Was zuletzt geschah: Jenny, allein im Wald, wird von Angst befallen, die ihr Gefahren vorspiegelt und sie für die Freunde blind macht. Schurigel, der Angstmacher, steht sofort bereit, um ihre Angst zu steigern und sie an die Kandarre zu nehmen. Jenny schickt Schurigel weg. Da werden dann auch die Freunde wieder sichtbar.
Wilhelm führt Jenny in sein Lager, die anderen folgen zögernd nach.
Wilhelm (Überlebenskünstler, Prepper):
Ihr seht, ich bin gut vorbereitet
und wenn so mancher auch bestreitet
dass Unheil kommt und Hungersnot
Ich kenne der Vernunft Gebot.
In diesem Lager hab ich alles
was Mensch zum Überleben braucht
so dass im Falle eines Falles
wenn rings die Welt schon brennt und raucht
wenn andere darben und erfrieren
und Strahlung tötet Frau und Mann
sitz ich gemütlich hier beim Biere
mir auch ein Butterbrötchen schmiere
und mich der Tod nicht holen kann.
Jenny (Jugendliche)
Ah. Butterbrötchen? Wo sind die?
die ess ich für mein Leben gern!
Dazu ein Stück vom Käse Brie,
das Bier das lasse ich dem Herrn.
Ne Limo wäre mir ganz recht.
Ein Omelett wär auch nicht schlecht
Egal, ich esse, was du hast
verhungert bin ich nämlich fast.
Clara (Kind)
Hier drinnen ist es duster
da wohnt ein böser Schuster
der macht den Leut zu kleine Schuh
Und quält sie sehr und lacht dazu.
Danai, ich mag hier drin nicht sein!
Will raus, in Luft und Sonnenschein!
Danai (Flüchtlingin):
Wir armen Leut, wir können oft nicht wählen
wo wir gern sind und was uns gut gefällt
Doch können wir bewahren unsre Seelen
vor den Verhärtungen der Welt.
Auch wenn wir flohn und nicht mehr haben
was wir im Leben angeschafft
bleibt die Natur mit ihren Gaben.
Sie gibt uns Glauben, gibt uns Kraft.
Was nützt΄s dem Menschen, der zusammenrafft
und lebt im Bunker, lebt vom Licht getrennt!
Und sitzt allein wie in der eignen Haft
wenn rings die Welt im Feuer brennt?
Ich ließ zurück, von wo ich kam
mein Heim, den Schrank, den Herd
doch das verursacht keinen Gram
ist von geringem Wert.
Dass ich verloren hab mein Kind
und Menschen, ja, das schmerzt
Die Dinge sind, was sie halt sind,
Verschenk sie ganz beherzt
und lebe frei und gib und nimm
von Menschen und Natur
Geht es dir wirklich einmal schlimm
hilft Geben-Nehmen nur.
Trud (Fragende)
Ein Bunker hier? mit tausend Sachen?
Was will der Mensch denn damit machen?
Will er das Leben konservieren?
für die Zukunft reservieren?
Das, so scheint mir, ist recht dumm.
Zukunft ist jetzt, und Jetzt ist um.
Domna (blinde Dichterin)
Aus des Waldes Schattenspiel
sind wir nun hier eingekehrt
dumpfe Höhle, ach wieviel
Trübsinn mich hier gleich befiel,
Lust hat sich in Angst verkehrt.
Angst hat dies Gehäus durchwoben
hats durchtränkt mit kaltem Schweiß
Welche Hoffnung ist zerstoben?
Welche Furcht wird aufgehoben
und gepflegt mit großem Fleiß?
Ists die Angst, dass dieses Leben,
das begrenzt ist von Natur,
uns beraubt und will nicht geben
uns den Wein und auch die Reben,
sondern eins von beidem nur?
Du willst diese Erd auspressen
dass sie gibt, was du verlangst
Du willst essen, willst auch fressen
Willst das Geben glatt vergessen
Das Ergebnis ist: die Angst.
Angst, dass nichts mehr dich ernähret
wenn du alles aufgebraucht
Wielang denkst du, dass es währet
bis du alles aufgezehret?
Bis dein Leben ausgehaucht?
