Dienstags-Drabble: Eine Erinnerung an Ägypten

Dienstag ist Drabble-Time! Heide vom Blog Puzzleblume hat die Wörter Abfahren, schuldbewusst, Arme ausgewählt, auf dass wir eine Geschichte von genau 100 Worten dazu schreiben. Sofort stand eine Szene vor meinem inneren Auge, die ich vor vielen Jahren in Ägypten sah und fotografierte. Das Wort „Arme“ wirkt dabei in seiner doppelten Bedeutung.

Ein Halt in einem winzigen Straßendorf in Ägypten. Der Bus steht noch nicht richtig, da ist er schon umringt von einer Kinderschar. Als sich die Tür öffnet, recken sich verlangend Arme, Hände den Aussteigenden entgegen. „Gib, gib!“ Auch ich gebe, schuldbewusst, wissend, dass es niemals genug sein wird, um den Abgrund zwischen meiner privilegierten Welt und „den anderen da draußen“ zu überbrücken. Darf ich fotografieren? Vielleicht, wenn ich das Foto später nicht vermarkte. Also fotografiere ich meine Hand, die gibt, und eine andere Hand, die nimmt. Dann fährt der Bus ab, und die Bittenden verschwinden im aufwirbelnden Staub der Straße.  

 

Avatar von Unbekannt

About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Autobiografisches, Ökonomie, Drabble, Fotografie, Leben, Reisen, Welttheater abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Responses to Dienstags-Drabble: Eine Erinnerung an Ägypten

  1. Avatar von Ulli Ulli sagt:

    Ich habe mich schon sehr oft gefragt, ob ich die Armut und damit die bettelnden Kinder in großen Scharen aushalten könnte. Mir tut es immer schon vom Hörensagen weh, dein Foto auch!
    Herzlichst, Ulli

    Gefällt 3 Personen

    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Es ist wohl eine Frage der Entfernung, der Sensibilität und der Vorstellungskraft, liebe Ulli, ob mans aushält. Ich habe mir, da ich ja das Elend nicht beheben kann, die individuelle Hilfe als Lösung ausgewählt, um einigermaßen im Ausgleich zu sein. Die Hebräer erfanden klugerweise den „Zehnten“, den man den Armen zu geben habe. Das entlastet das Gewissen ein wenig und ist doch nicht nichts.

      Gefällt 4 Personen

  2. Avatar von Christiane Christiane sagt:

    Dein Drabble schneidet ins Herz, liebe Gerda. Danke dafür.
    Nachmittagskaffeegrüße ☀️🌳🌻🦋☕

    Gefällt 2 Personen

  3. Gerda, das möchte ich gern auch bei mir zeigen. Aber würde es etwas nützen? Höchstens wieder einmal, damit es uns bewußt wird.,

    Like

  4. So etwas erlebte ich auch in Mexiko – und dazu die gnadenlos Fotografierenden…

    Gefällt 1 Person

  5. Solche Erfahrungen, die ich insbesondere in Indien gemacht habe, vergisst man nie. Das hat Auswirkungen auf meine späteren Reisen gehabt, indem ich hauptsächlich in Europa bleibe.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..