekanntmachen, das Sich-Zeigen und vielleicht um die Anknüpfung von Verkaufsverhandlungen. Was heutzutage und auf dem kleinen griechischen Markt sowieso recht schwierig ist.
Auf Titel und Künstlernamen werde ich weitgehend verzichten, bei Nachfrage kann ich das eine und andere, sofern ich es notiert habe, nachliefern.
Für die Insektenfreunde unter euch habe ich einen Leckerbissen fotografiert: mechanische Fliegen.
An einer Art Kran bewegt sich ein Geldschein. Die Fliegen kümmern sich, solange ich dastehe und sie beobachte, nicht um den Köder. Ist es vielleicht der falsche?
Ich habe den Eindruck, dass sie bei einer bestimmten Konstellation anfangen würden, sich um den Geldschein zu streiten.
Eine Ameise als Herrscherin über unseren Globus fand ich auch dargestellt.
Überhaupt gab es etliche witzig-intelligente Anspielungen auf Zeitzustände und herrschende Gedankenformen. Besonderns eindrucksvoll fand ich „Retrometaverse“ betitelte Arbeiten in Öl und Kohle auf Leinwand, nicht nur wegen ihrer meisterlichen Technik, sondern wegen der ironischen Verbindung des hochgepeppten Illusionstheaters von Metaverse mit der Vorliebe für altertümliche Technologie (Retro)
Hier noch ein zweites Werk des Künstlers…
und fantastisch gemalte bzw gezeichnete klitzekleine Details
Altmeisterlich ist auch die Arbeit eines anderen Künstlers, der sich der Ikonografie des mittelalterlichen Holzschnitts und der Handschrift bedient und sie gekonnt verfremdet.
noch mehr Beispiele (zum Größer-Sehen anklicken).
Poetisch-skurril fand ich den gemalten Kommentar zur „Evolutionstheorie“:
Mir scheint, die Dame Vogel Strauß hat den rechten Überblick.
Eine neu erwachte Freude an alten Maltechniken (Öl auf Leinwand) fand ich auch bei anderen, etwa diesen großen Gemälden, die ein wenig an den diesjährig geehrten C.D.Friedrich erinnern.
Für heute soll es genügen. Morgen mehr.










Vielen Dank für den Beitrag! Sehr interessant!!
LikeGefällt 1 Person
danke für deine interessierte Resonanz, Myriade!
LikeGefällt 1 Person
Das war gewiß interessant. Und inspirierend. Schreitender Mann, einmal nicht von Giacometti (oder Rodin), dafür in rot (vermutlich ein anarchistischer Protest gegen die roten Männchen auf Ampeln, die starr stehen bleiben).
LikeGefällt 2 Personen
danke Petra! Interessante Gedankenverbindungen! Der Künstler hat viele leere Anzüge geschaffen, die die Formmvon Menschennangenommen haben.
LikeLike
leere, schreitende Anzüge… da sehe ich einen Entwurf für einen Horrorfilm vor mir. Oder eine moderne Großstadt, Innenstadt, Stoßzeit…
LikeGefällt 1 Person
Ich glaube, der Künstler hatte die moderne (und vielleicht auch schon uralte) Maskarade im Auge, wo der Anzug zählt, und nicht das, was drin steckt.
LikeLike
Wahnsinn, die Fülle der gezeigten Arbeiten, liebe Gerda, und die Unterschiedlichkeit, die man bei den von Dir gezeigten Werken schon erkennt.
LikeLike
Stimmt, die Kunst entwickelt sich heutzutage in alle Richtungen, es gibt überhaupt keine Schulen mehr, jeder marschiert in die individuell gefundene Richtung.Das war früher anders. Da gab es Leitideen, leitende Kunstvorstellungen, Kämpfe um die „richtige“ Kunst. Das Heutige ist viel freilassender, aber auch schwieriger, denn seinen eigenen Weg zu finden: das ist schwierig, wenn es überhaupt keine Leitplanken mehr gibt und alles beliebig zu sein scheint.
LikeLike
Du meinst, die Leitlinien fehlen? Man ist allzu frei?
LikeLike
ja. Wenn, wie Beuys sagt, jeder ein Künstler ist, hört Kunst auf, eine Profession zu sein, sie wird zur Lebenseinstellung. Das ist ja nicht schlecht, im Gegenteil. Aber es führt eben auch zur Beliebigkeit.
Es gibt aber doch Unterschiede zwischen dem „jeder ist ein Künstler“ und „professionellen Künstlern“. Hier in Griechenland wird bei der Eingangsprüfung zur Kunstakademie noch gefordert, dass Kenntnisse im korrekten perspektivischen Zeichnen, im Schraffieren, in der Wiedergabe von Farbtönen, Schattierungen etc pp, die zum traditionellen Handwerkszeug der Malerei gehören. vorhanden sind. Das ist eine „Leitplanke“. Eine andere ist die Kenntnis der wichtigsten Kunstrichtungen, Werke und Theorien. Eine dritte, die nicht wichtig genug genommen wird, ist die Kenntnis der Materialien, mit denen man arbeitet. All das ist Voraussetzung für professionelle Künstler. Oder sollte es eigentlich sein.
LikeGefällt 1 Person
Ich verstehe Dich gut, liebe Gerda! Und nicht jeder, der nur einige Kritzeleien zum besten gab, dürfte sich Künstler *schimpfen*
LikeLike