Was zuletzt geschah: Clara hat Angst vor Schlucht und Wald, denn sie kennt zu viele Märchen mit Kinderfressern. Domna setzt die freundliche Natur- und Geisterwelt dagegen. Alle stehen abmarschbereit vor dem dunklen Spalt im Gebirge, als der Vorhang fällt.
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Als der Vorhang wieder aufgeht, haben unsere Freunde den dunklen Durchgang schon hinter sich.
Jenny:
Ganz schön finster, meine Leut!
fast hätte ich den Plan bereut.
Du, Clara, hast es fein gemacht
dein Dosenlicht hat es gebracht.
Clara:
Die Domna sagte mir Verse auf
Zusammen gings den Weg hinauf.
Nun ist es hell, ich seh den Wald
Wann machen wir denn endlich Halt?
Wilhelm
Bist du sehr müde, musst du’s sagen
Ich kann dich auf dem Rücken tragen.
Doch glaube mir, der Wald ist schön,
da wirst du lieber selber gehn.
Danai
Wo ist die Trud, sagt mir, ihr Lieben:
Ist sie vielleicht zurückgeblieben?
Alle schauen sich suchend um. Jenny entdeckt sie als Erste.
Jenny.
Die Trud sitzt dahinten, am Anfang vom Pfad
Sie hat da wohl wieder Fragen
über den Weg, ob er krumm oder grad.
Ihr kennt ja der Trud ihre Plagen.
Ich denke, wir lassen sie hocken.
Der Boden ist dort warm und trocken.
Wilhelm:
Ich denke grad wie du
wir lassen sie in Ruh
Domna
Wer immer nur fragt, der findet
sein Ziel nicht, und er erblindet.
Ich habe es selber erfahren
als ich noch jung war an Jahren.
Nun frag ich nicht mehr viel.
und finde stets mein Ziel.
Das Ziel das ruht im Herzen
Es ruht dort immer schon
In Freude und in Schmerzen
In Freiheit und in Fron:
Du kannst es nicht ausmerzen.
Es ist dein Seelenton.
Die Trud wird es begreifen
wenn sie zu End gedacht
Die Wahrheit wird sie streifen
bevor es wieder Nacht.
So lasst uns gehn, sie folgt uns nach
sobald sie sich besonnen,
dann ist sie auch dem Ungemach
der Fragerei entronnen.
Alle wollen gehen, aber Clara zögert.
Clara:
Ich glaub, ich brauch die Dose nicht mehr.
ich stell sie hier hin,
und wenn die Trud kommt hinterher
dann weiß sie, wo ich bin.
Und wo ich bin, da seid ihr auch
dann freut sie sich
Sonst sucht sie hinter jedem Strauch
und find uns nich.
Jenny (empört, zornig)
Sag mal, du spinnst wohl, Kleine?
Erst schimpfst und heulst und jammerst du
bis du erweichst die Steine
und gibst nicht einen Moment Ruh
und nennst mich Diebin, nennst mich schlecht
weil ich das Dingsda tauschen wollte!
Das find ich wirklich ungerecht!
Sei froh, wenn ich nicht länger grollte.
Jetzt lässt du es hier einfach stehn
Wo jeder, der des Weges zieht
und um sich blickt und ist nicht blind
es aus dem Augenwinkel sieht
und nimmt. Du bist verrückt, mein Kind!
Claras generöse Handlung und Jennys Zornesausbruch machen die Frauen ratlos.
Jennys Geschrei ist auch zu Trud durchgedrungen. Sie steht auf und wandert langsam, tief über den Pfad gebeugt, auf die Gruppe zu.
Wo bin ich? Wo die anderen?
Muss ich alleine wanderen?
Braucht niemand die Trud und ihre Fragen?
Können sie mich nicht mehr ertragen?
Sind die Antworten alle gefunden?
Wielange hockt ich dort, wieviele Stunden?
Wie dunkel es ist! Aber da vorn, ist das Licht?
Das Licht von Kind Clara? ich täusche mich nicht?
Ohne Claras Licht wär ich verloren?
Bin ich denn selber ohne Licht geboren?
Wer bin ich, Trud? Wer hat mich so gemacht?
Wer hat mich so auf diese Welt gebracht?
Wie gut für Trud, daß Clara ihrer gedachte!💓
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Für mich ist die unschuldige Clara das Kind, das in jedem von uns lebt. Trud ist sich dieses Kindes kaum noch bewusst, so sehr ist sie über die Rätsel des Lebens gebeugt. Aber bevor sie sich ganz verlor, meldete sich Clara mit ihrem Licht. Jenny ist ganz anders, sie ist ja eine Jugendliche, die das rein Kindliche hat hinter sich lassen müssen, die schlau werden musste im Überlebenskampf. Sie hat ihr „inneres Kind“ mühsam zum Schweigen gebracht und ist daher sehr wütend, als es sich meldet, um ihr zu sagen, dass ihr Verhalten (Diebstahl, Wortbruch) fragwürdig ist.
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Gerda, das bringst Du ja alles in Deinem Welttheater zum Ausdruck. Ich kommentiere, aber kritisiere nicht.
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Nicht nur die einzelnen Szenen, soweit ich sie verfolgt habe, sind äußerst interessant und ansprechend in vielerlei Hinsicht, auch die Bühnenbilder sind es. 😍 Und ich staune darüber, dass es dir möglich ist, die Geschichten so sprudelnd zu bringen.
Das Welttheater schreitet so rasch voran, dass ich gar nicht alle Teile mitbekomme. Aber du machst ja, Gott sei Dank, Zwischenbilanzen.
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Danke, Beate. Was soll ich machen: das Welttheater kennt keine Pausen, er spielt immerfort weiter, und ich versuche, einigermaßen Schritt zu halten. Sowieso ist der Ausschnitt, den ich grad überblicke, winzig. Die Bühenbilder sind für mich sehr wichtig, ohne sie wäre ich im Nirgendwo verloren. Auch die Tatsache, dass die Figuren unveränderlich dieselben bleiben und sich nur ihre Position zueinander und im Raum ändert, ist eine große Hilfe für mich. Unter diesen einschränkenden Bedingungen kann ich überhaupt nur hoffen, irgendetwas sinnvoll in Worte zu fassen.
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