Welttheater. 4. Akt,1. Szene: Wilhelms Traum

Was zuletzt geschah: Die Schwarzafrikaner – von Jenny und Wilhelm als Diebe bezeichnet -, treten aus der Anonymität der „Illegalen“ heraus.  Sie haben jetzt dank der Nachfragen von Clara, Danai und Trud Namen: Hawi (der Kleine) und Abud (der Ältere), man fragt nach ihrer Geschichte, ihrem Charakter – sie werden zu individuellen Menschen.

Wie das Symposion verläuft, erfahren wir nur indirekt. Denn als der Vorhang wieder aufgeht, sehen wir Wilhelm allein in seinem Lager.

Wilhelm:

Nun sind sie fort und ich bin wieder allein

ein wenig benommen vom Reden und auch von dem Wein

den schließlich die, die Göttin sich nennt, noch brachte

so dass ein jeder schwätzte und sang und laut lachte.

Mein Schädel der brummt mir, und traurig scheint mir der Ort

den ich mir mit Mühe geschaffen, der zuvor war mein Hort.

Soll ich erneut die Uhren kontrollieren,

die zeigen, wann das Ende droht?

Soll ich die Restbestände archivieren

wenn alle Zeiger zeigen schon auf Rot?

Was nützt das Sammeln, wozu soll ich horten

wenn eh demnächst das Ende ist erreicht?

Trifft mich das Unheil nicht an allen Orten?

Kann ich allein ihm trotzen, wenn vielleicht

es mir gelingt, die Türen zu verrammeln

und einzuschließen mich in diesem Raum?

Die Nahrungsmittel werden doch vergammeln

und Überlebenschancen gibt es kaum.

Was soll ich tun? O weh, mein Kopf! Ich glaube

dass ich mir jetzt ein Stündchen Schlaf erlaube!

Luise, das Traumwesen, schwebt heran:

Luise

So komm, du armer Mann, der sich den Kopf zerbricht

es hilft ja nicht!

Komm, überlass dich freudig meiner Sicht

díe Lust verspricht.

Im Dunkeln harre nicht, komm mit ins Licht

Schluss mit Verzicht!

 

Ich führe dich in zauberhafte Auen

von Duft umfächelt

Dort wartet dein die Schönste aller Frauen

die dir zulächelt.

Komm mit, du Lieber, fass zu mir Vertrauen!

Nur nicht geschwächelt!

 

Das Lager verschwindet. Die uns wohlbekannte Bucht erscheint.

Luise

Komm her, du müder Mann, schau wer da ruht!

in Rosenrot und in Erwartungsglut!

Isolde ist’s, und Tristan, der bist du!

So ruf sie an, bei dir ist sie im Nu!

Schau nur, sie will sich schon erheben

siehst du denn nicht den weichen Leib erbeben?

Sie eilt dir zu, sie stürzt in deinen Arm!

und in dem kalten Herzen wird dirs warm!

 

So halt sie fest, drück sie an deine Brust!

Du glaubst mir nicht? du glaubst nicht an die Lust?

O Wilhelm! Armer Mann, sogar in Träumen

wirst du die holde Lust versäumen

ohn die das Leben eine Last

ein Ungetüm und Scheusal fast.

 

O Graus! Am Horizont erscheint

– hör doch, wie die Isolde weint! –

ein Schiff, mit wilden Männern voll,

 die Frauen rauben, liebestoll!

An ihren Bug sie heften deine Braut

ihr Liebesleib geschändet, dass mir graut!

und immer harren muss sie dort

du selbst bist es, du treibst sie fort.

Warum hast du sie nicht gehalten?

Du ließest sie den Wildgestalten

statt sie zu lieben und zu kosen

inmitten Sonnenschein und Rosen.

Die Liebeslust wurde gemein

Zurück bleibt trostlos Herzenspein.

Wilhelm erwacht, reibt sich die Augen, steht auf. 

Wilhelm

Bin ich allein? Was war das eben?

Ein Traum wars, kein Realerleben.

Der Wein tobt noch in meinem Kopf

er fühlt sich an wie’n leerer Topf.

 

Doch lieblich wars, mein Herz ist voller Bangen

Isolde hieß sie, kann ich sie erlangen?

Kann ich mit frischen Lebenskräften

mich an die Spur der Räuber heften?

 

Und sie gewinnen, meine Braut?

Sie hat so lieblich ausgeschaut.

Ach was, es war ein Traum

und Traum ist Schaum.

 

Ich mach mich besser jetzt ans Werk

Geh fort zum Jagen auf den Berg.

Wildgänse sind grade auf der Reise

dafür krieg ich jetzt gute Preise.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Über gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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