Gestern war ja „Tag der Frau“, heute ist Frau wieder das, was sie auch sonst ist: die Hälfte der Menschheit. Gerade deshalb will ich ihr heute meine Aufmerksamkeit zuwenden.
Anlass gibt mir eine Ausstellung, die ich heute sah: Die großartige Fotokunst der Elli Sougioultzoglou-Seraidari, bekannt unter ihrem Berufsnamen “Nelly’s“. Eine gute Einführung bietet ein Text mit Video des Benaki-Museums. Der Text ist auf deutsch, das Video englisch. Schau mal rein, wenn du magst, es lohnt sich.
Nelly stammte aus Aydin in Kleinasien, das im Rahmen der Unruhen während der neutürkischen Staatsgründung 1919 verwüstet wurde. 1920 folgte sie ihrem Bruder nach Dresden, wo sie eigentlich Kunst studieren wollte, doch dann aus Gründen des Überlebens zur Fotografie wechselte. 1924 eröffnete sie ein Studio in Athen. Berühmt (und berüchtigt) wurde sie wegen ihrer „schockierenden“ Fotos von fast oder ganz nackten Tänzerinnen in den antiken Stätten. Ausdruckstanz und Theater waren damals Schwerpunkte ihrer Arbeit.
Sie war aber auch eine hochbegabte Portraitistin. Die wohlhabenden Bürger Athens kamen in ihr Studio, um sich portraitieren zu lassen. Und machte sie sich einen Namen als Mode-Fotografin.
Gelegentlich unternahm sie abenteuerliche Reisen ins Landesinnere und auf die damals noch sehr primitiven Inseln. So schuf sie die klassisch-romantische Ikonografie (zeitweise im Auftrag des Tourismus-Ministeriums), die sie aus Deutschland mitbrachte und die für Griechenland prägend wurde:
antike Ruinen, Hirten und Bauernvolk in Trachten, stolze Kreter, Volkstanzgruppen, Musiker, alte Handwerke.
Weniger bekannt sind ihre herzbewegenden Bilder vom Elend der aus Kleinasien vertriebenen Griechen.
So schuf sie ein großartiges Panorama der griechischen Lebenswelt und Ausdrucksformen in den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. 1939 ging sie in die USA, wurde eine internationale Berühmtheit, kehrte nach dem Krieg zurück, arbeitete, schuf weiter an ihrem Werk, starb 99-jährig.
Hier nun noch zwei Portraits von Frauen (mit Spiegelungen).
Ich bin keine Fotografin, und so kann ich die Mittel, mit denen sie arbeitete, nicht einordnen. Aber es ist auch mir klar, dass das damalige Fotografieren eine hohe Kunst war – vom Aufbau des Motivs bis hin zu den letzten per Hand vorgenommenen Retouchen.


Gute Kunst ist gute Kunst. Du sagst es: Teil der Menschheit.
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Eine Künstlerin mit Leib und Seele war sie wohl.
Ihre Fotografien müssen Kunstwerke gewesen sein.
Wie schön, daß Du an sie erinnerst, liebe Gerda
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Ich war auch sehr beeindruckt. Ich kannte die bekanntesten ihrer Arbeiten, aber es macht doch einen Unterschied, wenn man das ganze Werk und die Persönlichkeit sieht, die es geschaffen hat.
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Oh ja, das ist dann sehr anders! Viel intensiver und beeindruckender noch.
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