Du bist in den besten Jahren,
lieber Wilhelm, hör mich an!
Denke nicht an die Gefahren!
Dies ist die Zeit des Wunderbaren!
Vertraue, guter Mann!
Darf ich einen Rat dir geben?
Lass das Raffen, gib dir Ruh!
Lieb die Deinen, lieb das Leben
Lass dich in das All verweben!
Schaue hin aufs Du.
„Hier hab ich alles, was ich für drei Jahre Überleben brauche. Dahinten siehst du den Eingang zu meinem persönlichen Atombunker, der ist voll ausgestattet mit Stromaggregaten, Batterien, Kerzen, Wasserfilteranlagen, die ganze Latte. Ich habe vorgesorgt und kann überleben, wenn alle anderen längst tot sind“
Interessante und schoene Kunst – macht Freude und gibt Sinn…
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Vielen Dank, das freut mich sehr!
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Wilhelms vermeintliche Sicherheit schreckt die Gruppe. Ich kann es gut verstehen.
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Ja, es ist ein Sicherheitsbedürfnis, das durch die unausgesprochene Angst vor Verlust und Tod gespeist wird. Diesen dunklen „Angstboden“ empfindet das Kind als Enge (zu kleine Schuhe). Danai, die durch Flucht alles verloren hat, hat diese Angst hinter sich gelassen. Domna interpretiert die Angst generell als Folge eines gestörten Geben-Nehmen-Verhältnisses
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Wieder wunderbare Dichtung, Gerda, und immer klarer unterscheiden sich die Geister, und eine Idee von einem besseren, friedlicheren menschlichen Miteinander schält sich heraus….
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Danke dir, Gisela. Ja, nur eine Idee ist es vorerst, von Domna, der blinden Dichterin, in dieses Jahr eingeführt. Es ist die Idee, das große Gesetz der Natur – Geben und Nehmen im Ausgleich – ins menschliche Leben zu übertragen. Es gibt ja ein anderes Gesetz, das Darwin formulierte: der Geeignetste überlebt im „Kampf ums Dasein“. Das wurde immer als „der Stärkste überlebt“ ausgelegt. Doch wer ist wirklich der „Geeignetste“? Der mit den starken Muskeln und dem zupackenden Wesen, der alle anderen verdrängt bzw auffrisst? Offenbar nicht, denn bald schon hätte dieser keine Beute mehr. Das „Gesetz des Ausgleichs von Geben und Nehmen“ setzt auch dem Räuber seine Grenzen.
Domna ist eine blinde Dichterin: der schwächsten eine, und lebt doch. Wie? Wodurch?
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„Survivel of the fittest“ heißt also: Der Tüchtigste oder Geeignetste überlebt. Auch der Stärkste. Oder soll man doch besser sagen: Das Stärkste, das Beste!? Es könnte dies letztere auch gemeint sein.
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the fittest / das am besten an die jeweiligen Umstände Angepasste.
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„Will er das Leben konservieren?
für die Zukunft reservieren?
Das, so scheint mir, ist recht dumm.“
Da träumt es sich gleich leichter 🙂 Tolle Episode!
Zukunft ist jetzt , und Jetzt ist um.
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Ganz herzlichen Dank für deine Resonnanz, lieber Alexander, die mir sehr wertvoll ist.
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Das Gesetz des Ausgleichs von Geben und Nehmen finden wir überall in der Natur. Wir Menschen aber tun uns schwer damit. Es ist ein Schöpfungegesetz.
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So ist es. Ich nenne es Naturgesetz. Im Altertum wurde es durch die Göttin Nemesis verkörpert. Heute nennt man die „Rache“ der Natur, wenn man gegen dieses Gesetz verstößt, immer noch Nemesis.
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Ach, ach, wer möchte denn so ganz alleine überleben, liebe Gerda?
Und ist auch an alles gedacht, selbst die Einsamkeit kann töten
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So seh ich das auch. Alleine zu essen ist schlecht.
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Ich glaube, Einsamkeit zehrt
wenn man sich nicht mit allen Mitteln
dagegen wehrt, liebe Gerda
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Ja, es ist wichtig, immer etwas dageben zu setzen und die Schwierigkeiten des Gem-einsam auszuhalten.
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