Tagebuch der Lustbarkeiten: Meer, was sonst

Die größte aller Lustbarkeiten ist im Sommer zweifellos, früh morgens ins Meer zu springen. Du hast die Bucht noch ganz für dich allein. Die Sonne beleuchtet schon das Meer und malt Lichtkringel, während der Strand mit seinen runden Steinen noch im Schatten liegt.

Über dir ziehen leise dröhnend Löschhubschrauber Richtung Süden, aber was gehts dich an! Anderen brennt das Haus. Du bist in Sicherheit, drehst ruhig deine Runden und fühlst dich beschenkt.

Ist es nicht genau diese Haltung, die uns das Leben ermöglicht? Ich entsinne mich, wie wir 1999 die Adria auf dem Deck der Fähre nach Italien überquerten, während die NATO-Bomber über uns hinwegflogen, um ihre Bombenfracht über Belgrad, Nis und NoviSad, Pancevo, Pristina und Podgorica abzuwerfen. Ich weinte. Neunundziebzig Tage lang – solange gingen die Bombardierungen – weinte ich und protestierte und schrie mir (bildlich gesprochen) die Kehle aus dem Hals. Das passiert mir nie wieder. Mögen sich andere um die Brandstifter dieser Welt kümmern. Ich tauche unter im durchsichtig-glänzenden Meer und lobe den friedlichen Tag. Möge er friedlich bleiben, und sei es auch nur in dieser kleinen Weltecke.

 

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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15 Responses to Tagebuch der Lustbarkeiten: Meer, was sonst

  1. Avatar von Gazelle3 afrikafrau sagt:

    Einen friedlichen, erholsamen lustvollen Abend mit einer Meeresbrise

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  2. Ja, nach alledem wünsche ich Dir das auch.♥️

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  3. Fûr uns waren damals die Serben die Angreifer, und wir mußten Kroatien u.a. „schützen“. „Wir“ im westlichen Bündnis.

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  4. Ach, Gerda, mögest Du das Meer mit vollen Sinnen genießen und nicht mehr schreien oder Weinen müssen.
    Ganz herzlich, Bruni

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  5. dieser beitrag stimmt mich nachdenklich. die fotos sind so herrlich, wunderschön und ungetrübt! das noch zu sehen, wahrzunehmen, zu spüren, zu würdigen, ja, das hält am leben. einen herzlichen gruß zu dir, liebe gerda, von diana

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  6. Dazu fällt mir ein Ausspruch von Christa Wolf ein: „Sich den wirklichen Zustand der Welt vor Augen zu halten, ist psychisch unerträglich.“

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  7. Avatar von Sonja Sonja sagt:

    Und das Meer so ganz ohne Plastikkram , so herrlich!
    Kein Wunder, dass ein gewisser despot davon was will, nachzulesen bei Frau Chorherr.
    Ach, Gerda, ich lasse mich da jetzt mal einfach nieder, Strecke die Unterbeine rein und such mir schöne Handschmeichelkiesel…

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  8. Damals war ich bei einem jungen Zahnarzt in Behandlung, der sich sehr engagiert hat und mir einen wichtigen Zahn gerettet hat. Dazu war er so nett! Dann, während einer Behandlungssitzung erzählte er, dass seine Eltern aus Serbien kamen und er noch in Serbien geboren war. Unwillkürlich bin ich da innerlich zusammengezuckt – und er hat das voll mitbekommen. Im weiteren Familien und Bekanntenkreis von mir herrschte damals pures Entsetzen über die GefangenenLager, Schwängerungen von muslimischen Frauen und Massaker an Muslimen….
    Er konnte ja nichts dafür und doch…es stand von da an zwischen uns. Es tat mir so leid, für ihn, für uns beide.

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  9. Avatar von gkazakou gkazakou sagt:

    Dass persönliche Beziehungen dadurch belastet wurden, ist traurig und ungerecht. Dieser Krieg war schrecklich, aber vieles, was in Deutschland berichtet wurde, war pure Propaganda und Lüge, was inzwischen bewiesen ist (zB der „Hufeisenplan“, Fotos von einem Gefangenenlager u.a.) . Ich kümmerte mich damals um serbische Waisenkinder aus der Kraina und in Flüchtlingslagern, da gab es eine kleine Hilfsorganisation hier in Griechenland, es waren Zigtausende vaterlose Kinder, und keine internationale Organisation nahm sie zur Kenntnis. Ich habe serbische Freunde, die hassten Milosevic und seine Freunde , aber nützte das was? Das ganze serbische Volk wurde bis heute stigmatisiert, war es schon zuvor, seit ein Nationalist den Habsburger Thronfolger erschoss (1. Weltkrieg). „Serbien muss sterben“ war ein Slogan damals. – im 2. Weltkrieg ging es dann weiter, als die Kroaten und Moslems mit Hitler paktierten und die Serben Freiwild waren, weil sie Widerstand gegen die Besatzung leisteten. Man muss die Vorgeschichte kennen, um manches zu begreifen.

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