Tagebuch der Lustbarkeiten: Neraidenschlucht und mykenische Gräber

Eine griechische Freundin, die mit ihren beiden Kindern gern ausgefallene archäologische Plätze und besondere Naturorte aufsucht, lud uns heute zum Mitmachen ein. Es schlossen sich noch vier weitere an – und schon sind wir eine kleine Autokolonne, unterwegs durchs  messenische Land Richtung Westen – Ionisches Meer. Mildes Oktoberlicht liegt über den olivenbestandenen Hügeln, den wilden Zypressenwäldchen, den höheren Gebirgszügen in der Ferne.

Das Ziel erreichen wir nach einer Stunde Fahrt: eine mykenische Grabanlage. Doch zuerst wollen wir hinunter zur Schlucht, die der Neraidenbach in das Bergmassiv gegraben hat.

Ein steinernes Brückchen.

Ein Rastplatz mit Tisch und Bänken und einem Brunnen, aus dem frisches Wasser strömt.

Auch der Bach führt trotz des langen heißen Sommers Wasser. Wir ziehen die Schuhe aus und krempeln die Hosen hoch, um in die Schlucht hineinzusteigen. Neraiden dürften hier zu alten Zeiten gelebt haben.

Das Wasser ist eiskalt und trübe, der Boden teils kieselig, teils schlammig. Die Hosenbeine saugen sich voll Wasser, na und? Zu schön ist diese feuchte Kühle, dies magische Licht! Vorsichtig taste ich mich weiter hinein in die sich verengende Schlucht. (Die Fotos 1-5 schickte mir Freundin Natasa, No 6 zeigt die Fotografin)

Als das Wasser zu tief wird, kehren wir um.

Und oben drüber die Welt der Ausgrabung. Peristeria (Taubenhaus) heißt der Ort. Vier Kuppelgräber wurden hier gefunden, eines vollständig rekonstruiert.

Außerdem fanden sich Hausmauern, Haushaltsdinge, Schmuck…. Vielleicht möchtest du dir eine Vorstellung vom Alter der Anlage machen? Die Archäologen meinen, der Ort habe seit der mittleren helladischen Zeit (ab 2050 v.Chr.) existiert und sei gegen 1500 v.Chr. ein wichtiges adminstratives Zentrum der Mykener in West-Peloponnes gewesen. Und wann war der Trojanische Krieg? Man schätzt, im 12. Jahrhundert v.Chr.. Also vorgestern, verglichen mit diesen Kuppelgräbern.

 

Steht man draußen, sieht man die Kuppel wie eine weibliche Brust, die sich leicht über den Hügel hinaufhebt, in dessen Leib sich unsichtbar das eigentliche Grab befindet.

Das Land ringsum lässt mich alle Zeitrechnungen vergessen. Immer schon, so denke ich, breiteten sich diese Hügel, stand die Sonne über dem fruchttragenden Land, leuchtete von Ferne das Meer.

Und diesen Olivenbaum, den gab es auch immer schon, so möchte ich meinen.

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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35 Responses to Tagebuch der Lustbarkeiten: Neraidenschlucht und mykenische Gräber

  1. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    Wunderbar abenteuerlich!

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  2. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    Ach so, Sonja mit Gruß

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  3. Avatar von Christiane Christiane sagt:

    Den Olivenbaum gab es bestimmt schon immer, liebe Gerda, kann gar nicht anders sein! Ich war mal in Mykene und bin durch das Löwentor gegangen, lange ist es her …
    Mag deine Fotos sehr.
    Herzliche Abendgrüße 🌧️🌳🍃🍷🍪

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  4. Boh Gerda, schon der Abstieg in die Schlucht muss eine Herausforderung gewesen sein, was für ein magischer Ort!
    Wenn man das sieht und Du wadest mit Handy in der Hand durch den Schlucht-Bach (Fluss) unfassbar! Du bist wirklich unfassbar Agil und Mutig!👌🏻👍🏻😁🙆🏻‍♀️
    Und der Aufstieg erst, sagenhaft Gerda!
    Es ist so schön zu sehen, wie harmonisch sich diese faszinierenden Grabstätten in die Landschaft einfügen!
    Dieser Beitrag ist wirklich faszinierend und schön!
    Liebe Grüße Babsi

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  5. Avatar von Myriade Myriade sagt:

    Mir haben es besonders die so alten und so soliden Kuppelkonstruktionen angetan.

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  6. Verwunschen schön sieht das aus. 🤩 Eine vielleicht naive Frage, liebe Gerda: Darf man in und an die Grabstätten einfach so oder bezahlt man Eintritt? Liebe Grüße, Eva

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Es kommt drauf an. Eva. Diese kostete 2E Eintritt, sie hat auch drei Plätze mit Stühlen bzw Bänken und Tischen und eine Übersichtskarte. Der Aufpasser war sehr nett, brachte uns für unser Picknick sogar extra noch Stühle. Eine andere noch größere Anlage liegt auf einer Wiese, die einer Bekannten gehört, da geht man einfach rein. In Knossos musst du dagegen tüchtig Blechen.

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      • Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

        Knossos kostete schon in den 70ern Eintrittsgeld, wenn ich mich richtig erinnere, war aber jeden Cent wert❣️

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  7. Avatar von pflanzwas pflanzwas sagt:

    Was für schöne Orte und das Licht ist einfach traumschön!!! Wunderbar 🙂

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  8. Ein wundervoller Ausflug, liebe Gerda.
    Verwunschen schön, den hätte ich gerne miterlebt❣️

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  9. Das ist märchenhaft schön, Gerda! Und mutig bist Du, im eiskalten Wasser zu gehen in der immer enger werdenden Schlucht, darüber die Gräber und Ausgrabungen. Und traumhaft schön sieht es auch von oben aus!😊💕

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  10. Da hätte ich auch Lust gehabt abzusteigen. Ich wundere mich, dass an einem so schönen Ort kaum Menschen anzutreffen sind. Jedenfalls legen das deine tollen Fotos nahe.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Wir waren die einzigen in der Schlucht, aber es gibt dort einen großen Tisch mit Bänken und Brunnen, also denke ich, im Sommer kommen öfter Wanderer vorbei. Oben im Ausgrabungsgelände erschienen noch ein paar Besucher.

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  11. Inzwischen entdecke ich auch in unserer Gegend Orte, die spannend und interessant sind, von denen man sich fragt, warum dort nicht mehr Besucher aufkreuzen. Ich habe bei geführten Besichtigungen im Ausland oft weniger interessante Orte vorgestellt bekommen als ich sie gewissermaßen vor der Tür habe.

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    • Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

      Sieh, das Gute liegt so nah…. Führungen sind nicht so meins. Ich kann sowieso nicht auffassen, was da erklärt wird. Dann schon eher am Bildschirm. Beim Reisen brauche ich meinen eigenen Rhythmus und die Intuition des Moments.

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  12. Avatar von Unbekannt Anonymous sagt:

    Das geht mir genauso, aber bei manchen gebuchten Rundreisen in einer neuen Region ist man manchmal zwangsläufig solchen Führungen ausgesetzt. Das war allerdings meist noch in der „analogen“ Zeit, in der Reiseführer die nahezu alternativlose Lektüre zur Vorbereitung und Gestaltung der Reise waren. Heute hat man in der Tat mehr Möglichkeiten, auch was eigene Initiativen betrifft.

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