Reiner hat ein „Mitmachding“ initiiert. Es geht darum, jeden Tag einen Text zu einem Wort zu posten, das sich auf der Holsteiner Treppe in Wuppertal, verteilt auf 9 Absätze befindet. Es reizt mich, da mitzumachen, allerdings eher nicht mit eigenen Textproduktionen, sondern mit literarischen Assoziationen und Gedichten anderer. Ich bin gespannt, welche Texte, Gedichte, Geschichten jedes dieser Wörter in meiner Erinnerung aufleuchten lässt. All diese Erinnerungen an Gelesenes und im Gedächtnis Aufgehobenes sollen mir einen nachklingenden Teppich weben, den ich über die Stufen lege, um noch einmal hinaufzusteigen.
Diesen dritten Abschnitt der Holsteiner Treppe hinaufzusteigen, fand ich wegen der vielen negativen Konotationen beschwerlich, und ich erlaube mir ein Päuschen, um Atem zu schöpfen und zurückzuschauen, was ich da hinter mir gelassen habe, bevor ich mich wieder dem Aufstieg zuwende.
Zeitlich spannt sich der Bogen erneut von Homer bis zur Gegenwart. Dabei nehme ich oft einen politischen Blickwinkel ein. Ich bin eben das, was Aristoteles ein zoon politikon nannte – ein Lebenwesen/Tier, das ohne Polis/Gemeinschaft nicht existenzfähig wäre und sich dessen in jedem Augenblick bewusst ist. Ich glaube, das ist so, seit ich denken kann.
Dieses Mal habe ich hinter den Namen des Autors ein „Stichwort“ geschrieben, um mich zu erinnern, worum es bei der jeweiligen Stufe ging.
Der dritte Treppenabschnitt im Rückblick
45 Achtung (selbst, „nun trommeln sie wieder“) – 44 Besonnenheit (Ludwig Uhland, „Volksvertreter“) – 43 Lügen (Carlo Collodi, „Pinocchio“) – 42 Warnung (Heinrich Heine, „Zensur“) – 41 wirr (Christian Morgenstern, „Hausschnecke“) – 40 Trauma (selbst „Philoktet“, Valeria Petkova) – 39 betrübt (J.W. von Goethe, Ludwig van Bethoven, „Verliebtheit“) – 38 Beherrschung (Paul Fleming, „Selbstbeherrschung“) – 37 Beleidigt sein (Niccolò Macchiavelli, „Ratschlag an Herrscher“) – 36 Vorwurf (Wilhelm Busch „Unschuldig“) – 35 Neid (Friedrich Schiller, „Polykrates“) – 34 Wut (Homer, „Poseidon“) – 33 Beschimpfen (Arthur Schopenhauer, „Kunst des Beschimpfens“) – 32 Drohung (J. W. von Goethe, „Erlkönig“) – 31 bösartig (George W. Bush jr, „Achse des Bösen“)
Der zweite Treppenabschnitt im Rückblick
30 Aggressiv (F.T.Marinetti) – 29 Auslöser/Anlass (Helmut Heißenbüttel) – 28 friedlich (Bertold Brecht) – 27 beruhigen (Natur) – 26 Freude (Friedrich Schiller) – 25 Verbot (Anatole France) – 24 wappnen (Martin Luther) – 23 zur-Wehr-Setzen (Georg Herwegh) – 22 Zorn (Roman Herzog/Georg Trakl) – 21 Begeisterung (Hegel) – 20 Bruder (Karl König) – 19 Nähe (Christian Morgenstern) – 18 Ehrlichkeit (Ringelnatz) – 17 Lachen (Günter Grass) – 16 Sprechen (Schiller) –
Der erste Treppenabschnitt im Rückblick
15 Vergeben (Ricarda Huch, Leo Tolstoi, Matthäus) – 14 Gewissen (Franz Joseph Degenhardt) – 13 beschützen (Hermann Hesse) – 12 Jauchzen (Johann Sebastian Bach) – 11 Ehre (Johann Wolfgang von Goethe) – 10 Familie (David Cooper) – 9 Erschrecken (Lukas-Evangelium) – 8 Angst (Mascha Kaléko) – 7 Unschuld (Friedrich Nietzsche) – 6 Heimat (Theodor Fontane) – 5 Liebkosen (Leo Tolstoi) – 4 Wärmen (Wolfgang Borchert) – 3 Mutter (Kurt Tucholsky) – 2 Streicheln (John Steinbeck) – 1 Glück (Johann Wolfgang von Goethe).
Eindrucksvolle Sammlung
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Bis ich die allte gelesen habe… aber ich muß noch, denn z.B. Deinen John Steinbeck kann ich unmöglich auslassen!
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Alles ist nicht nötig, aber John Steinbeck: ja. Es ist eine alte Erzählung, doch sehr vieles wird sich wohl genauso immer noch oder in Zukunft wieder mehr abspielen.
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Ich liebe u.a. Tortilla Flat von ihm. Man kann auch Armut und ein Leben am Rand der Gesellschaft mit Humor beschreiben!
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