Mir hat dieser Beitrag über einen Schriftsteller, den ich nicht kenne (shame on me!) und eine Literatur, die seit Homer als erzählende lebendig war, sehr gefallen.
Pramoedya Ananta Toer, der große indonesische Erzähler, der vor einigen Jahren verstorben ist, schuf sein berühmtestes Werk als politischer Gefangener. Als Gegner des Dikators Soeharto hatte er seine Stimme erhoben. Als man ihm drohte, ließ er sich nicht einschüchtern, was zur Folge hatte, dass er sich für sieben Jahre auf einer kleinen, entlegenen Insel wiederfand, wo er als Gefangener Zwangsarbeit verrichten musste. Dort begann er einen Roman zu schreiben, und zwar im Kopf. Ihm wurden weder Stift noch Papier zugebilligt, elektronisches Equipment gab es noch nicht. Was machte Pramoedya? Er begann, die sich in seinem Kopf entfaltende Geschichte den Mitgefangenen zu erzählen. Und zwar so, wie das in der Geschichte alle großen Erzähler gemacht haben, als Fortsetzungsroman. So entstand die nach der Insel benannte Buru-Tetralogie. In ihr wird das Erwachen der indonesischen Nation aus dem Flickenteppich der Kolonisation beschrieben. Es ist brillant erzählte, bewegende, hoch politische Literatur. Und es ist nicht…
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Danke fürs verlinken, ich kenne den Schriftsteller auch nicht, auch shame on me und dann auch wieder nicht, denn wir können einfach nicht immer alle kennen und alles auch nicht!
Was daran aber sehr wahr ist, ist, dass die Erzählkunst kaum noch gepflegt wird, ich übe mich bei den Enkelkindern, indem ich Geschichten erfinde oder Tatsächliche erzähle, so welche mit Sinn und ohne moralische Keule 😉
das war heute einer der intensivesten Blogtage seit langem und ich habe es endlich wieder genießen können! Du bist Teil davon…
herzliche Abendgrüße nach dem zweiten Gewitter für heute.
Ulli
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Man kann unmöglich einen umfassenden Überblick über die gesamte Weltliteratur der Vergangenheit und Gegenwart haben
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Danke für den Tipp. Als ich in jungen Jahren mit meiner Freundin verreiste gab es am Abend manchmal weder Licht noch Strom, (smartphones sowie so nicht) lagen wir nebeneinander und wir erfanden Geschichten die wir uns die halbe Nacht erzählten. Grüsse Tom
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welch schöne Erinnerung! ich hoffe, du machst das auch heute noch manchmal, schwarzer Vogel du!
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Das Geschichten erzählen…nun, auch das Briefe- und Kartenschreiben fällt dem Bach herunter. Selbst das Miteinandertelefonieren.
Danke für den Gedankenanstoss!
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du hast leider recht. Muss erst jemand eingesperrt und um Kuli und Papier gebracht werden, um die alte Erzählkunst zu beleben?
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Vielleicht muß erst tiefste Not herrschen?
Das gemahnt mich auch an meinen jüngeren Bruder, der, schwerkrank, seinen Nächsten ein Licht sein wollte (und konnte).
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Geschichten erzählen und überliefern ist etwas, das mich an der Sprache des Atelier-Kindes sehr fasziniert, liebe Gerda. Diese Sprachen kann man ja nicht aufschreiben und so haben die Gehörlosenkulturen und ihre landesindividuellen Sprachen sich quasi nur durch weiter erzählen von Hand zu Hand erhalten und entwickeln können.
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das ist ein sehr interessanter Aspekt, an den ich noch nie gedacht habe. Wie denn auch. ich bin zwar sehr schwerhörig inzwischen, lebe aber in einer Welt von Hörenden, die erwarten, dass ich verstehe was sie sagen. Drum ziehe ich mich immer mehr aufs Schriftliche zurück.
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Das wird nochmal interessanter wenn man die besondere deutsche Situation nimmt. Bis 2002 war die Deutsche Gebärdensprache nicht offiziell anerkannt und bis in die Nullerjahre hinein wurde an den Gehörlosenschulen (Ausnahmen bestätigen die Regel) mit der im Ausland „deutsche Methode“ heißenden oralen Methode unterrichtet. Das heißt ohne Gebärden, die Schüler haben nichts verstanden und konnten folglich auch ihr intellektuelles Potential nicht nutzen, weshalb es viele erwachsene Gehörlose gibt (besonders ü40), die nicht richtig lesen und schreiben können. Hat man die nicht gelehrt, weil der Fokus auf orales Sprechen und Lippenlesen lag. Damit „verstehen“ kann man als von Geburt an Hörgeschädigter aber nur 12 Buchstaben, den Rest muss man sich selber zusammenbasteln (klappt nur, wenn man weiß worum es geht) und versteht dann höchstens ca. 30%. Da kann man sich ausrechnen wie viel das bringt. Und dennoch trotz des Verbotes (es wurde in den Schulen auch auf Hände geschlagen, sieht man beim Atelier-Kind-Vater noch), trotz der Geschichte im Nationalsozialismus (Gehörlose waren als erste 1933 vom Gesetz gegen erbkranken Nachwuchs betroffen) gibt es in Deutschland eine sehr lebendige Erzählung etc. Das ist faszinierend.
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Danke für diese ausführliche Kommentierung. den Sachverhalt kannte ich bereits aus einem früheren Beitrag von dir, aber man kann ihn nicht oft genug betonen. Welch reiche Tradition die Gebärdensprache schafft, habe ich auch durch dich erfahren. danke.
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ohne meine mir immer wieder Geschichten erzählende Oma hätte ich eine viel freudlosere Kindheit gehabt und heute stoppen mich meine Kinder immer wieder, wenn ich erzähle, denn scheinbar bin ich zu ausführlich *g*. Dabei bin ich eigentlich still und höre gerne zu, aber wenn ich mal anfangen kann, dann nutze ich es meist auch *lächel*
Ich hab auch schon mal besser gehört, liebe Gerda…
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ja, erzähl nur, erzähl langsam und mit vielen Einzelheiten, die Kleinen werden es dir danken! Die eigenen Kinder freilich nicht, die sind ungeduldig mit der Mutter und meinen, alles längst zu wissen.
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Genau, mit der Mutter sin d sie ungeduldig.
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ich weiß ja, ich war es auch mit meiner, aber ich dachte, mir würde es nicht passieren …
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😉
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