Turbulenzen (Von Kätzchentod, Flieder, Madonnen und Kalikanzari)

Ein wunderschöner klarer Dezembertag. Ich habe gut geschlafen und fühle mich ausgezeichnet. Am Vormittag machen wir einen feinen kleinen Spaziergang den Berg hinauf, zu Mittag gibt es leckere Hackfleischklöse, Pommes und griechischen Salat. Dann gehe ich hinunter ins Atelier, in der Absicht, mit meinen Aufräumarbeiten fertigzuwerden und Bilder für die Ausstellung auszuwählen.

Aber ich fühle, dass etwas nicht stimmt. Da ist ein schwacher unangenehmer Geruch. Meine Nase führt mich zum Heizungskeller. Ich öffne die Eisentür … und ja, da liegt eine der vermissten grauweißen Kätzchen, tot. Blut ist aus einer Wunde am Hals getreten. Ein anderes Tier hat sie getötet. An der weißen Wand sind Spuren von sehr viel größeren Pfoten zu sehen. Was könnte das sein?

Der Heizungskeller hat ein winziges ebenerdiges Fenster, das zwecks Lüftung immer offen stehen muss. Hier hat Prinkipessa einmal Junge bekommen und aufgezogen, aber seither hatte der Raum keinen Katzenbesuch mehr. Dachte ich. Und nun dies.

Beklommenen Herzens hole ich ein ausrangiertes Kleidungsstück und sammele das Tierchen damit ein. Versenke beides in einer Plastiktüte. Trage es den Berg hinunter zu den Mülltonnen. Komme bekümmert zurück. Bleibe an Titos Grab stehen. Da sehe ich, dass der kleine Fliederstrauch, den ich dort gepflanzt habe, blüht. Ich stecke meine Nase in die Blüte, sauge den Fliederduft ein und bin getröstet.

Dann mache ich mich daran, nicht nur den Heizungskeller, sondern auch das Atelier gründlich zu säubern, die Teppiche ins Freie zu schaffen, die Böden zu wischen, die dunklen Ecken zu entstauben….Ganz oben auf einem Bücherregal steht ein großer Druck: Maria mit dem Kind. Ich besteige einen Hocker und hole das Bild, hinter dem  Spinnengewebe hängen, herunter. Da macht es einen gewaltigen Rumms: das Regal kippt nach vorn, findet an der schweren Staffelei Halt. Die Bücher, die ich auf der Abstellplatte gelagert hatte, poltern in die Tiefe, ein Behälter mit Farben folgt ebenfalls dem Gesetz der Schwerkraft.

Beim Anblick dieses Tohuwabuhos kommt mir ein Verdacht: die Wichtel, die ich erschuf, sind vielleicht doch Kalikanzari. Und so treiben sie vor der Zeit ihr Unwesen.

Oder hatte die Madonna die ganze Zeit das Gleichgewicht gehalten, und ihre Entfernung vom angestammten Platz führte zum Chaos?

Nun, egal. Die Bücher habe ich inzwischen woanders gestapelt und werde sie neu einordnen. Die, die ich entbehren kann, könnte ich für Besucher griffbereit hinstellen. Und so noch mehr Luft schaffen.

 

 

Avatar von Unbekannt

About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Fotografie, Katastrophe, Leben, Tagebuch der Lustbarkeiten, Tiere abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

12 Responses to Turbulenzen (Von Kätzchentod, Flieder, Madonnen und Kalikanzari)

  1. Avatar von Gazelle3 afrikafrau sagt:

    Gut gemeistert hast du diese Situation, solche Tage gibt ea eben auch, Lege eine
    Ruhepause ein, wenn du kannst, Entdecke neue Schätze.

    Gefällt 2 Personen

  2. Danke, Gerda, was hast Du gerade Wechselvolles erlebt! Der blühende Fliederbusch ein Trost, ja, das war wie ein „Zeichen“ für Dich.
    Dann das mit dem Büchersturz. Ach, ich dachte schon, Du wärest dabei betroffen und vom Hocker gefallen. Nun aber hast Du wieder alles zum Guten gewendet.
    Ich denke mal, die Geisterchen haben sich in wohlwollende Wichtel verwandelt.😊👍

    Gefällt 1 Person

  3. Avatar von Christiane Christiane sagt:

    Kätzchentod: Gibt es Marder bei euch?
    Gut, dass du bei der Rettung der Madonna unbehelligt geblieben bist. Ich fürchtete schon Schlimmes.

    Gefällt 2 Personen

    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Danke, Christiane! Ich war,ehrlich gesagt, auch froh, dass ich heil geblieben bin. Vorsichtig war ich, aber was heißt das schon, wenn man auf einen hohen Hocker steigt, um eine Madonna in schwerer Verglasung herunterzuholen. Sie und ich kamen heil unten an – da erst stürzte das Regal nach vorn. Vermutlich, weil ich gefühlt hundert Bücher „provisorisch“ auf der Ablage gestapelt hatte.

      Gefällt 1 Person

  4. Oh, Gerda, was für ein Schreck, eines der Kätzchen tot… Was mag es wohl für ein Tier gewesen sein? Fuchs, Marder, alles kann sein…
    Ich bin froh, daß Dir beim Kippen des Regales nichts passiert ist!

    Gefällt 2 Personen

  5. Wer kennt nicht solches?
    Schlimmer ist es, wenn einem armen Keramiker in Diessen aufgrund starker Winde das ganze Gestell mit den Waren zusammenklappt. Habe einen solchen Menschen kennengelernt, der noch zwei Tage ausharren musste dort.

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu Christiane Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..