Der September und „der Stern“ (auf dem Kopf stehend)

Die Tarotkarte, die ich am 3. Januar, der 9. Raunacht, für den neunten Monat dieses Jahres, den September, zog, war „Der Stern“. Die Karte stand auf dem Kopf, aber das störte mich nicht: Wie unten so oben, sagten schon immer die Weisen, und ob wir nun das Wasser aus der Tiefe heraufpumpen oder es uns von oben herabströmt – es ist immer dasselbe Wasser, seit dem Beginn aller Tage.

Ich war sehr zufrieden mit der gezogenen Karte und schrieb beinah dithyrambisch: Der „Stern“ also soll meinem September leuchten, und das stimmt mich fröhlich. Denn wie auch immer im einzelnen interpretiert – der Stern strahlt klar, hell, verheißend, er visualisiert eine Zukunft, die als „Wasserfrau-Zeitalter“ wie ein Zauberbild über allem Heutigen schwebt. Hier liegt alles nackt und klar vor Augen, nichts braucht verhüllt und verschwiegen zu werden, nichts liegt miteinander im Streit. Ah, blauer September! Genau so kenne ich dich, genau so liebe ich dich vor allen anderen Monaten. Du bist Fruchtbarkeit und Ernte, Bläue und Licht. Tag und Nacht halten sich die Waage und beleuchten sich gegenseitig mit ihren Gestirnen.

Ich machte auch eine verheißungsvolle neurographische Zeichnung dazu.

Und fügte die Erwartung hinzu, dass wir Menschenkinder es einst schaffen werden, das, was jetzt noch Kopfgeburt ist (Freiheit, Gleichheit und brüderlich-schwesterliches Teilen), wirklich zu machen – also die Idee des Guten auf feste Füße zu stellen.

Nun sehe ich die Karten ja nicht als Prophetie, sondern als Aufgabenstellung. Welcher  Schwerpunkt ergibt sich aus dieser Karte für mich? Die Karte „Stern“ bedeutet Hoffnung, Inspiration, und dass der Stern über mir leuchten wird. Und wenn sie auf dem Kopf steht? Dann bedeutet sie: Standhalten, nicht verzweifeln, wenn sich Hoffnungen zerschlagen, Inspiration ausbleibt und kein Leitstern über mir leuchtet. Oder, auf die Weltverhältnisse bezogen: Wenn sich Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – anstatt dass wir ihnen näher kommen, in immer weitere Fernen entrücken, DENNOCH zu sagen wie Schiller in dem Gedicht, das ich auf der Treppenstufe „Wahn“ zitierte.  “

Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,

Es ist DENNOCH, das Schöne, das Wahre!

Es ist nicht draußen, da sucht es der Tor,

Es ist in dir, du bringst es ewig hervor.

 

Tarotkarte „Der Stern“ als Legebild (hier)

Ich finde, das ist ein guter Vorsatz. Denn gerade in schwierigen Momenten ist es gut, keinen Widerstand aufzubauen, sondern sich dem Fluss anzuvertrauen, dabei den Kopf oben zu behalten, Kraft in sich selbst zu fühlen und, wenns nötig ist, kräftig schwimmend das Ufer zu erreichen. Natürlich hoffe ich, dass der September hält, was er verspricht an diesem ersten seidig-blauen Tag. Wenn aber nicht – dann kann ich auch das durchstehen und kann daran wachsen. Und so will ich mir weiter keine Gedanken machen und ruhig schauen, wie sich alles entwickelt.

(Blauer September. Legebild mit Schnipseln von Ulli Gau)

 

 

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About gkazakou

Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
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5 Responses to Der September und „der Stern“ (auf dem Kopf stehend)

  1. Avatar von Ulli Ulli sagt:

    Spannend, liebe Gerda, ich bin gerade an einem sehr ähnlichen Punkt, schrieb davon heute auch schon einiges nieder, demnächst dann auch für hier aufbereitet.
    Ich wünsche dir einen milden und wohligen Abend, herzlichst, Ulli

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  2. Avatar von Christoph Christoph sagt:

    Sehr interessant! Tarot, dazu die Zeichnung…
    Hast du dich auch schon einmal mit I Ging beschäftigt?

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