Impulswerkstatt, Bild 1: Im Weizenfeld

Dies ist ein Beitrag zu Myriades Impulswerkstatt, Bild 1

Hallo, Myriade! Nun habe ich auch zu dem ersten Bild  einen Eintrag geschrieben. Es forderte mich zu altmodisch-frommen Gedanken auf, und so wählte ich für den Text die „gebundene Rede“.

 

Im Weizenfeld

 

Des Wanderns müde legte er sich nieder

An eines Feldes Rand und sog den Duft

Der trocknen Halme ein, die an den Spitzen

Schon reife Ähren trugen, so wie Häupter

die willig sich dem Sichelschnitte beugen

Damit die Menschen Brot zu ihrem Leben haben.

 

Ein Glockenlaut schlug an die Ohren ihm

Sehr fern dort drüben wird ein Kirchlein sein

So dachte er, und sann und träumte

Von Kindertagen als am Sonntagmorgen

Die Dörfler festlich sich zur heilgen Messe

Versammelten und Brot und Wein genossen.

 

Das täglich Brot, ja, das gab Er auch heute,

Er, dessen Name sich so oft gewandelt.

Hier war es Demeter, die Göttin von Eleusis

Dort wars der Vatergott, den sie dann auch verehrten.

Stets dankten sie dem Schöpfer, der den Hunger

Der Menschen stillt mit Brot aus diesen Ähren. …

 

Da schreckt ein Dröhnen wie von bösen Mächten

Den frommen Träumer auf, er springt auf seine Füße.

Ein Riesentrumm kommt durch das Feld gefahren

Die Ähren fallen, werden gleich verschlungen

Und spreulos eingetonnt und auch die Halme

In Rollen gleich verpackt und ausgespuckt.

 

Ja, so, mein Lieber, wird hier jetzt geerntet.

Wie sonst soll denn der Weizenpreis noch lohnen?

Jetzt liegt er bei Zweihundertdrei die Tonne

Und morgen steigt er noch, dann sinkt er wieder

Und den Gewinn hat schon der Spekulant genommen.

Da muss es schnell gehn, Zeit ist Geld, verstehst du?

 

Doch du, geh nur hinein in das verlassne Kirchlein

Sofern es offen ist, auf dass du weiter träumest

Und lauschest auf die alten Worte, welche

In dem Gemäuer häufig wiederhallten.

Von Jesus, der einst Ähren raufte an dem Sabbath,

Und von den Priestern, die ihm darob drohten.

 

Und der das Brot einst brach und sprach zu seinen Schülern:

Dies ist mein Leib, der für euch hingegeben

Das sollt ihr essen und durch mich gesunden.

Der Mensch, so sprach er auch, lebt nicht allein vom Brote

Er lebt vom Geiste auch, der in dem Brote wirket.

Und wenn du Brot hast, gib auch deinem Nächsten

Dass er sich sättigt, wie auch du, mein Lieber.

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Demeter und Persephone, zwischen ihnen Triptolemos, der die Ähren empfängt. (Kopie des Originalreliefs, Eleusis-Museum)

 

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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8 Antworten zu Impulswerkstatt, Bild 1: Im Weizenfeld

  1. Gisela Benseler schreibt:

    So ein hübsches Kirchlein hinter den hohen Halmen, ein Traum …aus deutschen Landen?🙏🌾🩵

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  2. Myriade schreibt:

    „Er“ nimmt nur 1 1/2 Sätze. Ich wollte noch sagen wie unglaublich umfassend die griechische Mythologie doch ist. Zu jedem Thema findet sich passendes !

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  3. Myriade schreibt:

    Und danke für den Beitrag. Ein solcher Text braucht doch eine Weile !

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  4. Verwandlerin schreibt:

    Wieder mal ein Glanzstück, liebe Gerda!

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