Für das heutige Drabble hat Heide (Puzzleblume) die Wörter rot – gefärbt – Tisch vorgegeben. Ein Drabble ist ein 100-Wörter-Text, darin sollen die drei vorgegebenen Wörter vorkommen.
Das Legebild gehört zum Zyklus „Nachtzirkus“ und ist keine Illustration des Textes. Ich habe es wegen der rotgoldenen Haare ausgewählt. Die Farbe des Sonnenaufgangs.

Heute im Straßencafe
Ich lasse mich an einem der schlichten Metalltischchen vor dem Straßencafe nieder. Wo ist die Bedienung? Da schält sie sich schon aus dem Schatten des kleinen Raums, von einem stumpfen Honiggelb ist ihr gefärbtes Haar, schulterfrei das schwarze Top, rot lackiert die gepflegten Fingernägel. Als ich bestelle, geht ein Lächeln über ihr Gesicht. Wie Sonnenaufgang. Und verlischt. Mein Espresso ist heiß und bitter. Der Zucker ist verklumpt. Wortlos reicht sie mir einen anderen Streuer. Und wieder geht dieses Lächeln über ihr müdes, vermagertes und nicht mehr junges Gesicht. Ein Sonnenaufgang. Sein Licht wärmt mein Herz und wirkt noch immer fort.
Ein ganz wundervolles Legebild, liebe Gerda!
Und ein feiner Text, der mir die Situation im Straßencafé ganz deutlich macht.
Ein Lächeln wie ein Sonnenaufgang. Was kann einem Besseres passieren?
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ja, nicht wahr? Es verging und kam wieder wie die Sonne, wenn sie hinter Wolken verschwindet und wieder hervorkommt. Es war so unerwartet bei dieser abgearbeiteten Frau und verwandelte sie vollkommen. Ob sie es ahnt?
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Ich glaub nicht, liebe Gerda. Es ist ihr vermutlich gar nicht bewusst. ..
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Ich habe das Lächeln direkt vor Augen, so schön, wie Du es beschreibst. Ich glaube, ich könnte mich gar nicht zurückhalten und würde der Frau bei nächster Gelegenheit mitteilen, welch ein Geschenk ihr Lächeln für mich (und die Welt) ist. Meine Erfahrung damit ist, dass die Leute zwar meist erst irritiert sind, dann aber so richtig ins Strahlen kommen. Und die Erinnerung frischt sich dann bei jeder erneuten Begegnung auf. Wir ‚wissen dann darum‘.
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Danke dir, Cynthia. Ich weiß nicht, ob das gut wäre, mich fasziniert das Unwillkürliche dieses Lächelns, das gar nicht bis an die Schranke des Bewusstseins gelangt.
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Das könnte natürlich passieren. Es gibt doch immer mehrere Wege und wir können nie wissen, welcher der richtige ist. Um sich immer wieder an ihrem möglicherweise unwillkürlichen Lächeln erfreuen zu können, ist zu schweigen vielleicht die beste Lösung.
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Danke. Ja, es ist wie bei Kindern. Wenn man ihnen sagt, wie süß ihr Lächeln ist – was wird passieren? Das Bewusstwerden der Wirkung führt zur Schauspielerei. Ich denke, ich werde ihr mal sagen, wie sehr ich es mag, wenn sie mir den Kaffee bringt.
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Ich habe da ganz andere Erfahrungen mit Kindern gemacht, wenig Manipulation oder Schauspielerei erlebt, sondern reine Freude. Spannend, dass Du so andere Erfahrungen gemacht hast.
Umgekehrt: Wie geht es mir, wenn mir jemand so ein Kompliment macht? Ich urteile ganz schnell, ob jemand ‚was von mir will‘ oder wirklich nur seiner Freude Ausdruck verleiht. Die, die ‚was von mir wollen‘ (lächle mehr/mach, dass es mir gut geht etc.) erzeugen Widerstand in mir, mindestens Irrtiation. Die anderen schlagen zu meinem Herzen eine Brücke und das fühlt sich ganz weit und leicht an.
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Stimmungsvoll.
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Anrührend. Sie muss die kleinen Mängel ihres Arbeitsplatzes ausgleichen.
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Hättest Du einen doppelten Espresso bestellt, hätte sie doppelt gelächelt.
Unlängst am Strand bediente uns immer vorzüglich eine ansprechende Frau mit sehr gepflegten Manieren, obwohl so ein Job ja nicht das Gelbe vom Ei sein kann. Aber vielleicht gilt schlicht: Besser so einen Job als gar keinen! Wenn man sich das vor Augen hält, dann nimmt man den Job gerne an, dachte ich mir.
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ich bestellte einen doppelten. Ich hatte nicht den Eindruck, dass diese Frau aus irgendeiner Form von Berechnung lächelt. Es ist ihr Wesen, das durch die Müdigkeit und Alterungsprozesse durchscheint. Darum hat es mich so angerührt. Es hatte nichts Künstliches oder Professionelles an sich.
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Man stösst ab und an auf Frauen, die permanent zu lächeln scheinen.
Bei wenigen nehme ich das als natürlich wahr (wie zuletzt wieder in Italien), bei anderen als sehr verkrampft.
Diese Anrührung, obwohl so wortlos ein Streuer gereicht wurde. Auch Müdigkeit?!
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Was gabs da zu sagen? Die Sachlage war ja eindeutig.
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Das verstehe ich jetzt nicht
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ich meinte, du beziehst dich auf „wortlos“. Sie sagte nichts, weil es nichts zu sagen gab. Die Sachlage war klar: Der Zucker ließ sich nicht streuen (sie probierte es aus), also reichte sie mir einen anderen, der in Ordnung war. Wortlos.
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Ok danke.
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Dein Legebild „Nachtzirkus“ ist phantastisch in dieser Beleuchtung. Grelle Farben, Licht und Schatten, und im Gesamteindruck schön.
Dein Drabbles ist in dieser Vielschichtigkeit und unterschiedlichen „Beleuchtung“ auch besonders schön.
Wie doch ein Lächeln eine irgendwie bizarre Situation verwandeln kann, wenn es von einem Menschen mit Herz wahrgenommen wird!😊♥️
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danke, Gisela!
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😊
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